Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Zellerstraße

Rahlstedt (1950): Carl Zeller (19.6.1842 Sankt Peter in der Au – 17.8.1898 Weikersdorf), Operettenkomponist


Weil die Beethovenstraße und die Kantstraße wegen Doppelbenennung umbenannt werden mussten, entschied sich der Senat für den Straßennamen Zellerstraße (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).

„Grüß euch Gott, alle miteinander“; „Ich bin die Christl von der Post“ oder „Schenkt man sich Rosen in Tirol“ aus der Operette „Der Vogelhändler“ sind bis heute bekannte oft gespielte Lieder des Operettenkomponisten Carl Zeller. Wie sein Lebensweg verlief, ist allerdings weniger geläufig.

Auf der Carl Zeller Website wird das Leben des beliebten Komponisten wie folgt beschrieben: „Carl Zeller komponierte sein Leben lang nur nebenberuflich, als Hobby sozusagen. Er arbeitete hauptberuflich als hoher Beamter im k.k. Unterrichtsministerium. Daher gibt es nur wenige Materialien über sein Leben. Auch sein früher Tod im Jahre 1898, knappe siebeneinhalb Jahre nach seinem großen Vogelhändler-Erfolg, hat dazu beigetragen, dass kein ‚Starkult‘ um ihn entstehen konnte, wie bei vielen anderen Komponisten seiner Zeit, z.B. Johann Strauß [siehe: Straußstraße], Karl Millöcker [siehe: Millöckerweg] oder Franz von Suppé [siehe: Von-Suppé-Straße].


Kindheit und Schulzeit in Sankt Peter in der Au
Carl Adam Johann Nepomuk Zeller wird am 19. Juni 1842 als einziges Kind des Wund- und Geburtsarztes Johann Zeller und seiner Frau Maria Anna Elisabeth (geb. Dierl) in St. Peter/Au im Haus Nr. 40 geboren. Sein Vater Johann Zeller stirbt ein halbes Jahr später und 1843 zieht der kleine Carl Zeller mit seiner Mutter zur Großmutter nach Biberbach. 1846 heiratet seine Mutter den Strengberger Arzt Ernest Friedinger und Carl Zeller übersiedelt mit 4 Jahren zu seinem Stiefvater nach Strengberg.

Da die Schule in Strengberg den Anforderungen der Eltern nicht entspricht, besucht Carl Zeller ab Herbst 1849 die zweiklassige Volksschule in St. Peter/Au. Dort wird er vom bereits über 70-jährigen Schulmeister Josef Brandstetter unterrichtet und wohnt auch bei diesem. (…).

Carl Zellers Mutter Maria Anna Elisabeth und der Stiefvater Ernest Friedinger besuchen ihren Sohn immer wieder, da sie das Chirurgat in St. Peter/Au neben dem Doktorhaus in Strengberg immer noch besitzen. (…). Mit sieben Jahren spielt Carl Zeller bereits auf der Orgel in der Pfarrkirche von St. Peter/Au, erlernt verschiedene Orchesterinstrumente und singt Sopran. Bei Messen singt er öfters am Chor Solo.

Als Hofsängerknabe in Wien
Im Alter von elf Jahren kommt Carl Zeller 1853 nach Wien. Wegen seiner schönen Stimme findet er Aufnahme als Hofsängerknabe in der weltberühmten Burgkapelle. In den vier Jahren als Hofsängerknabe geniesst er den Klavier- und Kompositionsunterricht (…).
Carl Zeller besucht das Gymnasium in Wien. (…).
In der dritten Gymnasialklasse beginnt Carl Zeller zu kränkeln und im Juli 1856 diagnostiziert der Hofarzt Dr. Heiß eine langwierige skrofulose Augenentzündung. (…).

Im Schuljahr 1856/57 ist er wieder unter den Hofsängerknaben zu finden, aber in seiner Stimme kündigt sich schon der bevorstehende Stimmbruch an. Zeller selbst beklagt sich wiederholt über Stechen in der Brust beim Singen. Das Obersthofmeisteramt läßt darauf die physischen Beschaffenheit Zellers untersuchen und erklärt ihn für den Dienst als Hofsängerknabe untauglich. Carl Zeller verlässt im August 1857 die Hofmusikkapelle. Ein Stipendium von 300 Gulden auf Studiendauer sollen ihm seinen weiteren Lebensweg ebnen helfen. Carl Zeller gilt als einer der populärsten, aber auch unglücklichsten Hofsängerknaben, wie sein weiterer Lebensweg zeigt.

Matura und Studium
Nach seinem Ausscheiden aus der Hofmusikkapelle im August 1857 verbleibt Carl Zeller vorerst noch im Löwenburger Konvikt. Ab 1860 besucht er das Konvikt und Obergymnasium des Stiftes Melk und legt dort im August 1861 die Matura mit Auszeichnung ab. Zwischen 1862 und 1865 studiert Zeller in Wien Rechtswissenschaften und promoviert am 3. April 1869 in Graz zum Doktor der Rechte.

Um 1872 wohnt Carl Zeller in einer Wohnung im 2. Stock des Hauses seines Stiefonkels, des Kaufmanns Dominik Ritschel, (…). In seiner Studentenzeit in Wien und in den ersten Berufsjahren komponiert Carl Zeller zwei Liederspiele und viele Männerchöre, welche vom Wiener Akademischen Männergesangverein bei deren diversen Veranstaltungen zur Aufführung gebracht werden.

Heirat und Familie
Am 15. Mai 1875 heiratet Carl Zeller die Tochter des Wiener Schneidermeisters Wenzel Schwetz Anna Maria [4.4.1849 Wien – begr. 9.3.1930 Wien] in der Schottenkirche in Wien. Als angesehene Persönlichkeit und wegen seines eleganten Äußeren ist Zeller in allen Kreisen der Gesellschaft sehr beliebt. Er gilt als schöner, intelligenter Mann mit guten Manieren. Er ist ein guter und natürlicher Erzähler, der seine Reden gerne mit geistreichen Einfällen schmückt, wie zahlreiche Freunde von ihm berichteten. Zeller kleidet sich gerne vornehm und tadellos, trägt oft einen Überrock mit Pelz und bei feierlichen Anlässen den Zylinder als Kopfbedeckung.

Carl Zellers erster Sohn Carl Wolfgang wird am 10. Februar 1876 in Wien geboren. Er studiert wie sein Vater Rechtswissenschaften und komponiert ebenfalls in seiner Freizeit einige einaktige Operetten. 1914 scheidet er aus dem Justizdienst aus und übersiedelt mit seiner 2. Frau Hermine nach Baden. 1916 übernimmt er von seinem Schwiegervater Ferdinand Schütze dessen Buchhandlung in Baden. (…).

Carl Zellers zweiter Sohn Robert William Zeller wird am 30. Juni 1878 in Wien geboren. Auch er studiert Rechtswissenschaften. Er ist aber im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Carl Wolfgang nicht musikalisch tätig. (…).

Beamter im Unterrichtsministerium
Nach seiner Promotion zum Dr. jur. in Graz im Frühjahr 1869 ist Carl Zeller zuerst an verschiedenen Gerichten tätig. 1873 tritt er mit 31 Jahren in den österreichischen Staatsdienst. Der fähige, sehr gewissenhaft und ausdauernd arbeitende Justizbeamte wird vom damaligen Unterrichtsminister von Stremayr als Ministerialkonzipist ins Ministerium für Kultus und Unterricht berufen. Bedächtig klettert Zeller die Karriereleiter im Ministerium hinauf. Er wird zuerst Vizesekretär, dann Sekretär, später Sektionsrat und zuletzt Ministerialrat. Nach dem Ausscheiden von Armand Freiherr von Dumreicher wird Carl Zeller mit dem Kunstreferat im Unterrichtsministerium betraut. Diese verantwortungsvolle Arbeit erfüllt er mit viel Fleiß und großer Ausdauer. Während seiner Dienstzeit im Unterrichtsministerium wohnt er in einer schönen und stattlichen Wohnung am Kärnterring Nr. 12 im ersten Bezirk von Wien.
‚Der Staatsbeamte hat nichts, aber das hat er sicher‘. Diese Sicherheit muss für Dr. Carl Zeller etwas unwiderstehlich Verlockendes gehabt haben.

Erfolge als Operettenkomponist
1868 und 1869 komponiert Carl Zeller zwei Liederspiele für Solostimmen und Männerchor mit Klavierbegleitung. (…).
Die beiden Liederspiele haben dem Komponisten eine große Anzahl von Musikfreunden zugeführt, Zellers Name beginnt in den Zeitungen genannt zu werden. Verleger und Theaterdirektoren werden auf sein musikalisches Talent aufmerksam. Sein erstes Bühnenwerk, die komische Oper in drei Akten "Joconde" wird 1876 im renommierten Theater an der Wien uraufgeführt und hat einen ausgesprochenen Erfolg. Die humorvollen Szenen, die vielen lyrischen Partien und die großen Doppelchöre gefallen dem Publikum. Bereits nach dem 1. und dem 2. Akt müssen die Mitwirkenden zwei Mal zusätzlich vor den Vorhang. (…)
Seinen musikalischen Höhepunkt erreicht Carl Zeller 1886 mit seinem vierten Bühnenwerk der Operette ‚Der Vagabund‘. (…)

Wenn Carl Zeller, neben Franz von Suppé (1819-1895), Johann Strauss (1825-1899) und Karl Millöcker (1842-1899), als vierter Operettenklassiker der "Goldenen Ära" gesehen wird, so hat wohl seine Meisteroperette ‚Der Vogelhändler‘ einen entscheidenden Anteil an dieser Wertschätzung. Diese 1891 uraufgeführte Operette ist zweifellos Zellers gelungenstes Bühnenwerk. (…).

Erbschaftsprozess, Krankheit und Tod
Carl Zeller verlebt seine letzten Jahre als schwerkranker Mann. Im Winter 1895 rutscht er auf dem Weg zum Parlament auf dem Glatteis aus und verletzt sich die Wirbelsäule schwer. Darauf setzt Muskelschwund ein und erste Krankheitserscheinungen treten auf. Sein linker Fuss hat keine Kraft mehr, Zeller stolpert und stürzt, auch ohne Anlass. Bald gibt es für ihn keine Jagd mehr, keine Ausflüge, für weitere Strecken muss er einen Rollstuhl benutzen. In die Sommerfrische fährt er auf einer Tragbahre. Zeller ist schließlich ab 1896 nicht mehr allein beweglich, er verbringt die letzten Jahre seines Lebens im Roll- und Lehnstuhl.

Carl Zeller zieht sich aus allen gesellschaftlichen Kreisen zurück und wird in einen Erbschaftsprozess verwickelt. Gegen ihn wird gerichtliche Anklage erhoben, vor Gericht zwei falsche Eide geschworen zu haben. Die Verhandlung findet jedoch in seiner Abwesenheit statt und er wird, obwohl er sich persönlich nicht verteidigen kann, schuldig gesprochen. Das Urteil wird jedoch auf die Nichtigkeitsbeschwerde seiner Gattin vom Obersten Gerichtshof aufgehoben, der zugleich anordnet, dass eine neuerliche Verhandlung in Anwesenheit Zellers abgehalten werden müsse. Zu dieser Verhandlung kommt es aber in Folge seiner schweren Krankheit nicht mehr. Am 31. März 1897 scheidet er aus seiner Stellung im Ministerium, nachdem er bereits gelähmt, nur mehr ein Scheinleben führt. An Händen und Füßen gelähmt, kann er nun auch fast nicht mehr sprechen, hat vorübergehende geistige Störungen und siecht so fast drei Jahre dahin. Daher wählt seine Familie dann auch 1897 Baden bei Wien als Urlaubsort, weil man dorthin mit der Bahn leichter kommt. In Baden bei Wien wohnt die Familie Zeller 1897 in der Weilburgstraße und 1898 in einem kleinen Haus in der Eugengasse 3. Am Mittwoch, 17. August 1898 abends stirbt Carl Zeller dort im Alter von nur 56 Jahren an einer Lungenentzündung.

Carl Zeller lebt fröhlich weiter in den besten seiner Operetten. Sein herzliches "Grüss euch Gott, alle miteinander" wird Menschen, die eines frohen Gemütes und guten Herzens sind, noch lange erfreuen. Zellers Andenken lebt im Gedächtnis der Theaterfreunde und vieler musikliebenden Menschen fort, denn er hat es verstanden die Freude am Schönen in uns zu wecken. [Cornelius Preiss, 1928]“1)