Agnes-Wolffson-Straße
Bergedorf (1985): Agnes Wolffson (30.11.1849 Hamburg - 18.3.1936 Hamburg). Mäzenin, Wohltäterin, Stifterin. Gründerin von Haushaltungsschulen. Motivgruppe: Verdiente Frauen.
Geboren wurde Agnes Wolffson als Tochter von Johanna Wolffson, geb. Hirsch und deren Ehemann Dr. Isaak Wolffson, einem Rechtsanwalt und Reichstagsabgeordneten (siehe: Wolffsonbrücke, Wolffsonstieg und Wolffsonweg).
Agnes Wolffson hatte noch vier weitere Geschwister (eins starb im Kleinkindalter). Als ihr Vater Witwer wurde, führte sie ihm bis zu seinem Tode 1895 den Haushalt.
Durch ihre Mutter und die im Wolffsonschen Hause als Hausdame tätige Minna Leppoc bekam Agnes Wolffson Zugang zum Frauenverein zur Unterstützung der Armenpflege, in dem sich Frauen der bürgerlichen Revolution von 1848 zusammengeschlossen hatten, um auf freisinniger und humanitärer Basis den Armen zu helfen und ihnen Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten.
Agnes Wolffson lernte von ihren Eltern selbstständiges Handeln, das Entwickeln eigener Ideen und deren Umsetzung, aber auch das Dienen und Sorgen für andere. Bereits mit siebzehn Jahren unterrichtete sie unentgeltlich deutschen Aufsatz und Gedichte in der Schule des Paulsenstifts. Später pflegte sie zu Hause ihre beiden Schwestern und ihre Mutter bis zu deren Tod.
Da Agnes Wolffson unverheiratet blieb, wurde sie auch von ihrem Bruder, einem Rechtsanwalt, als verfügbare und sorgende Tante seiner vier Kinder beansprucht. Erst nach dem Tod des Vaters, nun bereits 46-jährig, begann sie ihr eigenes Leben zu leben, das durch ihren bisherigen Lebensweg bereits stark vorgezeichnet war. So adoptierte sie 1896 ein neunjähriges Mädchen, dessen Eltern bei der Cholera gestorben waren.
Besonders wichtig erschien ihr der Haushaltungsunterricht für Volksschülerinnen. Hier sollten junge Frauen sparsame Wirtschaftsführung lernen, was für Arbeiterhaushalte sehr notwendig war. Da solch ein Unterricht nicht an den staatlichen Volksschulen angeboten wurde, gründete Agnes Wolffson, die durch ihr väterliches Erbe über ein beträchtliches Vermögen verfügte, eine eigene Haushaltungsschule – sprich Schulküche. Ihre Schule startete am 15. September 1896 mit sechs Kursen mit je 20 Schülerinnen. Ostern 1897 kam an der Kieler Straße 7 eine zweite Schule hinzu und um 1900 eine dritte an der Humboldtstraße. Schulgeld wurde nicht genommen. Die Schülerinnen lernten Kochen und Backen, Waschen und Plätten, Einmachen und Reinmachen, Kinder- und Krankenpflege sowie Wirtschaften mit Hilfe eines zu führenden Wirtschaftsbuches. 1899/1900 gab es achtzehn Kurse mit 465 Schülerinnen.
Als 1906 an zwei staatlichen Mädchenvolksschulen Haushaltungsunterricht versuchsweise obligatorisch eingeführt wurde, schenkte Agnes Wolffson dem Hamburger Staat ihre drei Schulküchen und sah damit ihre Arbeit auf diesem Gebiet als beendet an.
Nun wandte sie sich den Töchtern der Oberschicht zu und errichtete 1902 in der Tesdorpfstraße eine Lehranstalt für alle Zweige der Haushaltungskunde. Agnes Wolffson stellte die Lehrerinnen ein, entwickelte den Lehrplan, der sich von dem der Volksschülerinnen wesentlich unterschied. Hier ging es z. B. um die Kunst der feinen Küche. Auch mussten die Eltern für ihre Töchter ein hohes Schulgeld zahlen.
Doch obwohl die Schule gut angenommen wurde und Agnes Wolffson für den Fortbestand der Schule einen beträchtlichen finanziellen Zuschuss beigesteuert hatte, schrieb die Schule wegen des zu geringen Startkapitals und der allgemeinen Teuerung rote Zahlen. Agnes Wolffson musste schließlich den Hamburger Staat um einen Zuschuss bitten – solches tat sie nicht gern.
1901 gehörte sie dem Vorstand des Vereins für Ferien-WohlfahrtsBestrebungen an. Dieser gründete die Ferienkolonie Waltershof, in der sich Volksschülerinnen und -schüler, die in schlechten Wohnverhältnissen lebten, zwei Wochen lang tagsüber erholen konnten. 1911 wurde die Kolonie wegen der anstehenden Hafenerweiterung nach Moorwerder verlegt. Agnes Wolffson beaufsichtigte die Küche der Ferienkolonie und stellte den Küchenzettel zusammen.
1910 gründete sie in der Norderstraße ein Arbeiterinnenheim: Das Martha-Helenen-Heim, das nach Agnes Wolffsons verstorbenen beiden Schwestern benannt war. Das Heim bot 60 erwerbstätigen Frauen Unterkunft in Einzelzimmern sowie die Teilnahme an Lehrkursen, die der Förderung der Allgemeinbildung dienten. Am 3. August 1914 richtete Agnes Wolfsson im Martha-Helenen-Heim die erste Hamburger Kriegsküche ein.
Durch die Inflation verlor Agnes Wolffson einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens, musste das Heim schließen und ihr Haus in der Badestraße verkaufen. Fortan lebte sie in engen finanziellen Verhältnissen. 1925 entschloss sich der Senat, ihr eine Ehrenrente auszuzahlen.
Agnes Wolffson war weiterhin in vielen Gremien und Vorständen tätig, so im Kuratorium des Vereins Soziale Frauenschule, des Sozialpädagogischen Instituts und des Paulsen Stifts, war ehrenamtliches Mitglied im Armenkollegium der Allgemeinen Armenanstalt und im Vorstand der Hamburger Rentnerhilfe tätig. Noch im Alter von 80 Jahren führte sie als Bezirksausschussmitglied für den Stadtteil St. Georg die Rentnerfürsorge fort. So verteilte sie einmal in der Woche die Essensmarken.
Geehrt wurde sie 1922 wegen ihrer Verdienste um die Haushaltungsschule mit der Anna-Wohlwill-Gedenkmünze (siehe: Wohlwillstraße). Zu ihrem 80. Lebensjahr benannte der Senat die Haushaltungsschule in der Humboldtstraße 99 in Agnes-Wolffson-Schule um. Da Agnes Wolffson Jüdin war, wurde ihr die Ehrenrente nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten gekürzt. 1)