Werthweg
Tonndorf (1950): Peter Werth (4.4.1867 Hamburg – 21.1.1925 Hochkamp), Pseudonym für Julius Cäsar Stülcken, Inhaber der Stülckenwerft, Dichter.
Siehe auch: Anna-Lühring-Weg
Siehe auch: Gorch-Fock-Straße
Siehe auch: Godenwind
Vor 1950 hieß die Straße Siegfriedsweg. Bereits in der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Peter-Werth-Weg umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1950 bei Siegfriedsweg. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)
„Julius Caesar Stülcken war das jüngste von neun Kindern von Heinrich Christopher Stülcken (1821–1873) und dessen Ehefrau Anna Dorothea, geborene Breckwoldt (1828–1892).“ 1)
Sein Vater besaß die von ihm 1846 gegründete Stülcken-Werft. Als dieser starb, war Julius Caesar Stülcken sechs Jahre alt. „Seine Mutter leitete fortan die Werft.“ 2)
Julius Caesar Stülcken erlernte Maschinenbauer und bildete sich im Schiffbau weiter. „1885 reiste er mit der Bark ‚Willy‘ der Stülcken-Flotte durch chinesische Gewässer und überlebte währenddessen einen Schiffbruch. Stülcken kehrte nach Hamburg zurück und übernahm Anfang 1891 eine Prokuristenstelle im Familienunternehmen.“ 3) Ein Jahr später starb Stülckens Mutter. Stülcken übernahm die Leitung der Werft und hatte wirtschaftlichen Erfolg. Hatte die Firma, als Julius Caesar Stülcken die Werft übernahm, gerade mal über 270 Mitarbeiter, so zählte sie zwischen 1918 und 1923 bereits über 1000 Arbeitende.
In der Werft wurden u. a. Fischdampfer, während des Ersten Weltkrieges aber auch für militärische Zwecke zu nutzende Schiffe gebaut, ebenso Schiffe, die beim Krieg gegen die Herero in Deutsch-Südwestafrika benutzt wurden. Im Januar 1904 hatte: "sich die Bevölkerungsgruppe der Herero in Namibia gegen die deutschen Kolonialherren auf[gelehnt]. (...) Die deutsche Kolonialverwaltung regierte das Gebiet mithilfe von Rassentrennung und Unterdrückung. Die Einheimischen wurden von den europäischen Siedlern als Menschen zweiter Klasse behandelt und praktisch entrechtet." 4) Die Kolonialherren: "antworteten auf die Angriffe [von Seiten der Herero] mit einer bis dahin ungekannten Brutalität. Zehntausende Menschen fielen dem Vernichtungsfeldzug zum Opfer." 5) Hans Walden schreibt in seinem Porträt über Julius Caesar Stülcken dazu: „Im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Herero in Deutsch-Südwestafrika lieferte Stülcken von 1904 bis 1907 60 Brandungsboote, dazu Pontonflöße und andere Wasserfahrzeuge an Adolph Woermann [siehe zu Woermann unter: Cornelius-Fredericks-Stieg], der das Transportmonopol für den militärischen Nachschub besaß.“6)
Stülcken profitierte also vom Kolonialismus und den ausbeuterischen und menschenvernichtenden Methoden der Kolonial"herren".
Ein weiteres wirtschaftliches Standbein war für Stülcken sein Engagement beim Aufbau und der Verbreitung von Fischbratküchen. 1919 wurde die Firma in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt, damit war Stülcken nicht mehr Alleininhaber, hatte aber weiterhin die Leitung inne, da er Hauptkommanditist und Generalbevollmächtigter war.
Stülcken blieb ledig und kinderlos und lebte sehr zurückgezogen mit seiner jüngsten Schwester zusammen am Hochkamp. Die Leitung der Werft übernahm ein Neffe.
Stülcken trat als Mäzen für das Hamburger Forschungsinstitut gegen Krebs und Tuberkulose auf und engagierte sich im Aufsichtsrat des Bauvereins zu Hamburg. Außerdem hatte er eine starke literarische Neigung. Unter dem Pseudonym Peter Werth schrieb er viele Theaterstücke. Er „versuchte, keine reinen Unterhaltungskomödien zu schaffen. Aus diesem Grund kombinierte er heitere Elemente mit ernsten Themen und zeigte Menschen, die sich in fragilen Lebenslagen befanden.“7)
Stülckens erstes Werk war vermutlich der Einakter Mann über Bord aus dem Jahr 1899. Er verfasste das Stück, das am Carl-Schultze-Theater aufgeführt wurde, unter dem Pseudonym Julius C. Saar. „Ein weiterer Einakter mit dem Titel Die Schwarzen, ein Seestück, diesmal verfasst als Peter Werth, kam im Februar 1903 zur Erstaufführung am Altonaer Stadttheater. Darin thematisierte Stülcken die menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen Heizer und Kohlentrimmer ihren Dienst auf transatlantischen Passagierschiffen versehen. (…) In Es ist eine alte Geschichte befasste sich der Autor 1911 mit dem deutschen Krieg gegen die Herero in Südwest-Afrika. Der Autor schrieb von zwei befreundeten Liebespaaren, deren Partner Kriegsdienst leisteten und aus diesem Grund voneinander getrennt wurden. Stülcken nahm darin Abstand von euphorisch-patriotischen Strömungen, ließ jedoch keine Zweifel an der deutschen Kriegsführung an sich erkennen. (…)
1915 erarbeitete er (…) als Peter Wert Die Hanseatin Anna Lühring. [siehe: Anna-Lühring-Weg] Das Stück in drei Akten spielt zur Zeit der Befreiungskriege. [zum Thema Befreiungskriege, siehe unter: Schillstraße] Zu erkennen sind antifranzösische Strömungen, die auch in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zu finden waren. (…).“ 8)
Stülcken förderte Johann Kinau (Gorch Fock) (siehe: Gorch-Fock-Straße) und setzte sich für die Verbreitung seiner Werke ein. Julius Caesar Stülcken, der Vorstandsmitglied der Vereinigung für niederdeutsche Sprache und Literatur „Quickborn“ war, brachte Johann Kinau in den Verein ein.
In Kinaus Werk „Hein Godenwind“ (siehe: Godenwind) wird auch Julius Cäsar Stülcken erwähnt. „‘De Stülcken hett doch wedder mol all de Seilscheep, brumm Barbarossa un keck no de Docken un Hellgen röber. ‚Dat hängt mit sein Längte tohop‘, antwort Hein, ‚de lange Stülcken kann de Masten un Rohn ja scheun vont Deck labsalwen: de brukt keen Letter, süh – un dorum dockt he all de Seilers!‘“ 9)
Stülcken ließ sogar vier Schiffe nach Johann Kinau und dessen literarische Figuren benennen.