Marienthaler Straße
Hamm-Nord, seit 1899, benannt nach dem Stadtteil Marienthal. Ein von der Baronin von Kielmannsegg als Witwensitz erbautes Haus gab dem Ort den Namen.
Siehe auch: An der Marienanlage
Vorher hieß die Straße Obere Querstraße.
In Wikipedia heißt es zur Namensgebung des Stadtteils Marienthal: „1857 erwarb der Grundstücksspekulant Johann Anton Wilhelm von Carstenn das Gut Wandsbeck von Schimmelmanns [Schimmelmannstraße] Nachfahren. Carstenn ließ 1861 das intakte Schloss abreißen und parzellierte das gesamte Gebiet, um die Grundstücke gewinnbringend zu verkaufen. Auf diese Weise wurde der Bereich erschlossen, es entstand eine Villenbebauung, ein Villenvorort Wandsbeks. Ebenfalls 1861 beantragte Carstenn, das gesamte Gebiet Marienthal zu benennen. Er erhielt die Genehmigung und der Ort den gewünschten, neuen amtlichen Namen. Zur Person Wilhelm Carstenn und seine Spekulationsgeschäfte, siehe auch unter Otzenstraße. Er geht auf die Freifrau Maria von Kielmannsegg (1643-1709) zurück, deren Ehemann Friedrich Christian von Kielmannsegg 1684 ganz in der Nähe, am Wandsbeker Mühlenteich, einen Witwensitz für seine Ehefrau errichten ließ.“1)
Der Autor Michael Pommerening gibt eine andere Erklärung für die Namensgebung von Marienthal: „(…) die Namensgebung [sei] zumindest offiziell nach der ältesten Tochter Carstenns [Marie Henriette Martin, geb. Carstenn] erfolgt.“ 2) Denn Carstenns schrieb in seinem Antrag vom 18. März 1861 zur Namensänderung: „da ich selbst statt der Bewohnung des Schlosses schon im vorigen Jahre den Neubau eines bürgerlichen Wohngebäudes für mich vorgezogen habe, glaube ich meinen Wunsch wohl motiviert zu haben, indem ich für den neuen und völlig umgeschaffenen sogenannten Privat Antheil eine neue Benennung untertänigst vorschlage und solche nach dem Namen meines ältesten Kindes wähle.‘“3)
Michael Pommerening äußert aber auch: „(…) Vermutlich liegt aber dennoch eine Anlehnung an den in Wandsbek wohlbekannten Namen des Witwensitzes vor.“ 4)
Über dieses Haus Marienthal, dem Witwensitz von Maria Elisabeth Kielmannsegg schrieb 1773 der Gutsverwalter Richter: „Das Haus Marienthal allda war an Gastwirte vermietet, welche ein heilloses Handwerk daraus machten, jungen unbändigen Leuten Gelegenheiten zu geben, Gesundheit, Vermögen und Ehre bei liederlichen Metzen aufzuopfern.‘“ 5) Nach dem Autor Alfred Pohlmann soll der „heutige Ortsteil Marienthal (...) mit diesem Haus Marienthal nicht das geringste zu tun“ 6) haben.
Wer aber war Maria Elisabeth Kielmannsegg (1643 Gelting – 23.9.1709), die den Witwensitz nie an Anspruch nahm? Die Tochter des königlich dänischen Feldmarschalls Nikolaus von Ahlefeld und dessen Frau Anna Hedwig, geb. von Rantzau wurde 1666 im Alter von 24 Jahren mit dem vier Jahre älteren Friedrich Christian Kielmannsegg (1.2.1639 Schleswig – 25.9.1714 Hamburg) verheiratet – eine standesgemäße Heirat, denn er war Diplomat „in herzoglich Schleswig-Holstein-Gottorfschen und königlich dänischen Diensten, Dompropst in Hamburg und Domherr in Lübeck“ 7), sowie Gutsbesitzer des Gutes Wandsbek. Nachdem er 1679 Gut und Schloss Wandsbek erworben hatte, ließ er um 1680 für seine Frau ein Anwesen (Haus Marienthal) am Ufer des Wandsbeker Mühlenteiches als Witwensitz erbauen. Dieses Haus hat sie nie als Witwensitz genutzt, da sie vor ihrem Ehemann verstarb. Mit ihrem Ehemann hatte Marie Elisabeth Kielmannsegg 11 Kinder, von denen fünf Kinder im Kleinkindalter verstarben. Maria Elisabeths Schwangerschaften und die Geburt ihrer Kinder erfolgten in kurzen Zeitabständen: 1667; 1668; 1671; 1673; 1674; 1675; 1676; 1678; 1679; 1680; 1681. Ob zwischen den Geburten noch Fehlgeburten lagen, so z. B. in der Zeit zwischen der Geburt eines Kindes im Jahre 1668 und der des nächsten Kindes im Jahre 1671, ist nicht bekannt.
Dass Maria Elisabeth, die zwischen 1667 und 1681 fast jedes Jahr ein Kind gebar, im Jahr 1677 nicht schwanger wurde, ist wohl der Tatsache geschuldet, dass ihr Ehemann im Frühjahr 1676 von den Dänen gefangen genommen worden war und erst 1677 wieder freikam. Zum Zeitpunkt seiner Gefangennahme war seine Gattin bereits schwanger und gebar im Dezember 1676 einen Sohn. Ebenfalls während seiner Gefangenschaft verstarb im September 1676 die gerade ein Jahr alte Tochter Marie Elisabeth. Gleich nach seiner Freilassung aus der Haft muss Marie Elisabeth wieder schwanger geworden sein, denn sie gebar ihr nächstes Kind am 30. Januar 1678. Einen Monat zuvor – am 1. Dezember 1677 war ihr Sohn Christian im Alter von einem Jahr gestorben.
Text: Rita Bake