Snitgerreihe
Horn (1929): Hieronymus Snitger (11.9.1648 Hamburg – hingerichtet am 4.10.1686 Hamburg) und Cord Jastram setzten sich für die Erweiterung der Bürgerrechte ein.
Siehe auch: Sillemstraße
Siehe auch: Meurerweg
Siehe auch: Reimboldweg
Siehe auch: Dänenweg
Siehe auch: Snitgerstieg
Der ehemalige Direktor des Hamburger Staatsarchivs, Hans-Dieter Loose, hat über Hieronymus Snitger eine Kurzvita für die Hamburgische Biografie verfasst. Darin heißt es u. a. über Snitger: „Hieronymus Snitger stammte aus einer angesehenen Hamburger Kaufmannsfamilie. Nach dem Besuch des Akademischen Gymnasiums in Hamburg bildete er sich auf Reisen, sammelte Geschäftserfahrungen und trat in die Fußstapfen seines Vaters, dessen kaufmännischer Schwerpunkt im Spanienhandel lag. (…) Politisch exponierte er sich auf Seiten der Bürger im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen Senat und Bürgerschaft um die Machtverteilung in Hamburg. Hierbei bildete er mit dem 14 Jahre älteren Cord Jastram (1634-86) [Reeder] ein unzertrennliches Gespann. Geschickt nutzten sie soziale Unzufriedenheit von Handwerkern und Kleingewerbetreibenden zur Gewinnung eines schlagkräftigen Anhanges. Mit seiner Hilfe konnten sie sich zu Volksführern aufschwingen und in den so genannten Jastram-Snitgerschen Wirren die Autorität des Rates unterminieren.“1)
In seinem Beitrag „Hinter den Kulissen eines Schreckenstheaters: Der Fall Jastram und Snitger in der Theatrum-Literatur des 17. Jahrhunderts“ schreibt Kai Lohsträter zu den sozialen und politische Bedingen Hamburgs im 17. Jhd.: „Betrachtet man die Vorgeschichte und die politischen und sozialen Bedingungen des Falls Jastram und Snitger, der in die Stadtgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts als ‚Jastram-Snitgersche Wirren‘ einging (…), ist (..) festzustellen, dass die innenpolitische Situation der Freien Reichsstadt Hamburg im 17. Jahrhundert weitgehend durch ein fortwährendes Gerangel zwischen dem Senat und der erbgesessenen Bürgerschaft, das heißt der grundbesitzenden Stadtbürger, um Kompetenzen und Einfluss im Stadtregiment bestimmt wurde. (…) Insbesondere in den Reichsstädten etablierte sich in der Frühen Neuzeit unter den Räten ein neues Souveränitätsverständnis, das sich in der Reklamation des Gottesgnadentums äußerte. Ein solches obrigkeitliches Selbstbild brach mit dem älteren genossenschaftlich-kommunalen Ordnungsmodell, was vielerorts zur Bildung gemeindlich-bürgerlicher Gegenbewegungen führte – so auch in Hamburg. Gleichwohl muss man sich davor hüten, hierin einen Konflikt zwischen aristokratisch-oligarchischen und demokratischen Verfassungskonzepten zu sehen. Denn auch die Bürgerschaft vertrat keineswegs die Interessen der Gesamtheit der Hamburger Einwohner. Die politische Teilhabe, die an Bürgerrecht, Konfession, Geschlecht und Grundbesitz gebunden war, beschränkte sich auf einige wenige Tausend Menschen (..). Korruption, Nepotismus, Untreue und Konspiration waren als typische Vorwürfe in der Auseinandersetzung insofern Erscheinungen, die Rat wie Bürgerschaft wechselseitig und gleichermaßen betrafen (…). In der politischen Organisation der Stadt Hamburg standen dem zwanzigköpfigen Rat (Senat), dem vier Bürgermeister vorstanden, seit dem 16. Jahrhundert drei Kollegien der erbgesessenen Bürgerschaft entgegen, die zwölf Oberalten, die ‚48er’ (Diakonen) und ‚144er’ (Subdiakonen) (…). Ihre Mitglieder stammten aus den vier Kirchspielen (Nikolai, Petri, Jacobi, Katharinen), die die grundlegende Verwaltungsstruktur der Stadt bildeten. Zu Veränderungen in den bürgerlichen Kollegien führte im 17. Jahrhundert das Hinzutreten eines neuen, fünften Kirchspiels (St. Michaelis), das die bevölkerungsreiche Neustadt repräsentierte, die 1626 mit der Fertigstellung der neuen Befestigungsanlagen Hamburgs in die Stadt integriert worden war. Bis zur politischen Gleichstellung dauerte es allerdings noch knapp sechs Jahrzehnte: Erst 1685 wurde die Kollegienstruktur den neuen Realitäten angepasst. Seither bestanden die Kollegien aus 15 (Oberalten) bzw. 60 (Diakonen) und 180 (Subdiakonen) Personen. Die jahrelange Ignoranz gegenüber den politischen Ansprüchen befeuerte die inneren Spannungen mit, auch wenn sie fraglos nicht deren einzige Ursache war. Gerade in der Neustadt fanden Jastram und Snitger mit ihren Forderungen nach Veränderungen im Stadtregiment daher eine große Anhängerschaft.“ 2)
Hans-Dieter Loose weiter über Snitger: „Ab 1683 beherrschten sie [Snitger und Jastram] über weite Strecken die Politik der Stadt. Ihr Ziel dürfte dauerhafte Teilhabe an der politischen Führung gewesen sein. Auf dem Weg dorthin scheiterten sie an der Verquickung von Innen- und Außenpolitik. Ihr innerpolitischer Hauptgegner, Bürgermeister Heinrich Meurer (1643-90) [siehe: Meurerweg] sah sich durch Verratsvorwürfe und Inhaftierung massiv bedroht. Er floh an den Hof des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg nach Celle und bewirkte vom Kaiser unterstützt Celler Aktivitäten zur Wiederherstellung der Autorität des Hamburger Rates. Da der Herzog auf dem Verhandlungsweg keinen Erfolg hatte, setzte er auf militärische Mittel gegen Hamburg. Snitger und Jastram reagierten darauf mit einer Annäherung an König Christian V. von Dänemark. Dieser stellte Hilfe in Aussicht, wollte tatsächlich aber die bedrängte Lage der Stadt nutzen, um ihre Unterwerfung zu erzwingen. Statt gegen die Welfen zu marschieren, begann Christian im August 1686 eine Belagerung Hamburgs. Schlagartig wandte sich die bisherige Gefolgschaft von Snitger und Jastram ab und beteiligte sich an den Verteidigungsanstrengungen. (…) Nachdem der äußere Friede wiederhergestellt war, wurden Snitger und Jastram des Stadtverrats angeklagt und zum Tode verurteilt. Gemeinsam wie sie politisch gehandelt hatten, bestiegen sie das Schafott, und der Henker waltete vor einer großen Zuschauermenge seines Amtes.“ 1)
Snitger war verheiratet mit Cäcilia Sillem [siehe: Sillemstraße]. Sie starb 1681, musste also die Hinrichtung ihres Mannes nicht mehr miterleben.
Cord Jastram (1634- hingerichtet 4.10.1685 Hamburg)
In der Neuen Deutschen Biografie heißt es u. a. über ihn: „Über J.s Jugend und Bildungsgang ist wenig bekannt. Er lernte das Färberhandwerk und wandte sich später erfolgreich der Reederei zu. Möglicherweise mit finanzieller Unterstützung seines politischen Freundes Hieronymus Snitger, eines reichen Kaufmannes, baute er eine ansehnliche Walfangflotte auf und organisierte zwischen 1672 und 1686 über 30 Ausfahrten in grönländ. Gewässer, wobei gute Fänge gemacht wurden.“ 3)
Verheiratet war Cord Jastram seit 1658 in erster Ehe mit Christiane, geb. Rambauen. Sie starb um 1663, musste also die Hinrichtung ihres Mannes nicht mehr miterleben. Das Paar hatte 5 Kinder.
Zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau heiratete der Witwer von fünf kleinen Kindern 1665 Maria von Dunen. Mit ihr hatte Cord Jastram vier Kinder. Maria starb um 1672, sieben Jahren nach der Hochzeit. Wieder zwei Jahre nach dem Tod seiner zweiten Frau ehelichte Cord Jastram 1675 Margarete Schomaker. Das Paar bekam ein Kind. Margarete erlebte noch die Hinrichtung ihres Ehemannes. Sie starb nach 1707. 4)