Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Wildenbruchstraße

Osdorf (1947): Ernst von Wildenbruch (3.2.1845 Beirut-15.1.1909 Berlin), Schriftsteller, Dichter. Verheiratet mit einer Enkelin des Komponisten Carl Maria von Weber (siehe: Weberstraße). Das Paar hatte keine Kinder. Unterzeichnete die Petition von Hirschfeld gegen den § 175.


Vor 1947 hieß die Straße Souchonstraße, benannt 1941, Motivgruppe: Namen aus dem Ersten Weltkrieg: Marine. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946) und (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde die Straße umbenannt in Wildenbruchstraße. Die Umbenennung - wie auch andere Umbenennungen - erfolgte auf Anweisung der britischen Militärregierung, denn „vor dem Hintergrund der veränderten politischen Landschaft gerieten die sogenannten ‚militärischen‘ Namen erstmals ins Blickfeld. Die Umbenennung dieser Namensgruppe wurde durch eine ausdrückliche Anweisung der Militärregierung veranlaßt und stellte die zweite Welle von politisch motivierten Umbenennungen der Nachkriegszeit dar. Im Jahre 1946 gab es nach einer Aufstellung des Bauamtes 145 Straßen, die nach ‚Militärpersonen, militärischen Ereignissen und militärischen Einrichtungen‘ benannt worden waren. Etwa 18 davon waren in der Zeit zwischen 1933 bis 1945 entstanden. (…). Der Senat erörterte dieses Thema in seiner Sitzung am 22. Januar 1946. Man betrachtete lediglich 37 Namen als nicht akzeptabel, darunter 28 Namen von Generälen und Admirälen und einigen militärischen Einrichtungen aus der Zeit des Ersten Weltkrieges. Sie wurden im Laufe der nächsten zwei Jahre umbenannt.“ (Siehe auch unter Kriegerdankweg und Paul-Bäumer-Brücke). (Bericht über Umbenennungen von Straßennamen in Hamburg seit 1918, März 1987, Staatsarchiv Hamburg, S. 16.)

Ernst von Wildenbruch war der Sohn des preußischen Generalkonsuls in Beirut und Generalleutnants Louis von Wildenbruch und der Ernestine, geborene von Langen, eine Hofdame der Pflegemutter von Louis von Wildenbruch.

„Ernestine von Wildenbruch war in Hof- und Diplomatenkreisen sowie im Auswärtigen Amt eine angesehene Persönlichkeit, auf deren Erfahrung und Urteil man Wert legte. Auf die diplomatische Tätigkeit ihres Mannes nahm sie großen Einfluss. In ihrem Salon verkehrten während der Zeit der politischen Erhebung bevorzugt königstreue Kreise. (…)

Alle offiziellen Noten und Berichte ihres Mannes wurden ihr zur Kenntnis gegeben. (…) Die Mittwochabende in ihrem Salon, an denen man so oft bis in die Morgenstunden hinein – man versammelte sich allerdings manchmal erst gegen Mitternacht – bei Spiel und zwanglosen Gedankenaustausch aushielt, gehörten unstreitig zu den Hauptanziehungspunkten für alle Persönlichkeiten, die mit dem Auswärtigen Ministerium in irgendwelcher Beziehung standen. (…). Auch die geselligen Pflichten außerhalb des Hauses nahm sie sehr ernst, um jederzeit orientiert, immer in der Lage zu sein, den Gatten über alle bedeutenden Vorgänge aus erster Quelle auf dem Laufenden zu halten.‘.“ 2)

Ernestine von Wildenbruch bekam sechs Kinder, unter ihnen der Sohn Ernst von Wildenbruch. Er wurde 1845 in Beirut geboren, wohin Ernestine 1842 mit ihrem Mann gezogen war, nachdem dieser zum preußischen Generalkonsul für Syrien ernannt und nach Beirut versetzt worden war.

Als Ernestine von Wildenbruch starb, war ihr Sohn Ernst 13 Jahre alt. Er hatte damals das Pädagogikum in Halle an der Saale und das französische Gymnasium in Berlin absolviert und trat 1859, ein Jahr nach dem Tod seiner Mutter, „in das Königliche Kadettenkorps in Berlin-Lichterfelde ein und durchlief eine militärische Ausbildung, die er 1863 mit einem Offizierspatent vollendete. Anschließend diente er bis 1865 als Leutnant im 1. Garderegiment zu Fuß in Potsdam und nahm 1866 am Feldzug in Böhmen und 1870/71 am Krieg gegen Frankreich teil.

Von 1867 bis 1870 studierte er dann Jura in Berlin. Ab 1871 war er Referendar in Frankfurt an der Oder; 1876 legte er das 2. Staatsexamen ab.“ 3)

Damals schon betätigte sich Ernst von Wildenbruch auf literarischem Gebiet und konnte „erste literarische Erfolge vorweisen. So veröffentlicht er — selbst Kriegsteilnehmer — 1873 ein ‚Heldenepos‘ über die Schlacht von Vionville und 1875 über die Schlacht von Sedan. Weitere patriotische Historienwerke folgen. Ein Rezensent urteilt Ende des 19. Jahrhunderts über Wildenbruchs Kernthema: ‚Die Träger der Empfindung sind Germanen, sind Deutsche, Menschen, mit denen wir uns verwandt und durch mannigfache Bande verknüpft wissen.‘ 1884 wird Ernst von Wildenbruch mit dem Grillparzer-Preis und dem Schiller-Preis ausgezeichnet, was seine seinerzeitige literarische Bedeutung unterstreicht.“ 4)

Ein Jahr später, er hatte mittlerweile seit 1877 als Hilfsrichter in Eberswald und Berlin gearbeitet und anschließend eine Anstellung im Auswärtigen Amt in Berlin erhalten, heiratete der damals 39-Jährige die damals 38-jährige Maria Karoline Freiin von Weber (23.2.1847 Chemnitz – 1.7.1920 Weimar), Enkelin des Komponisten Carl Maria von Weber und Tochter des Eisenbahnpioniers Max Maria von Weber. Die Ehe blieb kinderlos. Die schriftstellerische Karriere Ernst von Wildenbruchs schritt voran. „Nach Bismarcks Tod trägt Ernst von Wildenbruch auf einer Gedenkveranstaltung sein Gedicht ‚Bismarck lebt!‘ vor, darin er das Publikum mit der Zeile beschwört: ‚Lass nicht den Bismarck [siehe: Bismarckstraße] sterben in Dir.‘ Das bringt ihm den Ruf ein, der ‚nationalistischer Bismarcklyriker‘ zu sein. (…) Seine Laufbahn im Auswärtigen Amt erreicht mit der Ernennung zum ‚Geheimen Legationsrat‘ 1897 ihren Höhepunkt.

Trotz allem Patriotismus, der seine Werke durchweht, unterstützt Ernst von Wildenbruch 1897 die von Magnus Hirschfeld initiierte Petition zur Streichung des Paragraphen 175 aus dem Strafgesetzbuch.“ 5)

1900, Ernst von Wildenbruch war 54 Jahre alt, ließ er sich krankheitsbedingt pensionieren. In Weimar, wo er seit 1892 jedes Jahr einige Monate verbrachte, ließ er sich eine Villa erbauen, wo er 1907 mit seiner Ehefrau einzog. 1909 verstarb er. Seine Frau hatte 1907 die gesammelten Schriften ihres Vaters „Aus der Welt der Arbeit“ veröffentlicht. 6)