Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Mehringweg

Eißendorf (1950): Dr. Franz Mehring (27.2.1846 Schlawa/Pommern – 28.1.1919 Berlin), sozialistischer Schriftsteller.


Früher hieß die Straße Pestalozzistraße, benannt 1927. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).
Franz Mehring war der Sohn von Henriette Mehring, geborene Schulze und des höheren Steuerbeamten und ehemaligen Offiziers Carl Wilhelm Mehring. Er studierte Klassische Philologie und promovierte 1882 mit einer Dissertation zum Thema „Die deutsche Sozialdemokratie. Ihre Geschichte und ihre Lehre.“
In der Biografischen Datenbank der Bundesstiftung für Aufarbeitung heißt es über Mehrings beruflich-politischen Lebensweg u. a.: „Seit 1870 Journalist, vertrat er radikal-demokratische Positionen. Mehring entwickelte sich zum wichtigsten Historiker der deutschen Arbeiterbewegung vor dem Weltkrieg. Seine 1875 erschienene Schrift gegen den preußischen Hofhistoriker Treitschke fand bei den Linken großen Anklang. Zunächst rückte er politisch allerdings nach rechts, weil er Hoffnung in die Bismarckschen [siehe: Bismarckstraße] Sozialreformen setzte. Nach 1875 verfaßte er mehrere antisozialistische Arbeiten. Vor allem sein Buch ‚Die Deutsche Socialdemokratie, ihre Geschichte und ihre Lehre‘ (1877) wurde von der SPD heftig kritisiert. Denn sowohl Ferdinand Lassalle [siehe: Lassallestraße] als vor allem Karl Marx, dem er einen ‚keifenden, kleinlichen, versteckten, widerwärtigen Zug‘ vorwarf, wurden darin geradezu bösartig angegriffen und auch August Bebel [siehe: Bebelallee] und Wilhelm Liebknecht hat er (‚heuchlerische Maske seiner communistischen Tendenzen‘) nicht verschont.“ 1)

Während seiner journalistischen Tätigkeit „für die demokratisch orientierte Frankfurter Zeitung des jüdischen Verlegers Leopold Sonnemann, der der Sozialdemokratie nahestand [wandte sich Mehring im Mai 1876, R. B.] in einem Artikel in der Staatsbürger-Zeitung gegen seinen Verleger. Er warf ihm vor, Bestechungsgelder angenommen und während der Gründerkrise an kriminellen Börsenspekulationen teilgenommen zu haben. (…) Mehrings Beschuldigungen gegen Sonnemann wurden von der Führung der Sozialdemokratie unter August Bebel und Wilhelm Liebknecht öffentlich abgelehnt. Diese Auseinandersetzung führte zu einem 15 Jahre dauernden Riss zwischen Mehring und der Sozialdemokratie,“ 2) heißt es in Wikipedia.

In den 1880er-Jahren näherte sich Mehring wieder der Sozialdemokratie an, nachdem er zum Gegner der Sozialistengesetze geworden war. Er arbeitete damals für die Bremer Weser-Zeitung (1878-1884), für die Demokratischen Blätter (1883/84) und für die liberale Volks-Zeitung (1884-1890).

„Er verwarf nun seine These von 1877 (‚Wie der innerste Kern der Socialdemokratie Haß gegen das Vaterland ist, so ist unsere mächtigste Waffe gegen sie die Liebe zum Vaterland‘) und wurde Internationalist“ 3)

In diese Zeit fällt auch Franz Mehrings Heirat (1884) mit Eva Schirmeister (1858-1928), die in den einschlägigen Biografien nicht erwähnt wird. 4)

Ein Jahr bevor Mehring in die SPD eintrat, wurde er: „im Sommer 1890 (…) in eine Auseinandersetzung mit Paul Lindau verwickelt. Dieser hatte versucht, seine ehemalige Freundin, die Schauspielerin Elsa von Schabelsky, an der Berufsausübung an allen Theatern Berlins zu hindern, was Mehrings journalistisches Engagement für die Frau provozierte. Dies hatte auch den Bruch mit den Besitzern der Volks-Zeitung, Rudolf Mosse und Emil Cohn, zur Folge. Noch im gleichen Jahr wurde ihm die Leitung der Zeitung entzogen. Laut Robert S. Wistrich waren die Gründe dafür der politische Kampf Mehrings wie beispielsweise sein Eintreten gegen die Sozialistengesetze, der durch häufige Verbote zu einer Existenzgefährdung der Zeitung geführt hatte.“ 5)

Nachdem Mehring 1891 der SPD beigetreten war, wobei er sich dem linken Parteiflügel anschloss, war er für verschiedene sozialdemokratische Zeitungen tätig, so für das theoretische Organ der SPD die „Neue Zeit“ (1891-1913); von 1902 bis 1907 arbeitete er als Chefredakteur der sozialdemokratischen Leipziger Volkszeitung. Auch schrieb er für den „Vorwärts“.

„Neben der publizistischen Tätigkeit lehrte Mehring von 1906 bis 1911 an der zentralen Parteischule der SPD. Daneben war er von 1892 bis 1895 Leiter des Vereins der Freien Volksbühne in Berlin. 1917/1918 war er Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses. Innerhalb der SPD blieb der bildungsbürgerlich geprägte Mehring ein Außenseiter. (…).“ 6)

Während des Ersten Weltkriegs gehörte Mehring weiterhin zu den Internationalisten und war gegen die Politik des Burgfriedens und auch gegen die Zustimmung weiter Teile der SPD zu den Kriegskrediten eingestellt. „Gemeinsam mit Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Clara Zetkin sah er darin eine Unterwerfung unter die herrschende Klasse und den Tod der Internationale. Dieser Streit spaltete die Partei. Mehring war 1915 Mitherausgeber der Zeitschrift Die Internationale und gründete 1916 mit anderen führenden Linken in der SPD die Spartakusgruppe. 1917 trat er der USPD bei, die für eine sofortige Beendigung des Krieges eintrat. Mehring war Ende 1918 entscheidend an der Vorbereitung des Gründungsparteitages der KPD beteiligt, welche die Arbeit des Spartakusbundes fortführte.“ 7), ist in Wikipedia nachzulesen.

Über Mehrings letzte Lebensjahre heißt es in der Biografie der Stiftung Aufarbeitung: „Mehrings letztes bedeutendes Werk, die Biographie von Karl Marx, erschien 1918. Im Vorwort vom März 1918 dankte er Rosa Luxemburg und widmete das Buch ‚Clara Zetkin-Zündel, der Erbin marxistischen Geistes‘ Die Freundschaft mit diesen beiden Frauen bewertete er als einen ‚unschätzbaren Trost‘ in ‚einer Zeit, in deren Stürmen so viele mannhafte und unentwegte Vorkämpfer des Sozialismus davongewirbelt sind wie dürre Blätter im Herbstwind‘. Für die äußerste Linke war Mehring nach der Revolution weiterhin aktiv, konnte aber wegen Krankheit am Gründungsparteitag der KPD nicht teilnehmen.“ 8)

Mehring und Antisemitismus
Der Historiker Felix Sassmannshausen schreibt in seinem für das Land Berlin verfassten Dossier über Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen in Berlin: „Mehring stand in den 1860er und 1870er Jahren der demokratischen Bewegung nahe. Seine antisemitische Einstellung brachte ihn in die Nähe der Antisemiten Adolf Stoecker und Heinrich von Treitschke. (…). Seine antisemitischen Positionen scheint er nie revidiert zu haben.“9) Sassmannshausen gibt als Handlungsempfehlung für den Umgang mit diesem Straßennamen: „weitere Recherche, Kontextualisierung.“ 10)

Der Wikipedia-Eintrag zu Franz Mehring geht detailliert auf das Thema Mehring und seine Einstellung zum Judentum ein. Siehe deshalb dort unter: Seite „Franz Mehring“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. Februar 2025, 07:40 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Franz_Mehring&oldid=253654933 (Abgerufen: 1. März 2025, 13:30 UTC)