Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Westphalensweg

St. Georg (1921 und 2023): nach Adolph Libert Westphalen (1.11.1851 Hamburg – 3.1.1916 Zeithain), Architekt und Branddirektor der Stadt Hamburg.
2023 mitbenannt nach seiner Urgroßmutter Engel Christine Westphalen, geb. von Axen (8.12.1758 Hamburg – 10.5.1840 Hamburg), Schriftstellerin, die für ihr soziales Engagement von der Stadt Hamburg ausgezeichnet wurde


Adolph Libert Westphalen „stammte aus einer alten Hamburger Kaufmannsfamilie und war Sohn des Bauingenieurs Theodor Libert Westphalen (1817–1877) und der Caroline Plath (1824–1859), Tochter des Holzhändlers Gottfried Plath (1782–1840) (…). Seine Mutter starb, als er acht Jahre alt war.“ 1)

Seine Urgroßmutter Engel Christine Westphalen, geb. von Axen war eine bedeutende Schriftstellerin.

Als Tochter des wohlhabenden Kaufmanns Jacob von Axen, „erhielt sie eine sorgfältige und gute Erziehung. Schon früh interessierte sie sich für Sprachen, Kunst und die Wissenschaften und begann zu dichten. Unterstützt wurde sie dabei vor allem vom Beichtvater ihrer Mutter, Christoph Christian Sturm.“ 2)

1785 heiratete sie den Kaufmann und späteren Senator Johann Ernst Friedrich Westphalen. Das Paar bekam fünf Kinder, von denen drei Kinder überlebten. In ihrem Haus in der Großen Reichenstraße 42 trafen sich regelmäßig Hamburger Persönlichkeiten wie Johann Georg Büsch, (siehe: Büschstraße) Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (siehe: Tischbeinstraße), Johann Gottfried Gurlitt (siehe: Gurlittstraße). Während der Französischen Revolution war hier ein Sammelpunkt für französische Flüchtlinge. „Ihr erfolgreiches Revolutionsdrama um Charlotte Corday, die Mörderin Jean Paul Marats, mag durch die Kontakte zu den französischen Flüchtlingen inspiriert worden sein.“ 3)

Der Zeitgenosse Johann Georg Rist beschrieb das Ehepaar, zu dessen Gesellschaften im Landhaus der Familie Westphalen in Billwerder er öfter eingeladen war: "Höchst artig war der Kontrast zwischen dem durchaus weltlich gesinnten, prosaisch rüstigen, tätigen, wohlbeleibten und sinnlichen Gatten und zwischen der feinfühlenden, auf eine andere Art begeisterten, wenn gleich im Hauswesen nicht weniger praktischen Dichterin. Das Ganze aber machte sich leicht und angenehm. Jeder fand was er suchte, die Unterhaltung wählte jeder, die Bewirtung war vortrefflich und es saß und schwartzte sich gut unter den hohen Kastanien, die das Gatshaus umgaben. Spazierfahrten auf der vorüberfließenden Bille wechselten mit Spazierritten und führten nach näheren und entfernteren Gegenden ab." 4)

Ihre ersten Dichtungen veröffentliche sie unter dem Pseudonym Angelika, spätere Werke anonym. Erst ab 1809 veröffentlichte sie unter ihrem eigenen Namen. Sie verfasste zahlreiche Gedichte und Lieder. „Im Jahr 1812 unternahm sie mit ihrem Mann und der jüngsten Tochter eine Reise durch Deutschland und die Schweiz. (…) Das Entsetzen über die Zerstörungen im eigenen Land nach ihrer Rückkehr aus der Schweiz verarbeitete sie in ihrem Gedichtband Gesänge der Zeit.“ 5)

Für ihr Engagement auf dem Gebiet der Wohltätigkeit erhielt sie 1815 die der Bürgertugend gewidmete goldene Gedenkmünze der Stadt Hamburg. „Sie unterstützte Zeit ihres Lebens verschiedene Wohltätigkeitsstiftungen und gab z. B. den Ertrag ihres Werkes Gesänge der Zeit, der 580 Taler betrug, an einen Frauenverein. (…) In ihrem Nachlass fanden sich zahlreiche Manuskripte, unter anderem ein Tagebuch und ein Kochbuch, welches posthum veröffentlicht wurde.“6)

Adolph Libert Westphalen

3458 Adolph Libert Westphalen
Adolph Libert Westphalen; Quelle: via Wikimedia Commons

Auf hamburg.de hat die Behörde für Inneres und Sport ein Porträt über Westphalen ins Netz gestellt. Darin heißt es über seinen Werdegang: „Nach einer Lehre als Zimmermann und Teilnahme als Freiwilliger im Krieg 1870/71 studierte er drei Jahre Architektur an der Technischen Hochschule in Stuttgart. Danach arbeitete er als selbständiger Architekt, bis er 1885 in die Baubehörde Hamburg als Baupolizeiinspektor eintrat. Durch seine neue Dienststellung kam er mit der Feuerwehr näher zusammen. Als infolge des frühen Todes von Branddirektor Kipping [siehe: Kippingstraße] dessen Posten vakant wurde, ermunterte Senator Hachmann [siehe: Hachmannplatz], der Vorgesetzte von Westphalen, ihn zur Bewerbung. So kam Westphalen erst im Alter von 42 Jahren zur Feuerwehr, jedoch mit großen Erfahrungen auf dem Gebiet des baulichen Brandschutzes, der damals noch in den Kinderschuhen steckte.

Westphalen volontierte ein Jahr lang bei den Berufsfeuerwehren Berlin und Breslau und wurde am 4. April 1893 Leiter der Feuerwehr Hamburg.“ 7)

Damals war er schon seit 11 Jahren mit der Hamburger Kaufmannstochter Helene Tidemann (1860-1941) verheiratet. Das Paar blieb kinderlos.
„Seine erste größere Aufgabe war die Reorganisation der Feuerwehr. Die Stadt war enorm gewachsen, die Bevölkerung hatte sich in den letzten zwanzig Jahren fast verdoppelt! Die Personalvermehrung und der Neubau weiterer Wachen waren unumgänglich. In seiner Amtszeit bis 1916 konnte er sechs neue Feuerwachen in Dienst nehmen. Sein weiteres Augenmerk galt der Verbesserung der Ausrüstung. Er führte die ersten ‚Rauchhelme‘ zum Atemschutz, abstellbare Strahlrohre und Schläuche mit gleichen Kupplungshälften ein; er verbesserte die englischen Dampfspritzen und bewog deutsche Hersteller zum Bau von Dampfspritzen. Als Angriffsfahrzeug stellte er in jedem Löschzug eine Gasspritze in Dienst.

Nachhaltig prägte Westphalen das Berufsbild des Feuerwehrmannes, namentlich des Feuerwehringenieurs. Zunächst für Hamburg forderte er, dass Bewerber für "Feuerwehroffiziersstellen" (heute: höherer feuerwehrtechnischer Dienst) das Abschlussexamen einer Technischen Hochschule besitzen müssen, eine Vorschrift, die später andere Berufsfeuerwehren übernahmen. Damit eröffnete Westphalen den Diplomingenieuren eine neue Laufbahn im öffentlichen Dienst.

Als Architekt und erfahrener ehemaliger Baupolizeibeamter galt sein besonderes Interesse naturgemäß dem Vorbeugenden Brandschutz, dem damals noch weitgehend der wissenschaftliche Bezug fehlte. Noch während seiner Zugehörigkeit zur Baubehörde hatte er sich zwischen 1891 und 1895 an Versuchen über die ‚Feuersicherheit von Speicherstützen‘ beteiligt.

Er veranlasste Untersuchungen über das Verhalten von Bauteilen wie Bedachungsmaterialien, Drahtglas und Glasbausteinen bei andauernder Feuereinwirkung. Er kümmerte sich um Vorschriften zur Erhöhung der Feuersicherheit in Warenhäusern, Theatern und Schulen.

Bei den mit ihrer Rückseite an Kanäle (Fleete) angrenzenden Speichern führte Westphalen praktisch die Vorläufer der Sicherheitstreppenräume ein, die damals als ‚Westphalentürme‘ bekannt wurden. Sie versehen heute noch in der Hamburger Speicherstadt ihren Dienst.

Die Einführung des geordneten Schornsteinfegerwesens mit festgelegten Kehrbezirken ist ihm ebenfalls zu danken. Die Dienstaufsicht über das Schornsteinfegerwesens die damals der Hamburger Feuerwehr übertragen wurde, behielt sie übrigens bis 1965!

Nach der Jahrhundertwende stand er - wie alle Chefs der Feuerwehren - vor der Frage, auf welche Weise der Übergang vom Pferde- auf den Motorbetrieb zu vollziehen sei. 1909 konnte er den ersten automobilen Löschzug - er besaß batterieelektrischen Antrieb - an der Wache Admiralitätsstraße in Dienst stellen.

Neben seinen vielfältigen Aufgaben in Hamburg führte er von 1900 bis 1913 den Vorsitz im Verband der deutschen Berufsfeuerwehren (VdB). Stets allen Neuerungen aufgeschlossen und bereit, von anderen Feuerwehren zu lernen, unternahm er im Jahre 1904 eine mehrwöchige Studienreise nach Amerika.

Als der Erste Weltkrieg begann, zog Westphalen als Major der Reserve mit 63 Jahren ins Feld. In Serbien, wo er als Bataillonskommandeur eingesetzt war, wurde er 1915 schwer verwundet und verstarb nach längerem Krankenlager am 3. Januar 1916 im Lazarett Zeithain/Sachsen. Die Feuerwehr Hamburg verlor einen ihrer bedeutendsten Branddirektoren.“ 8)