Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Stockhausenstraße

Barmbek-Nord (1927): Julius Christian Stockhausen (22.7.1826 Paris -22.9.1906 Frankfurt am Main), Sänger und Dirigent.
Im Juni 2022 mitbenannt nach seiner Mutter Margarethe Stockhausen (29.3.1803 Guebwiller – 6.10.1877 Colmar), Sopranistin.


Siehe auch: Brahmsallee
Siehe auch: Schumannstraße
Siehe auch: Spohrstraße

Stockhausens Mutter Margarethe Stockhausen, geb. Schmuck (29.3.1803 Guebwiller – 6.10.1877 Colmar) war eine bedeutende Sopranistin gewesen. Sie hatte in Paris Gesangsunterricht erhalten und dort auch ihren späteren Ehemann, den 14 Jahre älteren Harfenisten Franz Stockhausen (1789-1868) kennen und lieben gelernt. Das Paar heiratete 1822 und bekam im Laufe der Ehe sechs Kinder, was Margarthe Stockhausen nicht daran hinderte, weiterhin Konzerte zu geben.

Ein Jahr nach der Geburt ihres Sohnes Julius wurde sie zur Ehrensängerin der französischen Königskapelle ernannt. „Es wurde jedoch bald notwendig, dass die Familie anderswo nach einem Einkommen suchte, also zogen sie nach London und gaben im Mai 1827 ihr erstes Konzert in der Königlichen Musikakademie.“ 1)

Mit Schweizerliedern gelang Margarethe Stockhausen der musikalische Durchbruch. „1828 gab sie ein Konzert in den Argyll Rooms, wobei sie von Matteo Carcassi auf der Gitarre begleitet wurde. Häufig aber trat sie zusammen mit ihrem Mann auf. Später sang sie auch Lieder und Arien berühmter Komponisten, (…). Die meisten Konzerte gab sie in England und Schottland, (…).“ 2)

In dieser Zeit gebar Margarethe Stockhausen noch einige Kinder, begab sich aber immer wieder auf Tourneen durch die Schweiz, das Elsass, Süddeutschland, Frankreich und England. „1831 sang sie während einer weiteren Tournee in Schottland bei Holvrood House für die Königin des Vereinigten Königreichs und vor dem Herzog von Devonchire und dem Herzog von Wellington. In diesem Jahr erwarb die Familie ein eigenes dauerhaftes Zuhause in Tannenfels (Baden-Württemberg), und Margerethes Eltern überwachten die Erziehung ihrer Kinder, die die Schule in Guebwiller besuchten. 1833 machten Franz und Margerethe ihre erste deutsche Konzerttournee durch Darmstadt, Karlsruhe, Köln und Frankfurt am Main.

Margerethes Karriere ging in ähnlicher Weise bis 1840 weiter. Im Januar 1839 unternahm sie eine große Tournee durch die Schweiz und besuchte Genf, Lausanne, Neuenburg, Bern und Solothurn. Nach der Geburt ihres Sohnes Henri machte sie ihre letzte britische Tournee, gab zuerst Konzerte in Paris und zog dann im April nach London, (…). Im September 1839 sang sie unter Spohrs [siehe: Spohrstraße] Leitung in seinem Oratorium Kalvarienberg beim Norwich Festival, (…).“ 1)

„1840 zog die Familie nach Colmar, wo Margarethe am 6. Oktober 1877 verstarb. In dieser Zeit gab sie nur noch wenige Konzerte, meistens in der Umgebung von Colmar. 2)

In seiner 1884 veröffentlichten „Julius Stockhausens Gesangs Methode“ erinnerte Stockhausen mit einer Widmung an seine Mutter. So machte er deutlich, dass nach dem Tod seiner Mutter: „kein musikalisches Blatt (…) der bescheidenen Frau [gedachte]. Wer will es dem Sohn verargen, wenn er es als seine Pflicht ansieht, diese Perle des Elsasses der Vergessenheit zu entreissen. Deinem Andenken theure Mutter, Dir, meiner ersten Lehrerin auf dem Gebiete der Gesangskunst, widme ich diese Arbeit. Du warst es, die zuerst, durch den Zauber Deines Tones, in mir den Sinn für Tonschönheit, für eine deutliche, durchgeistigte Aussprache, für einen seelenvollen Vortrag, als ich noch ein Kind war, wecktest. Noch tönt in meinen Ohren der Klang dieser Engelstimme, als Du mir – kaum zählte ich drei Jahre – ein Bettelliedchen (…) vorsangst und mich lehltest. (…). Noch höre ich im Geiste die Weisen des grossen Händel, des lieblichen Haydn, des göttlichen Mozart von diesen beredten Lippen vorgetragen. An deinem absolut reinen Tone bildete sich früh mein Ohr, an der Mutter Stimme meine Stimme. Wer es nicht verstehen kann, wie nachhaltig solche Eindrücke, solche Beispiele auf ein Kind wirken, wer den Einfluss solcher Töne für übertrieben halten sollte, vernehme das Urtheil des berühmten J. B. Cramer. Als die Mutter in einer Conzertprobe in London das Rezitativ und Rondo von Mozart’s ‚ch’io mi scordi di te‘ mit Orchester und obligatem Clavier sang, sass der grosse Meister am Flügel. Der schon bejahrte Herr war von dem Vortrag der Sängerin so überwältigt, dass er gegen Schluss des Stückes allmählich von seinem Stuhle hinunterglitt und knieend seinen Part weiter spielte. ‚Das sind Töne von oben‘, sagte er der Mutter, als die Arie zu Ende war, ‚anbetungswürdige Töne‘. So erzählte oft, stolzerfüllt unser würdiger Vater.“ 3)

Margarethe Stockhausen gab allen ihren Kindern eine musikalische Bildung. Julius Stockhausen erlernte mehrere Instrumente und bekam in Paris eine Gesangsausbildung.

„Stockhausen (…) wurde 1857 Mitglied der Opéra Comique in Paris. Ende 1861 gründete er in Gebweiler, der Heimatstadt seines Vaters, ein Orchester und einen Chor, dessen Leitung er übernahm. (…) Von 1862 bis 1867 war Stockhausen Dirigent der Hamburger Philharmonischen Konzerte und der dortigen Singakademie. Im Oktober 1869 ernannte ihn König Karl von Württemberg zum Königlich-Württembergischen Kammersänger, was mit einem festen Gehalt verbunden war, so dass er mit seiner Familie nach Cannstatt bei Stuttgart zog, wo er bis zum Frühjahr 1874 lebte. Von 1874 bis 1878 war Stockhausen als Dirigent des Stern‘schen Gesangsvereins in Berlin tätig. Von 1878 bis 1880 und von 1883 bis 1884 war er Lehrer am Hoch’schen Koservatorium in Frankfurt am Main. (…)

Mit Johannes Brahms [siehe: Brahmsallee] eng befreundet, setzte er sich als einer der Ersten für dessen Lieder ein. Brahms widmete ihm wiederum seine Romanzen nach Ludwig Tiecks [siehe: Tiecksweg] Magelone-Liedern op. 33, von denen Stockhausen – mit Brahms am Klavier – als erstes Lied Keinen hat es noch gereut op. 33 Nr. 1 am 4. April 1862 in Hamburg zur Uraufführung brachte. (…).

Stockhausen heiratete am 10. Juni 1864 in Hamburg [die 16 Jahre jüngere] Clara Toberentz (* 9. Februar 1842 in Berlin; † 31. Dezember 1908 in Frankfurt am Main). [Das Paar bekam drei Kinder, geboren: 1865, 1877, 1886]. Seine Tochter Julia Wirth geb. Stockhausen (1886–1964) (…) schrieb eine Biographie über Stockhausen. (…).“ 4)

Stockhausen trat auch mit Clara Schumann [siehe: Schumannstraße] auf. „Clara Schumann führte mit Stockhausen die Dichterliebe zum ersten Mal am 22. 2. 1862 in Zürich auf. Am 24. 2. 1862 begleitete sie Lieder aus Frauenliebe und Leben, am 15. 10. 1862 die Schöne Müllerin, am 27. 11. 1862 in Hamburg die Winterreise. Später wurden auch Schumanns Frauenliebe und Leben op. 42, der Eichendorff-Liederkreis op. 39 (gemeinsam mit Clara Schumann zum ersten Mal am 7. 1. 1865 in Berlin) und das Spanische Liederspiel erstmals vollständig von Stockhausen aufgeführt. (…) Nicht nur Clara bewunderte Stockhausens Musikalität und Stimme, sondern dieser seinerseits bewunderte die Pianistin: ‚Madame Schumann ist einer jener seltenen Menschen, für die ich ans Ende der Welt gehen würde... Was für eine Künstlerin!‘ schrieb er 1856 an seinen Vater. Durch Clara Schumann lernte er Brahms und Joachim näher kennen, in London konzertierte er 1859 mit Clara und nachte durch sie die Bekanntschaft mit Jenny Lind, Pauline Viardot und Ferdinand Hiller. Seine Ernennung zum Musikdirektor in Hamburg 1862 verwehrte Brahms diese Position, trübte das freundschaftliche Verhältnis zu diesem und Clara Schumann (die sich den Posten für Brahms gewünscht hatte) jedoch nicht. (…). Nachdem Clara Schumann 1878 eine Anstellung am Dr. Hoch’schen Konservatorium in Frankfurt angenommen hatte, kam bald danach Stockhausen als leitender Gesangspädagoge an dasselbe Institut. (…). Nach ihrem ersten gemeinsamen Konzert am 28. August 1854 in Ostende, in dem der Bariton einige Lieder aus Schumanns Eichendorff-Liederkreis sang, standen Clara Schumann und Julius Stockhausen fast 50 Mal zusammen auf dem Konzertpodium. Darunter waren häufige Konzerte in London und Hamburg, aber auch Dresden und Leipzig, Berlin und Frankfurt. Dort traten die beiden Musiker am 18. November anlässlich einer Mozart-Feier in der Loge Carl ein letztes Mal gemeinsam auf.“ 5)