Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Jenischstraße

Osdorf (vor 1908): Martin Johann Jenisch (12.4.1793 Hamburg – 7.3.1857 Vevey/Schweiz), Senator, Präses der Hamburger Baudeputation.


Siehe auch: Waldherrenallee
Siehe auch: Bülowstraße
Siehe auch: Meuronstieg

Die Straße könnte auch nach Jenisch‘ Nichte Emilie (Emily) Auguste Jenisch (12.12.1838 Hamburg – 24.4.1899 Hamburg) mitbenannt werden. Sie war die Stifterin der Anscharhöhe, Tarpenbekstraße, Alten- und Pflegeheim Sankt Anscharhöhe. Siehe zu ihr weiter unten im Text.

Martin Johann Jenisch war der Sohn von Catharina Dorothea Jenisch, geborene Rendtorff und des Kaufmanns und Senators Martin Johann Jenisch der Ältere (1760-1827). Dieser verdiente sein Geld mit Warenhandel, Bankgeschäften und Versicherungen. „Das Handelshaus M. J. Jenisch erweiterte unter ihm seine Geschäftstätigkeit auf das Bankgewerbe und wurde bald eine der bedeutendsten Hamburger Banken. Seine Geschäftsverbindungen reichten von Rußland bis Amerika, wobei Frankreich einen Schwerpunkt bildete. Durch Spekulationen während der Französischen Revolution und der darauf folgenden Kontinentalsperre konnte Jenisch seine Gewinne mehren. (…).“ 1)

Zum Warenhandel und reinen Bankgeschäften – zu denen eine eventuelle Finanzierung auch von Kolonialgeschäften noch erforscht werden müsste – kamen später noch Versicherungen als prosperierender Geschäftszweig dazu. Martin Johann Jenisch war vor allem als Bankier bekannt. 2) Als solcher hat er sicher den Kolonialhandel mitfinanziert, aber wie genau, müsste umfassend erforscht werden. Er starb 1827 im Alter von 66 Jahren und als reichster Bürger Hamburgs.

Sein Sohn Martin Johann Jenisch, der Jüngere, nach dem diese Straße benannt wurde, stieg bereits „in jungen Jahren in das Jenische Handelshaus ein, da sein Vater als Gesandter nach Paris ging. Am 5. Januar 1827 wurde er als Nachfolger seines Vaters zum Senator gewählt.“ 3)

Nach dem Tod des Vaters erbte Martin Johann Jenisch, der Jüngere ein großes Vermögen, dass er durch den Kauf von Grundstücken vermehrte. Beim Tod seines Vaters war Martin Johann Jenisch junior 34 und seit sieben Jahren mit der Kaufmannstochter Fanny Henriette Roeck (1801-1881) verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos.

Ein Jahr nach dem Tod seines Vaters kaufte Jenisch 1828 von seinem Freund Caspar Vogt (siehe: Caspar-Voght-Straße) Grundbesitz an der heutigen Baron-Vogt-Straße (Jenischpark). Dort ließ er zwischen 1831 und 1834 von dem Architekten Franz Gustav Joachim Forsmann (siehe: Forsmannstraße) ein klassizistisches Landhaus errichten. Dort wohnte das Paar nur in den Sommermonaten, wo es glänzende Feste ausrichtete. Außerhalb der Sommermonate lebte das Paar in seinem Stadthaus an den großen Bleichen, wo Jenisch das Haus mit einer großen Gemäldegalerie ausstattete.

Nach Jenischs’ Tod, erbte seine Frau Fanny den Flottbeker Besitz. Sie ermöglichte durch eine Schenkung, dass in Vevey am Genfer See, wo sie mit ihrem Gatten oft zur Erholung geweilt hatte und wo Jenisch verstorben war, das Musée Jenisch erbaut werden konnte, das 1897 eröffnet wurde. Es beherbergt die Fondation Oskar Kokoschka und die grafische Sammlung des Kantons Waadt.

Nach ihrem Tod kam der Flottbeker Besitz in die Hände des Großneffen von Martin Johann Jenisch: Martin Johann Rücker. Heute befindet sich im Jenisch Haus eine Außenstelle des Altonaer Museums.

Martin Johann Jenisch trat in die Fußstapfen seines Vaters und betätigte sich ebenfalls auf politischem Gebiet. Als Mitglied der Erbgesessenen Bürgerschaft „wurde. Jenisch (…) 1827 (…) in den ‚Rath‘ gewählt und begann seine Arbeit in der Deputation für den Marstall und als Thor- und Baumherr. 1829 wurde er in das Obergericht berufen.[ 1834 wechselte er als Vertreter des ‚Rathes‘ in die Deputationen für Accise (1.), Mühlen (13.), Zollangelegenheiten (33.) und die Brotordnung (8.) und wurde Mitglied im Großen Armenkollegium. 1836 wurde er Kirchspielherr zu St. Petri und zuständig für die Bauordnung im Kirchspiel. Nach dem Brand im Mai 1842, der ein knappes Drittel der Hamburger Innenstadt zerstört hatte, wurde Jenisch Mitglied der Deputation für den Wiederaufbau und ein Jahr später auch Präses der Baudeputation. Er war maßgeblich am Wiederaufbau Hamburgs beteiligt. 1848 gab er den Vorsitz ab und wurde zusammen mit dem Senator August Christian Meier Patron der Vorstädte St. Georg und St. Pauli und übernahm auch das Patronat der H. Dreieinigkeitskirche in St. Georg. 1854 wurde er zudem zum Weddeherren berufen und 1855 Mitglied des Kollegiums der Scholarchen. In diesen Funktionen blieb er bis zu seinem Tod 1857,“ 4) ist in Wikipedia nachzulesen.

Ein Verwandter der Familie Jenisch war Bernhard von Bülow (siehe: Bülowstraße).

Eine Nichte von Martin Johann Jenisch war Emilie (Emily) Jenisch (12.12.1828 Hamburg – 24.4.1899 Hamburg), Stifterin der Anscharhöhe, Tarpenbekstraße. Nachdem 1875 ihr Vater Gottlieb Jenisch (Bruder von Martin Johann Jenisch) und 1882 ihre Mutter Caroline Jenisch, geb. Freiin von Lützow, Witwe des Grafen von Westphalen-Fürstenberg, gestorben waren, bewohnte die älteste der drei Töchter, die ledige Emilie Jenisch, das große Haus am Neuen Jungfernstieg (heute befindet sich dort der Sitz des Überseeclubs) bis zu ihrem Tod im Jahr 1899. Sie lebte dort aber nur im Winter. Im Sommer bevorzugte sie das elterliche „Weiße Haus“ an der Elbchaussee. Nach ihrem Tod kaufte der Hamburger Kaufmann Gustav Amsinck das Gebäude am Neuen Jungfernstieg. Nach seinem Tod im Jahre 1909 kam das Haus in den Besitz seiner Witwe, die es aber nicht bewohnte.

Emilie Jenisch, die krank, verwachsen und taub war, wollte eigentlich ein zurückgezogenes Leben führen, doch Pastor Carl Ninck von der Anschargemeinde, dessen Gottesdienste die „besseren Familien“ Hamburgs besuchten, überzeugte sie, sich für die Gemeinde zu engagieren. Einen großen Teil ihres väterlichen Erbes gab sie deshalb für die Finanzierung der Gemeindeaufgaben. Emilie Jenisch widmete sich fortan ganz der Wohltätigkeit. 1883 gründete sie das nach ihr benannte Emilienstift, das zunächst in einer Wohnung in der Eppendorfer Landstraße untergebracht war. Das Stift bot sittlich gefährdeten – aber noch nicht „gefallenen“ – konfirmierten, vierzehn bis 21-jährigen Mädchen Unterstützung durch die Ausbildung zur Dienstbotin. Schon bald reichten die vorhandenen Räumlichkeiten nicht mehr aus. 1885 übergab Emilie Jenisch sie der Anschargemeinde und ließ über Pastor Ninck ein Grundstück für einen Neubau kaufen. 1886 wurde der Stiftskomplex Sankt Anscharhöhe (Stiftung Anscharhöhe) an der Tarpenbekstraße in Hamburg Eppendorf (Stiftung Anscharhöhe) eröffnet. Hier zog auch das Emilienstift ein. Heute wird die Anscharhöhe als Altenheim genutzt. Einige alte Stiftsgebäude sind noch erhalten, so z. B. das Haus Emmaus (heute Altenheim), das ehemalige Waschhaus, das Haus Bethanien und die „Kirche zum Guten Hirten“.