Von-Heß-Weg
Hamm (1928): Jonas Ludwig von Heß (8.7.1756 Stralsund – 20-2-1823 Hamburg), Patriot, Autor eines topographischen Werkes über Hamburg, Arzt.
Siehe auch: Hudtwalckerstraße
Siehe auch: Reimarusstraße
Jonas Ludwig von Hess war der Sohn von Beata Louise von Hess, geborene von Taube und des königlich-dänischen Justizrats und Regierungsrats. von Ludwig von Hess.
1780 kam Jonas Ludwig von Hess „erstmals nach Hamburg und fand schnell Anschluss an aufgeklärte Kreise und verkehrte in den Familien Sieveking und Reimarus [siehe: Reimarusstraße].“ 1)
Da Jonas Ludwig von Hess aus dem Familienbesitz finanzielle Bezüge bekam, konnte er sich in Hamburg ganz seinen wissenschaftlichen Studien und Interessen widmen.
Joist Grolle schreibt über Jonas Ludwig von Hess: „Der temperamentvolle Neuling scheute nicht publizistische Kärrnerarbeit. 1786/87 gab er das ‚Journal aller Journale‘ heraus, eine Zeitschrift, in der 50 deutsche und ausländische Periodika laufend ausgewertet und dem Leser durch Zitat oder Resümee auszugsweise zugänglich gemacht wurden. Anschließend veröffentlichte er eine dreibändige Hamburg-Topografie, in der sorgfältig recherchierte Informationen zu baulichen, sozialen und wirtschaftlichen Situation in den einzelnen Stadtquartieren zusammengetragen waren.“ 2) 1810 erhielt dieses Werk eine erweiterte Neuauflage, in der besonders die Zu- und Missstände im Werk- und Zuchthaus sowie im Krankenhof beschrieben wurden.
Im Alter von 33 Jahren reiste Hess in 15 freie deutsche Reichsstädte. Seine Eindrücke und Beschreibungen der dortigen sozialen, politischen und ökonomischen Zustände mündeten in einem sieben bändigen Werk mit dem Titel „Durchflüge durch Deutschland, die Niederlande und Frankreich“ (1789-1797).“ 3)
Jonas Ludwig von Hess war ein Befürworter der französischen Revolution. Doch bald distanzierte er sich davon, nachdem er die Gewalttätigkeiten der Revolution wahrgenommen hatte.
Im Jahr 1800, Hess war damals 44 Jahre alt, ließ er sich an der Königsberger Universität immatrikulieren und schrieb in nur wenigen Wochen eine medizinische Doktorarbeit.
1801 kam er nach Hamburg zurück und erwarb das Bürgerrecht. Hess, nun zwar promoviert zum Dr. med., übte den Arztberuf nicht aus – nur Armen gab er kostenlose medizinische Hilfe. Er blieb weiterhin publizistisch tätig.
1805 heiratete der damals 49-Jährige Thusnelda Hudtwalcker (8.7.1781 Hamburg – 5.2.1866 Hamburg), Tochter des Senators Johann Michael Hudtwalcker (siehe: Hudtwalckerstraße). Dazu Joist Grolle: „Die als Schönheit geschilderte 21-jährige Frau hatte die Verbindung mit dem alternden, eher als hässlich geltenden Heß gegen den Rat ihrer Eltern und Freunde durchgesetzt.“ 4) Zuvor jedoch hatte sie lange Zeit einer unerwiderten Liebe nachgetrauert. Im Jahre 1800 hatte die damals 19-Jährige den späteren berühmten Hamburger Juristen Ferdinand Beneke kennen gelernt. Es entwickelte sich eine Freundschaft, aus der bei Thusnelda Liebe wurde. Sie glaubte, dass ihre Liebe erwidert würde, Ferdinand Beneke war jedoch in eine andere – wenn auch unglücklich – verliebt.
Als 1802 ein anderer Mann in Liebe zu Thusnelda entbrannte, nutzte sie diese Gelegenheit, um Ferdinand Beneke zaghafte Liebessignale zu geben. In der Hoffnung, er würde angesichts eines ernsthaften Heiratskandidaten und damit potentiellen Konkurrenten die Initiative ergreifen und ihr endlich seine Liebe erklären, zog sie ihn ins Vertrauen und bat um seinen freundschaftlichen Rat. Gleichzeitig gab sie ihm, wie Ferdinand Beneke in seinen Tagebuchaufzeichnungen schreibt, einen „ungewöhnlichen Händedruck“, sodass er bemerken musste, „daß sie einen andern (…) vorzieht – u. wenn die Eitelkeit mich nicht verblendet, so bin ich dieser Andre gar!“ 5)
Thusneldas Rechnung ging jedoch nicht auf, Ferdinand Beneke riet der Freundin, den anderen zu heiraten. In ihrer Enttäuschung erklärte Thusnelda ihren Eltern, den potentiellen Heiratskandidaten nicht heiraten zu wollen.
In den folgenden Jahren litt Thusnelda still vor sich hin und liebte Ferdinand Beneke, der sich nach diesem Vorfall von Thusnelda zurückgezogen hatte, im innersten ihres Herzens weiter. Andere Männer sah sie in dieser Zeit nicht an – bis sie plötzlich 1805 den „50jährigen, kränkl. zus. geschrumpften, häßlich geformten H.“ 6) v. Heß heiratete. Beneke äußerte sich dazu: „Aber welch innerer Zustand kann ein junges Mädchen a. d. Welt in die Arme des H. v. Heß, d. h. ins Kloster treiben? Weibliches romantisches Donquixotterie, Schwärmerey? Aber was kann den rechtschaffenen Heß entschuldigen? Sie muß um ihn angehalten haben. Anders ist es nicht möglich.“ 7)
Wie tief muss Thusnelda Hudtwalckers Verunsicherung gewesen sein, dass sie drei Jahre, nachdem ihr zaghafter Versuch gescheitert war, einem Mann ihre Liebe zu zeigen, nun einen ungeliebten Mann heiratete? Allerdings hatte sie bei Ludwig von Heß wenigstens die Gewähr, dass er sie nicht ablehnen würde, was ihrem angeschlagenen Selbstbewusstsein gut tat.
Heß betätigte sich als „Armenpfleger der 1788 gegründeten Allgemeinen Armenanstalt (…)1806 trat er aus Protest gegen die Sparpolitik und das Scheitern seines Steuerplans zugunsten der Armen von seinen Ämtern zurück.“ 8)
Heß war es ein besonderes Anliegen, dass den Armen nicht nur durch freiwillige Spenden geholfen werde, sondern dass „die Vermögenden durch eine Steuer zur Finanzierung“ 9) herangezogen werden -. Eine soziale Forderung, die allerdings kein Gehör fand.
Jonas Ludwig von Hess war durch und durch ein hanseatischer Patriot. „Als sich im Februar 1813 abzeichnete“ 10) – so Joist Grolle, „dass die französischen Besatzungstruppen die Stadt räumen würden, gehörte Heß gemeinsam mit Friedrich Perthes [siehe: Perthesweg], David Christoph Mettlerkamp [siehe: Mettlerkampsweg] und Ferdinand Beneke zu denen, die vorsorglich eine Bürgerwehr zur Aufrechterhaltung der Ordnung organisierten“ 11)
Doch da Hess sich dafür aussprach, „nicht nur das Leben der Mitbürger, sondern auch das der Franzosen gegen Übergriffe von plündernden Gewalttätern“ 12) schützen zu wollen, was auf großen Widerspruch von Seiten der Mitstreiter stieß, wurde die Bürgerwehr aufgelöst. Als es dann aber erneut zu einem Angriff der Franzosen auf die Stadt Hamburg kam, kam es doch zur Bildung der Bürgerwehr und Hess wurde ihr Kommandant.
Die Franzosen waren allerdings in der Übermacht, sodass Hess aus der Stadt fliehen musste. Seine Flucht endete in London, wo er Gelder für die kämpfende Hanseatische Legion sammelte und 1814 seine Schrift „Über den Werth und die Wichtigkeit der Freiheit der Hanse-Städte“ veröffentlichte. Außerdem verfasste er eine Schrift („Agonien der Republik im Frühjahr 1813“), „in dem Heß mit Nachdruck die Auffassung vertrat, dass 1813 die Chance einer strukturellen Reform der Stadtrepublik verpasst worden sei. Man habe es unterlassen, das Gemeinwesen von ‚Eigennutz und Vorzugssucht‘ zu reinigen und die Verfassung auf ihren republikanischen Anspruch zurückzuführen.“13)
Zwischen 1815 und 1819 lebte Hess in Paris, „um dort Ansprüche von Kaufleuten gegenüber dem französischen Fiskus zu vertreten“. 14)
Zurück in Hamburg hielt er Vorlesungen zu Themen wie Handelsgeschichte, Schifffahrt und anderen wirtschaftlichen Fragen.
Testamentarisch verfügte Hess eine Stiftung, die Bleibe für augenkranke und blinde Mädchen geben sollte. Hess‘ Witwe Thusnelda von Hess rief die Stiftung ins Leben und betreute diese bis zu ihrem Tod im Jahre 1866.
In ihrem Todesjahr 1866 bestimmte Thusnelda von Hess, dass das Waisenhaus ein Legat in Höhe von 16.000 Mark erhalten sollte und zwar mit der Bestimmung, „daß das Kapital zu ewigen Tagen belegt bleiben und die Zinsen jährlich am 8.4., als dem Geburtstag ihres Mannes, zur Hälfte an einen im Waisenhaus erzogenen Knaben und zur Hälfte an ein im Waisenhaus erzogenes Mädchen ... zur Aussteuer, Gesellenwerden oder sonst zu ihrer ersten Einrichtung, wenn sie ein Geschäft anfangen, ausgezahlt werden sollten.”
1872, im Zuge der Gestaltung des Hamburgischen Volksschulwesens, wurde die Knabenschule des Waisenhauses in sieben und die Mädchenschule in sechs Stufen eingeteilt.


Jonas Ludwig von Hess wurde nach seinem Tode auf einem der Dammtorfriedhöfe bestattet. Sein Grabstein steht heute im Heckengartenmuseum des Ohlsdorfer Friedhofes Thusnelda von Hess ist auf dem Althamburgischen Gedächtnisfriedhof des Friedhofes Ohlsdorf auf der Grabplatte „Freiheitskämpfer 1813, 1814, 1815“ als Ehefrau von Dr. Jonas Ludwig von Hess verewigt. Die Grabplatte „Freiheitskämpfer“ auf dem Althamburgischen Gedächtnisfriedhof wurde zu Ehren von Jonas Ludwig von Hess und anderen errichtet.