Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Theodor-Weber-Reihe

Horn (1929): Theodor Weber (22.6.1844 Hamburg – 7.7.1889 Hamburg), Repräsentant der Firma J. C. Godeffroy & Co. (siehe: Godeffroystraße), Hamburgischer Konsul des Norddeutschen Bundes in Samoa, Tonga und den Fidschi-Inseln.


Siehe auch: Godeffroystrraße

Theodor August Ludwig Weber war der Sohn von Dorothee Sophie Louise Weber, geborene Lobeer und des Schieferdeckers Gottfried Georg Gottlieb Weber, der eine Firma in der Katharinenstraße 49 besaß.
Theodor Weber war in der Firma Joh. Ces. Godeffroy & Sohn beschäftigt (siehe: Godeffroystraße). Diese schickte ihn „im April 1862 (…) zur Faktorei in Apia auf der zu Samoa gehörenden Insel Upolu (…). Er wurde dem Leiter der Faktorei, August Unshelm (1824-64), als Buchhalter angekündigt (…)“ 1), schreibt Claus Gossler in seinem Porträt über Theodor Weber.

Das 1766 gegründete Hamburger Handelshaus Godeffroy hatte 1855 mit seinen kolonialen Aktivitäten in der Südsee begonnen. „Auf Veranlassung des Direktors der Niederlassung im chilenischen Valparaiso, A. L. Poppen, entsandte die Firma 1855 den Agenten August Unshelm an Bord des Segelschiffs ‚Stintfang‘ in die damals wenig erforschte Region der Südsee. Am 15. Mai 1855 ging Unshelm in Apia auf Upolu, einer der Samoaininseln, an Land. Die günstigen Bedingungen für die Entwicklung des Handels, besonders mit Kokosöl, bewegte Unshelm, der Leitung der Firma die Gründung einer Niederlassung in Apia zu empfehlen. Diese erfolgte 1857 (…)“ 2) Verkauft wurden importierte „europäische Hartwaren, Nahrungsmittel sowie Stoffe und für den Export gekauft wurde Kopra. 3) (Siehe zu den kolonialen Aktivitäten der Firma Godeffroy unter: Godeffroystraße).

Doch Ende des Jahres 1857 stand die Firma kurz vor dem Konkurs. „Marianne Godeffroy (1806-1871), Tochter des Senators Martin Johann Jenisch [siehe: Jenischstraße] und Witwe von Charles /Carl Godeffroy, ermöglichte die Rettung“, 4) indem sie aus ihrem Vermögen Geld in die Firma fließen ließ. (siehe zum rechtlichen Status von Ehefrauen, unter: Theodorstraße)

Gleichzeitig stand es auch mit dem Handelshaus auf Samoa nicht zum Besten. Dazu schreibt Ales Skrivan in seinem Artikel „Das hamburgische Handelshaus Johann Cesar Godeffroy & Sohn und die Frage der deutschen Handelsinteressen in der Südsee“, aus dem im Folgenden ausführlich zitiert werden soll: „Im Zusammenhang mit den komplizierten Umständen auf Samoa sowie auch mit den britischen und amerikanischen Interessen auf den Inseln wurde in den 60er Jahren die Frage des offiziellen Schutzes der deutschen Handelsinteressen sehr dringend. Infolgedessen ersuchte die Firma Godeffroy den Hamburger Senat, dort ein hamburgisches Konsulat zu errichten. Durch Entscheidung des Senats vom 15. Februar 1861 wurde August Unshelm hamburgischer Konsul in Apia.“ 5)
Sein Nachfolger wurde Theodor Weber. Er hatte auf Samoa als Buchhalter angefangen und sich dabei so gut eingearbeitet, dass er August Unshelm bei dessen Abwesenheit in der Führung der Faktorei vertrat. Nachdem Unshelm 1864 von einer seiner Reisen nicht zurückgekehrt war, weil er mit seinem Schiff ertrunken war, übernahm Weber die Arbeit in Apia und wurde vom Hamburger Senat zum Konsul von Apia ernannt.

Auf der Seite des deutschen Bundesarchivs steht zu den kolonialen Aktivitäten Deutschlands auf Samoa und zu Theodor Webers Ernennung zum Konsul : „Die deutsche Geschichte auf Samoa begann in den 1850er Jahren, als hanseatische Kaufleute den pazifischen Raum für Handel und Rohstoffgewinnung entdeckten. Es gelang ihnen, sich gegenüber der britischen, australischen und amerikanischen Konkurrenz durchzusetzen und innerhalb weniger Jahre eine Monopolstellung zu erarbeiten.

Es dauerte nicht lange, bis den führenden Vertretern der deutschen Firmen im Pazifik auch diplomatische Aufgaben übertragen wurden. So wurde beispielsweise Theodor Weber, der Vertreter des Handelshauses Godeffroy & Sohn, Anfang der 1870er Jahre zum deutschen Konsul in der samoanischen Hauptstadt Apia ernannt, welche 1879 im Verbund mit Großbritannien und den USA den ersten Handelsvertrag mit Samoa unterzeichnete. Zugleich wurde Apia und das die Stadt umgebende Gebiet zum neutralen Territorium unter gemeinsamer Verwaltung der drei Mächte erklärt.“ 6)

In Wikipedia heißt es über Weber: „1868 wurde er Konsul des Norddeutschen Bundes und 1872 Konsul des Deutschen Reichs für Samoa und Tonga. Er war Mitunterzeichner des 1876 geschlossenen Freundschaftsvertrages zwischen Deutschland und Tonga.“ 7)

Theodor Weber kaufte auf Samoa viel Land auf, das er kultivieren und dort Kokospalmen anpflanzen ließ. Er „machte das Handelshaus durch den Ankauf von 30 000 ha fruchtbarem Land auf Upolu zum größten Grundbesitzer in Samoa. Er gilt als erster Kaufmann der Südsee, der statt der Ölpressung vor Ort die Trocknung des Kokosnusskerns einführte, was einen leichteren Transport und eine größere Verwertung ermöglichte.“ 8)

Theodor Weber heiratete eine samoanische Frau mit Namen Leaga. Claus Gossler schreibt, dass es unklar ist, ob Weber 1869 Leaga geheiratet hat oder ob er nur mit ihr liiert war. 1870 wurde die Tochter Bertha geboren, 1872 die Tochter Emma. „Weber schickte sie 1877 zur Ausbildung zu seinen Eltern nach Deutschland und adoptierte sie 1879. Später lebten die Mädchen bei Webers Schwester Louise, verheiratete Seick, trafen mit ihrer leiblichen Mutter aber nicht mehr zusammen. Weber hinterließ seinen beiden Töchtern ein Vermögen von fast 600 000 Goldmark“, 9) schreibt Claus Gossler. Als Weber im Alter von 45 Jahren in Hamburg verstarb, wurde in die Sterbeurkunde eingetragen, dass der Aufenthalt seiner Ehefrau Leaga unbekannt ist. 10)

Zurück zu den Firmenaktivitäten auf Samoa. Ausführlich beschreibt Ales Skrivan in seinem oben genannten Artikel die Verhältnisse auf Samoa und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Firma Godeffroy, deren Behebung eng mit der politischen Einstellung zum deutschen Kolonialismus zusammenhing. „Obwohl Weber schon 1868 Konsul des neugegründeten Norddeutschen Bundes wurde, galt ‚Deutschland zunächst politisch als eine Nation zweiten Ranges bei den Samoanern‘. Briten und Amerikaner entsandten regelmäßig Kriegsschiffe zur Samoaküste, um durch Demonstration der Stärke die Stellung ihrer Kaufleute zu unterstützen. Theodor Weber forderte sowohl als Konsul des Norddeutschen Bundes als auch des Deutschen Reiches nach 1871 wiederholt ähnliche Unterstützung von seiner Regierung. (…).

Es ist fraglich, ob die Anwesenheit deutscher Kriegsschiffe in den samoanischen Gewässern zur Stärkung der deutschen Position beitrug. So brannte eine Strafexpedition, die vom Kriegsschiff ‚Ancona‘ 1874 entsandt wurde, ein Eingeborenendorf nieder und vertrieb die Einwohner aus den Ländereien der Firma Godeffroy. Diese und ähnliche Gewaltaktionen konnten kaum die Beziehung zu den Samoanern verbessern. (…).“ 11)

Doch ab 1873 veränderte sich die Situation auf den Inseln durch den amerikanische Oberst Steinberger. Ales Skrivan schreibt dazu: „Es gelang dem Oberst, sich, durch den neu gewählten König Malietoa Laupepa zum Premierminister ernennen zu lassen und eine uneingeschränkte Machtstellung in Samoa einzunehmen. Durch seine Bemühungen wurde tatsächlich die Ruhe und Ordnung in Samoa hergestellt. Günstig wird beurteilt, daß Steinberger, den Samoanern eine Verfassung gab und (sich) bemühte, sie vor Übervorteilung durch die Weißen zu schützen. Andere Autoren aber charakterisieren den Oberst als einen Abenteurer, dem es vor allem um die Durchsetzung seiner eigenen Interessen gegangen sei.

Die Firma Godeffroy unterhielt zu dem Oberst sehr gute Beziehungen. (…). Sie schloß mit Steinberger eine vorteilhafte Handelsvertretung. Infolge der Zusammenarbeit mit dem Oberst konnte Konsul Weber die Aktivitäten anderer deutscher Firmen auf Samoa effektiv kontrollieren.“ 12)

Doch dadurch entwickelten sich unter den deutschen Firmen große Spannungen, wie Ales Skrivan erklärt und diese – so Ales Skrivan – wurden: „erst durch die Ernennung des Kapitains zur See Zembsch zum deutschen Generalkonsul für die Südseeinseln im Herbst 1879 beseitigt. (…)

Die Aktivitäten Steinbergers auf Samoa fanden 1876 ein Ende. Sowohl die Konsuln von Großbritannien als auch der Vereinigten Staaten bezogen eindeutig Position gegen ihn. Der Grund dafür war ein bewaffneter Zusammenstoß zwischen der Besatzung der britischen Korvette ‚Baracouta‘ und den Samoanern, bei der einige britische Matrosen ums Leben kamen. Steinberger wurde angeklagt, die Insulaner gegen die Weißen aufzuhetzen. Kurz darauf deportierten ihn die Briten auf die Fidschi-Inseln.“ 13)

Die deutschen Interessen in der Südsee wurden durch den am 1. November 1876 abgeschlossenen Vertrag mit Tonga gesichert. Dazu heißt es bei Ales Skrivan: „Durch Verträge mit den Vertretern der beiden rivalisierenden Gruppen auf Samoa, die an Bord eines deutschen Kriegsschiffes im Juli 1877 abgeschlossen wurden, gelang es, Gleichstellung mit Briten und Amerikanern zu sichern. Höhepunkt der deutschen Bemühungen in dieser Richtung bildete die Unterschrift eines Friedensvertrages mit Samoa am 21. Januar 1879, der den Schutz des deutschen Eigentums und der deutschen Handelsinteressen sicherte.“ 14)

Die Geschäfte auf Samoa gestalteten sich für die Firma Godeffroy positiv. Doch wegen anderer Spekulationsgeschäfte stand das Handelsunternehmen vor dem Ruin, so dass die Rettung des Unternehmens in der „Trennung des Südseeunternehmens von allen anderen Handelsaktivitäten des Hauses und Gründung einer neuen Firma“ 15) gesehen wurde. Deshalb wurde 1878 die „Deutsche Handels- und Plantagen-Gesellschaft der Südsee-Inseln zu Hamburg‘ (DHPG) gegründet. Im Aufsichtsrat dieser Firma war Theodor Weber. Aber diese Unternehmung verhinderte nicht den Zusammenbruch des Handelshauses Godeffroy. 1879 wurde veröffentlicht, dass die Firma ihre Zahlungen einstellen musste. „Zu dieser Zeit gehörte die Mehrheit der hamburgischen Unternehmer (…) zu den Anhängern des Freihandels. Nur wenige, unter denen man auch die Godeffroys finden konnte, plädierten für Einführung der Zölle, die die heimische Produktion schützen sollten. Die Schutzzollanhänger erfreuten sich der Gunst Bismarcks [siehe: Bismarckstraße).Unter den gegebenen Umständen war es logisch, daß die Mehrheit der hamburgischen Unternehmer die Idee der staatlichen Unterstützung der DHPG [die durch den Zusammenbruch der Firma Godeffroy auf der Kippe stand und deshalb Unterstützung bedurfte, R. B.] ablehnte.“ 16)

Bedingung für eine Unterstützung durch das Reich war die Gründung einer neuen Gesellschaft, die das gesamte Vermögen der DHPG übernahm. Diesem Unterfangen stimmte Bismarck zu. Ales Skrivan schreibt dazu: „Danach sollte das Reich der neuen Gesellschaft eine Dividende von 4 ½ % aus dem Grundkapital für zwanzig Jahre garantieren, was praktisch eine jährliche Stützung in Höhe von 300.000 Mark bedeutete. (…) Die Grundbedingung der Existenz der neuen ‚Deutschen See- Handels-Gesellschaft‘ (DSHG) war die Leistung der Zinsgarantie, was von der Zustimmung des Bundesrats und des Reichstages abhängig war. (…).“ Als sich jedoch der Reichstag damit beschäftigte, gab es Widerstand von Seiten der Liberalen. „Die Regierungsvertreter (…) begründeten die [Gesetzes] Vorlage mit der Gefährdung der Ehre des Reiches und den höchsten Nationalinteressen. (…). ‚Die Godeffroyschen Institute und Besitzungen auf Samoa sind der Ausgangs- und Stützpunkt des deutschen Handels in der Südsee. Gehen sie jetzt in fremde Hände über, so gehen sie nicht bloß dem bisherigen Eigenthümer verloren (…), sie gehen zugleich für Deutschland verloren, und dieser Verlust berührt das öffentliche Interesse.‘ (…)

Die Regierungsvertreter forderten einerseits zwar die Vorlage mit allem Nachdruck, vertraten aber andererseits auch nicht offen die Idee der Kolonialexpansion.“17)

Daneben „gab es noch eine Gruppe, die entschlossene Anhänger der Kolonialpolitik waren, da sie ‚die eventuellen Kolonialgewinne als unerläßlich verstanden.‘“. 18) Die Linksliberalen waren dagegen, „weil diese [Vorlage] der erste Schritt zu einer staatlichen Kolonialpolitik sein konnte. Ihr Hauptargument zielte auf die Firma Godeffroy. (…). [Sie] stellten die Frage, warum das Reich einem Unternehmen, das infolge zweifelhafter Spekulationen in Deutschland Konkurs gemacht habe, eine Unterstützung leisten wolle. Die Anführer der Fortschrittspartei griffen die Machinationen hinter den Kulissen an und wiesen auf das direkte Interesse der Regierungsmitglieder an dieser ganzen Angelegenheit (…). An der Spitze der Gegner der Gesetzesvorlage stand der liberale Volkswirtschaftler Dr. Ludwig Bamberger. Er zog die wirtschaftliche Bedeutung des deutschen Südseehandels in Zweifel und drückte sein Erstaunen darüber aus, daß einer in Konkurs gegangenen Firma Hilfe geleistet werden sollte, während andere deutschen Häuser in der Südsee erfolgreich Handel trieben. Schließlich richtete er auch direkte persönliche Angriffe gegen den Agenten der Firma Godeffroy, Theodor Weber, und klagte ihn der Überschreitung seiner Kompetenzen als Konsul und der Einschränkung der Möglichkeiten der übrigen deutschen Firmen an. (…).“ 19) Schließlich kam es zur Abstimmung und die Vorlage wurde abgelehnt (128 gegen 112 Stimmen). Die Folge war: „Bis Anfang 1881 liefen komplizierte Verhandlungen mit den Gläubigern und den Liquidatoren der DSHG in Berlin über die Rekonstruktion der DHPG. Endlich wurde die DHPG unter folgenden Bedingungen rekonstruiert: das Kapital wurde auf 5 Mill. Mark festgesetzt, die bisherigen Gläubiger erhielten gegen Aufrechnung ihrer Ansprüche für 2.500.000 Mark Aktien (…) die bisherigen 2.500.000 Mark Aktien gingen in die Hände der bisherigen Aktionäre über, deren Kapital im Verhältniß 2:1 zusammengelegt wurde, Schließlich wurden für 1.200.000 Mark Anleihstücke geschaffen, die gegen Aufrechnung der Anzahlung der See-Handels-Gesellschaft an die bisherigen Aktionäre dieser Gesellschaft ausgegeben wurden,“ 20)resümiert Ales Skrivan.

Theodor Weber fungierte als Direktor der DHPG. Diese Position führte er bis zu seinem Tod im Juli 1889 aus.