Ruscheweyhstraße
Hummelsbüttel (1975): Prof. Dr. Herbert Ruscheweyh (13.11.1892 Hamburg -11.3.1965), Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft.
Siehe auch: Max-Eichholz-Ring
Siehe auch: Julius-Leber-Straße
Siehe auch: Dahrendorfweg
Herbert Ruschewey „wuchs in bürgerlichen Verhältnissen auf. Nach dem Besuch des Matthias-Claudius-Gymnasium in Wandsbek studierte er Jura. Während des Ersten Weltkrieges war er Soldat beim Wandsbeker Husarenregiment [siehe: Am Husarendenkmal]. Unter dem Eindruck der Kriegserlebnisse wollte er zu Veränderungen in der Gesellschaft beitragen und trat deshalb 1918 der SPD bei. Er wurde in den Arbeiterrat für Groß-Hamburg gewählt.
Nach dem Krieg promovierte Herbert Ruscheweyh zum Doktor der Rechtswissenschaften und eröffnete 1921 zusammen mit Max Eichholz [siehe: Max-Eichholz-Ring] in Hamburg eine Anwaltskanzlei“1) in der heutigen Poststraße 17-19. Ruschewewyh war von 1927 bis 1933 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft. Von 1931 bis zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten fungierte er als Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft.
Der Historiker Holger Martens schreibt über Herbert Ruscheweyh: „Bereits 1933 war er Mitglied im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen, dem späteren NS-Rechtswahrernbund, geworden, der nach der Gleichschaltung der einzige juristische Berufsverband war. Aus welchen Gründen er 1942 der NS-Volkswohlfahrt beitrat, ist nicht bekannt. (…)
Herbert Ruscheweyh oblag die schwere Aufgabe, am 8. März 1933 den unter Führung der Nationalsozialisten gebildeten neuen Senat zu vereidigen. Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln forderte er rechtstaatliche Prinzipien ein und widersetzte sich der NS-Willkür. So verlangte er Anfang März 1933 vom Senat Aufklärung über die Verhaftung der KPD-Bürgerschaftsabgeordneten Ernst Thählmann [siehe: Ernst-Thählmann-Platz] und Etkar Andrè. Da sich der neue NS-Bürgermeister Carl Vincent Krogmann nicht zu den Vorgängen äußern wollte, berief Ruscheweyh als dessen Vorstzender am 15. März 1933 den Bürgerausschuss ein. Die Ausschussmitglieder informierte der Bürgerschaftspräsident über weitere Verhaftungen von KPD-Mitgliedern und über Hausdurchsuchungen bei SPD-Abgeordneten. Erfolglos setzte sich Ruscheweyh für unter Bruch der Immunität verhafteten Abgeordneten von SPD und KPD ein, bis seine Amtszeit mit dem ‚Vorläufigen Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich‘ vom 31. März 1933 endete“ 2)
Während der Zeit des Nationalsozialismus machte sich Ruscheweyh als Anwalt „einen Namen durch die mutige Verteidigung von Kommunisten und Sozialdemokraten vor Gericht, zum Beispiel 1933 von Julius Leber [siehe: Julius-Leber-Straße]“. 3) „Obwohl Ruscheweyh auf Betreiben der Gestapo ab 1934 nicht mehr in Hoch- und Landesverratsprozessen als Verteidiger auftreten durfte, war er häufig der Anwalt, bei dem in Hamburg politisch verfolgte Sozialdemokraten zunächst Rat suchten. Nach dem Hitler-Attentat wurde auch Ruscheweyh vom 22. August bis zum 18. September 1944 im KZ Fuhlsbüttel gefangen gehalten.“ 4) Unter Auflagen konnte Ruschewey weiter als Anwalt praktizieren und durfte „(..) noch bis 1938 jüdische Mandanten in vom NS-Staat angezettelten Devisenstrafprozessen vertreten.
Herbert Ruscheweyh beriet jüdische Verfolgte in den Wochen nach der Reichspogromnacht in Auswanderungsangelegenheiten und vertrat sie gegenüber Behörden. In dieser Zeit gehörte er zu den ganz wenigen Hamburger Anwälten, die den Mut hatten und sich bereitfanden, jüdische Mandanten zu vertreten.
Herbert Ruscheweyh wurde von Gustav Dahrendorf [siehe: Dahrendorfweg], Hamburger Reichstagsabgeordneter der SPD vor der nationalsozialistischen Machtübernahme, in die Verschwörung vom 20. Juli 1944 einbezogen. Er wurde als örtlicher Vertrauensmann über den geplanten Staatsstreich unterrichtet.“ 5)
„Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Ruscheweyh Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer. Von den englischen Besatzungsbehörden wurde Ruscheweyh zum Präsidenten der ernannten Hamburgischen Bürgerschaft bestellt. Dieses Amt hatte er von Februar 1946 bis zum 8. Oktober 1946 inne. Im selben Jahr wurde er Vizepräsident, 1948 Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg. 1953 wurde er außerdem Präsident des Hamburgischen Verfassungsgerichts. 1960 legte er beide Ämter nieder und wurde pensioniert.
Ab 1951 war Ruscheweyh als Honorarprofessor der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg tätig. (…). Im Jahr 1961 erhielt er das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterblatt des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.“6)
Ruscheweyh fungierte auch von 1948 bis 1951 als Präsident des deutschen Obergerichts für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Köln; außerdem war er von 1952 bis 1960 Vorsitzender der ständigen Deputation des Deutschen Juristentages; dazu 1953 Präsident des Juristentages in Hamburg, 1955 in Berlin, 1957 in Düsseldorf und 1960 in München.
Aber auch nach seiner Pensionierung im Jahr 1960 war er noch aktiv; so blieb er bis 1964 Vorsitzender des Tarifschiedsgerichts für die deutsche Seeschiffahrt. 7)
Ruschewey war seit 1939 mit der Psychologin Hedwig Neuhäuser verheiratet. Sie führte eine eigene Praxis in der Willistraße 33.