Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Hudtwalckerstraße

Winterhude (1899): Dr. Martin Hieronymus Hudtwalcker (15.9.1787-16.8.1865), Senator; Johann Michael Hudtwalcker (21.9.1747-14.12.1818), Mitglied des Rates der Stadt. Verdient gemacht um die Polizeiverwaltung und Gesetzgebung in Hamburg. Freimaurer.


Siehe auch: Kösterstraße
Siehe auch: Rebeccaweg
Siehe auch: Hudtwalckertwiete
Siehe auch: Kösterbergstraße

Vor 1899 hieß die Straße Eppendorfer Straße.

1329 Senator Dr Hudtwalcker
Martin Hieronymus Hudtwalcker; Quelle: via Wikimedia Commons

Martin Hieronymus Hudtwalcker war der Neffe von Johann Michael Hudtwalcker. Seine Eltern waren der Kaufmann Nicolaus Hudtwalcker (1757–1832) und Charlotte Amalie Hudtwalcker, geborene Ohmann (1767–1842).

Martin Hieronymus Hudtwalcker studierte Rechtswissenschaften und machte sich als Anwalt in Hamburg selbstständig. Ein Jahr, nachdem er als Advokat in Hamburg zugelassen worden war, heiratete er 1817 Charlotte Amalie von Mengershausen (27.12.1796 Göttingen – 15.9.1870 Hamburg) , die er in Göttingen kennengelernt hatte, von wo sie stammte. Das Paar bekam 12 Kinder, von denen mindestens drei im frühen Kindesalter verstarben. (Geboren: 1819, 1820, 1822, 1824, 1825, 1828, 1830, 1832, 1834, 1836, 1838, 1839). Damit gebar Charlotte Hudtwalcker ihr erstes Kind im Alter von 23 Jahren und ihr letztes Kind im Alter von 43 Jahren. In all den Jahren, in denen in kurzen Abständen die Kinder des Paares geboren wurden, machte Martin Hieronymus Hudtwalcker politische Karriere. „Gegen seinen Willen wurde er im März 1820 zum Hamburger Senator gewählt; nach Hamburger Recht war eine Ablehnung der Wahl nicht möglich, wollte man Bürger der Stadt bleiben. Hudtwalcker blieb vierzig Jahre lang Senator in Hamburg bis zum Eintritt seines Ruhestands im Jahr 1860.

Hudtwalcker war 1831 kommissarisch und von 1833 bis 1839 Hamburger Polizeiherr. Einige Jahre stand er Hamburgs oberster Schulbehörde vor. Auf dem Gebiet der Legislative war Hudtwalcker Mitglied einer Kommission zur Vorbereitung der Hamburgischen Verfassung von 1860, außerdem arbeitete er an einer Reform des Strafrechts und der Strafprozessordnung für Hamburg mit. An der 1831 in Kraft getretenen Vormundschaftsordnung hatte Hudtwalcker wesentlichen Anteil. Auch auf dem Gebiet der Rechtsprechung war Hudtwalcker tätig; er gehörte dem Hamburger Obergericht an, zeitweise als Präsident.

Hudtwalcker zeigte großes Interesse an Fragen des Strafvollzugs und der Erziehung straffälliger Jugendlicher. Dabei stellte er einerseits die Generalprävention vor die Besserung der Delinquenten in den Vordergrund, vertrat aber andererseits die Position, dass Gefängnisse wie auch andere schädliche Milieus einen schädlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung von Jugendlichen haben könnten. Die Einrichtung einer Walk- und Tretmühle für Bettler und Vagabunden im Jahr 1824 befürwortete er. Die von ihm angeregte und 1833 eingerichtete Strafschule sollte Jugendliche, die sich geringerer Vergehen schuldig gemacht hatten, vor dem schädlichen Einfluss des allgemeinen Gefängnisses schützen. (…)

Hudtwalcker war Anhänger der Erweckungsbewegung und einer ihrer einflussreichen Vertreter in Hamburg.“ 1) So förderte er dann auch das Rauhe Haus und Wichern (Wichernsweg).

1329 Johann Hudtwalcker
Johann Michael Hudtwalcker; Quelle: via Wikimedia Commons

Johann Michael Hudtwalcker war der Sohn von Hinrich Hudtwalcker, Kaufmann für Fischtran, und Sarah Hudtwalcker, geb. Ehlers. „Nach seiner Konfirmation trat Johann Michael in das Kontor seines Vaters ein (…). 1774 wurde er Compagnon des jetzt ‚Jacob Heinr. Hudtwalcker & Sohn‘ firmierenden väterlichen Handelsgeschäftes. Am 21. Juni 1775 heiratete er die Hamburger Künstlerin Elisabeth Moller vom Baum, (…) mit der er neun Kinder hatte. Nach dem Tode des Vaters im Jahre 1781 führte er das Handelshaus weiter. Am 18. Januar 1788 wurde Hudtwalcker in den Hamburger Rat gewählt und war unter anderem Landherr für Hamm und Horn. Am 30. Mai 1814 legte er sein Amt als Ratsherr aus Alters- und Krankheitsgründen nieder (…).

Als Mitglied des Freundeskreises, der sich um Georg Heinrich Sieveking gebildet hatte, kam er mit den Gedanken der Aufklärung in Kontakt. Hudtwalckers stark sozial geprägte Geisteshaltung zielte auf eine Erziehung zur Selbsthilfe bei gleichzeitiger eigener vorbildlicher Lebensführung ab. Als Mitglied der patriotischen Gesellschaft engagierte er sich für die Förderung der Gemeinnützigkeit, die er als praktische Umsetzung seiner ethisch-moralischen Ziele ansah. Gemeinsam mit seinen Jugendfreunden Sieveking und Voght [Caspar-Voght-Straße] gehörte er zu jenen Teilen des hamburgischen Großbürgertums, die die Gedanken der Aufklärung in Hamburg und Norddeutschland verbreiteten.“ 2)

1329 Elisabeth Hudtwalcker
Elisabeth Hudtwalcker; Quelle: Jean-Laurent Mosnier, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Johann Michael Hudtwalckers Ehefrau Elisabeth Hudtwalcker, geb. Moller (6.7.1752 Hamburg – 22.11.1804 Hamburg) war das jüngste der drei Kinder des Hamburger Bürgers Vincent Moller und seiner Ehefrau Hedwig, geb. Thuun. Als Elisabeth zwei Jahre alt war, starb ihr Vater. Elisabeth, die in ihrer Kindheit und Jugend Musik- und Malunterricht erhalten hatte, durfte sich, solange sie noch nicht Mutter war, in ihren Mußestunden weiter der Malerei widmen. Sie kopierte Gemälde in Kreide und lernte, nach der Natur zu zeichnen. Ihre liebste Tätigkeit war das Porträtieren. Als Elisabeth 1776, ein Jahr nach der Hochzeit mit Johann Michael Hudtwalcker, schwanger wurde, „(...) verging ihr der Muth, oder vielmehr sie erhielt Muth zu einem höheren Berufe. Sie fühlte sich davon wie begeistert. Mutter war sie mehr als Künstlerin“, 3) schrieb ihr Gatte Johann Michael Hudtwalcker. Sie selbst bestätigte das. Für sie hatte „die Erfüllung der Mutterpflicht einen höheren Lohn als der Glanz, mit dem sich glänzende Taten begnügen müssen“, so Johann Michael weiter. Die junge Frau Hudtwalcker hatte in der Katharinenstraße 83 einen großen Haushalt zu führen. Neun Kinder kamen auf die Welt, wovon einige jedoch im Kindesalter starben. Sehr sparsam und ordnungsliebend ging sie an ihre Aufgaben heran. Aber bald hatte sie den Haushalt so weit organisiert, dass sie nicht mehr alles allein machen musste. Für vieles hatte sie Personal. Nun regte sich der alte Wunsch zu malen. Elisabeth nutzte jede Gelegenheit. Doch es gab immer noch so viel zu tun, dass sie im Laufe des Tages oft nur zwischendurch zum Malen kam. Das Malen mit Ölfarben konnte sie deshalb vergessen. Und so lernte sie mit Wasserfarben zu malen. Doch meist erlaubten ihre häuslichen Pflichten es ihr nur zu zeichnen. Vorwiegend porträtierte sie ihre Freunde, besonders Frauen, da sie weibliche Gesichter zu zeichnen schwieriger fand. 1788, kurz nachdem ihr Mann zum Senator ernannt worden war, erkrankte Elisabeth Hudtwalcker am Inflammationsfieber. Als Genesungsurlaub unternahm das Ehepaar mit ihren ältesten Kindern eine Reise durch Holstein. Eine weitere Reise unternahm das Paar, um sich über den schmerzlichen Verlust des letzten Kindes hinwegzutrösten. Die Reise führte durch viele Teile Deutschlands, wo die Hudtwalckers Freunde besuchten und Künstler kennenlernten, von denen Elisabeth Aufmunterung für ihre künstlerische Arbeit erhielt. Auf der Reise erkrankte Elisabeth zum dritten Mal am Inflammationsfieber und starb nach siebentägiger Krankheit. Ihr Porträt, gemalt von Jean Laurent Mosnier, hängt heute in der Hamburger Kunsthalle.

1329 Margarethe Hudtwalcker Milow
Elisabeth Milow, geb. Hudtwalcker; Quelle: Staatsarchiv Hamburg

Nicht mitbenannt ist die Straße nach Johann Michael Hudtwalckers Schwester Margarethe Elisabeth Milow, geborene Hudtwalcker (2.10.1748 Hamburg – 20.10.1794 Hamburg), die Großmutter von Heinrich Köster. (siehe auch: Kösterstraße). Margarethe Elisabeth Milow ist eine der wenigen Nichtadligen des 18. Jahrhunderts, die ihr Leben erzählen. Lange schlummerte das handgeschriebene Manuskript im Hamburger Staatsarchiv, bis die Herausgeberinnen dieser Erinnerungen es 1986 entdeckten. 4) Das Buch wurde über die Grenzen Hamburgs hinaus bekannt. Examens- und Diplomarbeiten vertieften einzelne Themen, die Margarethe Milow beschreibt. In einem typischen Kaufmannshaus des 18. Jahrhunderts in der Katharinenstraße 83 verlebte Margarethe E. Hudtwalcker mit ihren neun Geschwistern ihre Kinder- und Jugendzeit bei ihren Eltern, dem Tran- und Heringshändler Jakob Hinrich Hudtwalcker und seiner Frau Sara Elisabeth, geb. Ehlers. Besonders eindrucksvoll ist Margarethe Elisabeth Hudtwalckers Schilderung der Liebe zwischen ihr und Octav, dem Kontorbediensteten ihres Vaters. Nur schüchtern und heimlich konnten sie einander ihre Gefühle erklären und leben. Denn bei Flirts und Liebesversuchen riskierten insbesondere bürgerliche Frauen und Mädchen viel. Auch für Margarethe stand ihre „Tugend“ und damit ihre gesellschaftliche Stellung auf dem Spiel. Jeder Verdacht vorehelicher Sexualität hätte Schande auf sie und ihre Familie geladen und ihre standesgemäße Versorgung durch eine gute Eheschließung unmöglich gemacht. Und Octav war wegen seines Vaters, einem Bankrotteur, nicht standesgemäß. Eine sehr innige Beziehung hatte Margarethe zu ihrem Bruder, dem späteren Kaufmann und Senator Johann Michael Hudtwalcker (1747-1818). Er und Octav lasen z. B. Friedrich Gottlieb Klopstocks (siehe: Klopstockstraße) Versepos „Der Messias“ über das Leben Jesu. Hier werden Freundschaft und Liebe engelhaft rein zelebriert. Diesem Vorbild wollten Octav und Margarethe folgen. Die jungen Leute loteten beständig und nicht ohne Kummer das Verhältnis zwischen Religion, Liebe und Sinnlichkeit aus, in einer Gesellschaft mit rigidem Moralkodex. Der Glauben spielte für Margarethe eine wichtige Rolle. Sie suchte Zuflucht bei einem göttlichen Vater, der aber auch zugleich Zuchtmeister war. Mit seiner Hilfe, so schrieb sie: „ward ich strenge tugendhafft“. Doch ihre Liebe zu Octav konnte sie nicht unterdrücken. Dies führte zu einer echten Tragödie. Verraten durch eine im Hause arbeitende Näherin, belauschte der Vater ein Rendezvous zwischen Margarethe und Octav: „Wie ich zurückgehe, sehe ich meinen Vater, seine ernste Stimme – oh, keine Stimme ist meinen Ohren furchtbarer gewesen und was er sagte, das waren Schwerter durch das Innerste meiner Seele, wäre ich in die Hände eines Mörders gefallen, ich hätte mich nicht so erschrocken, wie vor meinem Vater.“ Die Schwerter, die Margarethe nach dieser Entdeckung zu spüren bekam, waren geschmiedet aus Liebesentzug. Die Stoffe für Ballkleider wurden gestrichen, das Brot ihr bei Tisch hingeworfen, sie durfte sich nur als letzte den Teller füllen, und der Vater nannte sie Dirne. Octav und Margarethe schrieben sich verzweifelte Briefe, versuchten sich zu trennen, litten unendlich: „Ich welkte wie eine Blume des Feldes. Die Liebe meiner Eltern, mein Zutrauen war dahin, davor ekelte mir.” Doch dann wurde ein passender Heiratskandidat gefunden, der keineswegs wohlhabende, aber – weil Geistlicher – standesgemäße Ehemann, der angehende Pastor Johann Nikolaus Milow. Nach der Hochzeit im Jahre 1769 verließ Margarethe unter großem Trennungsschmerz das elterliche Haus. Nachdem ihr Mann einige Jahre in Lüneburg als Pastor gearbeitet hatte, erhielt er eine Stelle als Pastor beim Grafen Schimmelmann (siehe: Schimmelmannstraße) in Wandsbek. Margarethe, nach elf Schwangerschaften Mutter von acht Kindern und Hausmutter eines Knabeninternates, welches sie noch neben ihrer Arbeit als Hausfrau und Mutter mit ihrem Mann führte, hatte kaum Zeit, ihre Eltern im St. Katharinenkirchspiel zu besuchen. Mit 46 Jahren erkrankte sie an Brustkrebs, wurde erfolglos operiert und starb am 20. Oktober 1794 im Alter von 47 Jahren. Drei Monate später, am 10. Januar 1795, starb auch ihr Mann. Die Tragik an Margarethe Milows Lebensgeschichte: Octav avancierte wenige Jahre nach Margarethes Heirat zu einer standesgemäßen Partie, da er als Kaufmann zu Geld und Ansehen gekommen war.