Rautenbergstraße
St. Georg (1899): Johann Wilhelm Rautenberg (1.3.1791 Moorfleth – 1.3.1865 Hamburg), Pastor in St. Georg.
Siehe auch: Elise-Averdieck-Straße;
Siehe auch: Amalie-Sieveking-Weg
Siehe auch: Wichernsweg
Siehe auch: Sengelmannstraße
Der Bäckerssohn Johann Wilhelm Rautenberg wurde nach seinem Theologiestudium 1820 Pastor an der Dreieinigkeitskirche in Hamburg-St. Georg. „In seinem Eintreten für eine biblische Theologie und einen am Wortlaut der Bibel orientierten Glauben war Rautenberg kompromisslos und gegenüber den Verfechtern aufklärerischer Gedanken ohne Toleranz. (…) Für Rautenberg war (…) der Mangel an biblischer Orientierung die Wurzel eines tief greifenden Werteverlustes und moralischer Haltlosigkeit. Auch die Vernachlässigung der Sonntagsruhe und des Gottesdienstbesuches war ihm nur Zeichen, dass den Menschen der ‚fromme Geist‘ und die ‚wahre Gottesfurcht‘ verloren gegangen waren. (…) Er lebte und predigte einen Glauben, der das Verhalten im alltäglichen Leben bestimmte, den Blick für die Nöte der anderen schärfte und zur Nächstenliebe befähigte.“ 1) Sein streitbarer Geist machte auch nicht vor Folgendem halt: „Als Anfang 1861 die ‚Hamburger Nachrichten‘ bei den Aufgebotsanzeigen die Bezeichnung der Braut als ‚Jungfrau‘ durch ‚Fräulein‘ ersetzten, wandte er sich umgehend mit einer Beschwerde an das Geistliche Ministerium. (…)“ 2) Darin schreibt er: „Jeder Bräutigam heißt Herr u. jede Braut Fräulein. Das ist nun eine unverschämte Verhöhnung, nicht nur des kirchlichen Amtes, dem die Nachrichten bisher doch die schuldige Achtung erwiesen, an seinen öffentlichen Mittheilungen nichts zu ändern, sondern auch der christlichen Moral, die freilich noch nicht den Unterschied zwischen nicht gefallenen und gefallenen Jungfrauen mit dem Prädicate ‚Fräulein‘ niviliert, sondern das der Sprache der Bordelle überläßt. Unser Amt darf das nicht schweigend gutheißen (…).“ 2) Rautenbergs Beschwerde wurde nicht stattgegeben. Man ließ die Sache auf sich beruhen.
Verheiratet war Rautenberg mit Elisabeth, geb. Duncker (1802- 20.12.1884 Hamburg). All seine unermüdlichen seelsorgerischen Aktivitäten für Arme, Kranke, Schwache und Trauernde konnte er nur leisten, weil seine Ehefrau ihn von allen häuslichen Dingen freihielt. „Am 13. März 1821 hatte er seine Braut Johanna Elisabeth Duncker geheiratet. Sie war 19 Jahre alt und wurde zum Mittelpunkt der Familie und zur Vertrauten ihres Mannes, besonders zu Zeiten, in denen er meinte, den Aufgaben nicht mehr gewachsen zu sein.“ 3)
Das Paar bekam sechs Kinder (geboren: 1822, 1823, 1825, 1826, 1828, 1840). Zwei Kinder starben im Kindesalter.
1825 gründete Rautenberg in St. Georg „eine Sonntagsschule nach englischem Vorbild (…). Hauptziele waren die Bekämpfung des Analphabetismus unter den Armenkindern und eine christliche Erziehung. Die kirchliche Arbeit fand in der Anfangszeit mit freiwilligen Helfern statt. 1832 konnte (…) Johann Hinrich Wichern [siehe: Wichernsweg] als Oberlehrer für die Sonntagsschule eingestellt werden. Elise Averdieck [siehe: Elise-Averdieck-Straße] wurde durch die diakonische Arbeit bei Rautenberg wesentlich beeinflusst.“ 4) Sie leitete die Mädchenabteilung der Sonntagsschule.
„Im Hamburger Religionsstreit zwischen Vertretern des Rationalismus (u. a. der Direktor des Johanneums Johann Gottfried Gurlitt [siehe: Gurlittstraße] des Diakons Hermann Rentzel) und des ‚Mystizismus‘ (u. a. Rautenberg) erfuhr die Sonntagsschule kräftigen Widerstand, der aber mit Hilfe des Hamburger Bürgermeisters Johann Arnold Heise [siehe: Arnold-Heise-Straße] überwunden werden konnte. Aus seiner 45-jährigen Wirk-zeit in St. Georg hinterließ Rautenberg zahlreiche Werke.“ 5)