Hoffmann-von-Fallersleben-Straße
Bergedorf (1927): August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (2.4.1798 Fallersleben/heute Stadtteil von Wolfsburg – 19.1.1874 Corvey), Dichter, Freimaurer, Hochschullehrer für Germanistik.
Siehe auch: Theodor-Heuss-Platz (zum Thema: Nationalhymne)
Siehe auch: Haydnstraße (zum Thema: Nationalhymne)

August Heinrich Hoffmann war der Sohn von Dorothea Hoffmann, geborene Balthasar und des Kaufmanns, Gastwirts, Senators und Bürgermeisters von Fallersleben Heinrich Wilhelm Hoffmann.
„Im April 1816 begann Hoffmann in Göttingen (nach eigenem Bekunden ‚mit wenig Geld und Lust‘) ein Studium der Theologie (…). Doch sein Interesse galt mehr der Geschichte des klassischen Altertums, (…).
Als er 1818 bei Studien in Museum und Bibliothek der Stadt Kassel die Bekanntschaft von Jacob Grimm [Grimmstraße] machte, fragte ihn dieser, ob ihm sein Vaterland nicht näher liege als die Antike. Daraufhin wechselte er zum Studium der deutschen Sprache und Literatur (Germanistik). 1818 konnte ihn sein Vater mit seinen Beziehungen und Geld vor dem Militärdienst bewahren. Noch im selben Jahr folgte Hoffmann seinem Lehrer Friedrich Gottlieb Welcker [Welckerstraße] an die Universität Bonn. (…) [im Jahr 1821] erschien seine Gedichtsammlung Lieder und Romanzen. Schon bei diesen beiden frühen Veröffentlichungen verwendete er den Namen Hoffmann von Fallersleben.“ 1)
Ende 1821 ging Hoffmann nach Berlin. Er wollte Bibliothekar werden. 1823 erhielt er die Stelle des Kustos an der Universitätsbibliothek Breslau. 1830 wurde er an der Breslauer Universität zum außerordentlichen Professor für deutsche Sprache und Literatur berufen. Fünf Jahre später erfolgte die Ernennung zum ordentlichen Professor.
„Wegen seines Eintretens für ein einheitliches Deutschland und seiner liberalen Haltung, (…), wurde Hoffmann 1842 von der preußischen Regierung pensionslos seiner Professur enthoben. (…) Ein Jahr später entzog man ihm die preußische Staatsbürgerschaft und verwies ihn des Landes. (…) Hoffmann ging ins Exil. Er irrte quer durch Deutschland, wurde aber von politischen Freunden aufgenommen. (…) Ständig von der Polizei bespitzelt, wurde er 39-mal ausgewiesen, darunter dreimal aus seiner Heimatstadt Fallersleben. (…).
An der Märzrevolution 1848 nahm er nicht aktiv teil. Im Revolutionsjahr wurde er dank eines Amnestiegesetzes rehabilitiert und bekam als Pension ein Wartegeld auf preußischem Boden ausgezahlt, seine Professur erhielt er aber nicht zurück.“ 2)
1849 konnte Hoffmann rehabilitiert ins Rheinland zurückkehren. Am 28. Oktober des selben Jahres „heiratete der 51-Jährige in Braunschweig seine 18-jährige Nichte Ida vom Berge, [11.4.1831 Bothfeld – 28.10.1860 Corvey] eine Pastorentochter aus Bothfeld bei Hannover.“ 3) Sie war die Tochter seiner Schwester Auguste. „Sie war hochmusikalisch, ließ sich in Braunschweig zur Klavierlehrerin ausbilden und hat mit großem Erfolg eigene Konzerte als Pianistin gegeben. ‚Ich sah sie wieder! [Er hatte sie als kleines Mädchen schon einmal gesehen] Sie trat in unendlicher Freude mir entgegen, eine Jungfrau in der Fülle der Jugend und mit einer lieblichen Anmut und Selbständigkeit in ihrem Wesen, daß ich erstaunt und entzückt war.
Kein Wunder, daß ich eine stille Sehnsucht nach ihr hegte.‘ Nach anfänglichem Zögern gab Ida Hoffmann v. F. ihr Jawort. Der reife Mann trug seine junge Ehefrau auf Händen und versuchte nun endlich wieder eine gesicherte Existenz aufzubauen.“ 4)
Über die Verlobung mit Ida vom Berge schreibt Fallersleben am 29. Juli 1849: „Am andern Morgen ging ich nach Bielefeld und den 29. Juli kam ich in Bothfeld an. Ich trat in das Pfarrhaus ein mit der festen Absicht, Ida zu heiraten. Ich war heiter und voll Zuversicht, daß ich mein Ziel erreichen würde. Die Zustimmung der Eltern schien mir gesichert, nur hatte der Vater als Geistlicher Bedenken: nach den hannoverschen Kirchengesetzen durfte er eine eheliche Verbindung zwischen so nahen Verwandten nicht begünstigen, ja es war vielmehr Pflicht für ihn, dagegen zu wirken, er mußte deshalb auch das Aufgebot und die Trauung ablehnen.
Es handelte sich also für mich nur noch um Ida. Ich betrachtete sie seit ihrer Zusage im letzten Frühjahre als meine Verlobte. Nach den Erforschungen, die ich jetzt hier anstellte, mußte ich leider schließen, daß sie sich nicht als Verlobte betrachtete und daß es überhaupt noch sehr fraglich sei, ob sie sich je zu einer Heirat mit mir verstehen würde. Ich eilte nun zu ihr selbst nach Braunschweig, und war vom 1.–4. August oft mit ihr zusammen.
Wie der Frühling nie ohne Kampf zu seiner Herrschaft gelangt, so sollte auch der Frühling meiner Liebe erst nach manchem Sturme in mein Herz einziehen.
Ida konnte sich nicht finden in ein Verhältniß, das gar nicht mit ihren Jugendträumen und Wünschen übereinstimmte. Kein Wunder! sie noch so jung, ich so alt, sie voll berechtigter Ansprüche an das Leben, ich vielfach enttäuscht und nach dem Glauben der Menschen einer der abgeschlossen haben, schon fertig sein muß mit sich und der Welt. Sie dauerte mich – es war ein heftiger Kampf in ihrem Herzen um Ja und Nein, sie war traurig, aufgeregt und endlich sehr leidend. Noch ehe ich kam, hatte sie schon diesen Kampf begonnen und sich um Rath und Trost an ihre Schwester Alwine gewendet. Diese hatte denn auch versucht sie zu trösten, aber ihr auch zugerufen – und das war noch am 3. August:
›–Bedenke deshalb wol, was Du thust, indem Du ein Herz von Dir weisest, dessen ganzes Glück und Streben nur dahin geht, Dich glücklich zu machen. Ich kann nicht ohne Schmerz an Onkel denken. Du bist sein Anker, woran das ganze Glück seines Lebens hangt. Zerreiß ihn nicht so schnell diesen schwachen Faden, der Dein Herz noch an das seine fesselt!‹
Auch ich war heftig bewegt, es war mir oft als ob mir das Herz zerspringen wollte. Nachdem ich mich mündlich und schriftlich gegen sie ausgesprochen und sie mich von einem Tag auf den anderen vertröstet hatte, entschloß ich mich weiter zu reisen. Ich ging nach Fallersleben. Zwei Stunden nach meiner Abreise hatte sich Idas Herz mir wieder ganz zugewendet. Erst am folgenden Tage erhielt ich ihr Schreiben und am 7. August kam sie selbst und begrüßte als glückliche Braut den glücklichen Bräutigam. Im Kreise unserer Familie verlebten wir frohe Tage. Mein Leben war zur Dichtung geworden und Ida ›war mein Taggedanke, war mein Traum.‹ (…).“ 5)
Von Fallersleben schrieb seiner Frau Liebesgedichte. Das Paar bekam vier Kinder, nur ein Kind, das 1855 in Weimar zur Welt gekommen war, überlebte.
„1851 zog Hoffmann mit seiner Familie nach Neuwied und 1854 nach Weimar. Dort gab er im Auftrag des Großherzogs Carl Alexander eine literaturwissenschaftliche Zeitschrift heraus (…). 1860 zog die Familie nach Corvey um. Dort bekam Hoffmann durch Vermittlung von Liszt [Lisztstraße] und der Prinzessin Marie zu Sayn-Wittgenstein eine Anstellung als Bibliothekar an der Fürstlichen Bibliothek Corvey (…), in demselben Jahr, in dem auch seine Nichte und Ehefrau Ida, geb. vom Berge am 28. Oktober 1860“ 6) 29-jährig nach einer Todgeburt im Kindbett mit 29 Jahren starb. Hoffmann schrieb damals an seinen Dienstherren: „Meine Frau ist den Folgen des Wochenbettes erlegen: sie verschied letzte Nacht. So ist denn die Herzblume aus meinem Corveyer Hoffnungsbaume abgepflückt, und es sind nur noch Knospen daran, die der gütige Himmel entfalten möge. Ich bleibe, und muß bleiben, um hier, wo mir Ew. Durchlaucht Liebe und Güte eine Freistätte gewährt haben, eine Ruhestätte zu finden, damit ich mit ihr im Tode vereint werde, die mit mir so innig in Freud' und Leid im Leben vereint war. (...] Unser Leid ist grenzenlos, aber Gott wird uns manchen Trost gewähren, und ein großer Trost ist schon, daß Ew. Durchlaucht uns nicht vergessen und daß auch mein Wahlspruch der Ihrige sein wird: Heut und Immer.“ 7)
14 Jahre später starb Hoffmann von Fallersleben an einem Schlaganfall. Er wurde neben seiner Ehefrau auf dem kleinen Begräbnisplatz an der Abteilkirche in Corvey bestattet.
Das Deutschlandlied
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben schrieb während seines Aufenthaltes auf Helgoland das „Deutschlandlied“.
Er verfasste den Text ausdrücklich zur Melodie der alten Kaiserhymne „Gott erhalte Franz den Kaiser“ von Joseph Haydn (1797) (siehe: Haydnstraße).
„Bei der zweiten Strophe – ‚Deutsche Frauen, deutsche Treue, / deutscher Wein und deutscher Sang‘ – denkt er an seine Jugendliebe Henriette von Schwachenberg. Der Unerreichten widmet er denn auch das Lied.“8)
Auf Helgoland besuchte ihn am 28. August 1841 sein Hamburger Verleger Julius Campe (siehe: Julius-Campe-Weg), der ihm das Lied für 4 Louis d’Or abkaufte. Eine Woche später brachte Campe das „Lied der Deutschen so wie es damals hieß, heraus. Die erste Strophe drückte die Sehnsucht der Zeit aus nach einem geeinten Deutschland, jenseits fürstlicher Interessen, das sich im Gegensatz zum Heiligen Römischen Reich gegen Frankreich zur Wehr setzen könne.
Am 5. Oktober 1841 wurde das Lied auf dem Bürgersteig vor dem Streit’s Hotel am Hamburger Jungfernstief erstmals öffentlich gesungen, und zwar zu Ehren des sich damals im Hotel aufhaltenden liberalen badischen Politikers Carl Theodor Welcker (siehe: Welckerstraße). Gesungen wurde das Lied von Mitgliedern der Hamburger Liedertafel und der Hamburger Turnerschaft von 1816 unter der Begleitung einer Kapelle des Hamburger Bürgermilitärs und im Beisein von Hoffmann von Fallersleben.
Bis das Lied Nationalhymne wurde, dauerte es aber noch. Das Könighaus lehnte das Lied als zu republikanisch ab. Erst 1922 - in der Weimarer Zeit – bestimmte der damalige sozialdemokratische Reichspräsident Friedrich Ebert (siehe: Friedrich-Ebert-Straße; Friedrich-Ebert-Damm; Friedrich-Ebert-Hof; Ebertallee) das Lied mit allen seinen drei Strophen zur Nationalhymne.
Während der NS-Zeit bestand die Nationalhymne dann nur noch aus der ersten Strophe des Deutschlandliedes verbunden mit dem darauffolgenden Horst-Wessel-Lied, der Parteihymne der Nationalsozialisten.
Nach 1945 kam es zu einer Diskussion über die weitere Verwendung des Deutschlandliedes als Nationalhymne. Bundespräsident Theodor Heuss wollte eine neue Nationalhymne, konnte sich aber nicht durchsetzen. (siehe dazu unter: Theodor-Heuss-Platz). 1952 entschieden dann Bundespräsident Theodor Heuß und Bundeskanzler Konrad Adenauer (siehe: Adenauerallee), das Lied bleibt Nationalhymne, es wird aber fortan bei offiziellen Anlässen nur noch die 3. Strophe gesungen.
Nach der Wiedervereinigung 1991 kam es erneut zu einer Diskussion über die Nationalhymne. Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Helmut Kohl erklärten nun die dritte Strophe zur Nationalhymne des vereinten Deutschlands.
Hoffmann- von-Fallersleben und Antisemitismus
Der Historiker Felix Sassmannshausen schreibt in seinem für das Land Berlin verfassten Dossier über Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen in Berlin: „Von Fallersleben ist Verfasser des ‚Deutschlandliedes‘. Dessen dritte Strophe ist heute die Nationalhymne der Bundesrepublik. Die ersten beiden Strophen sind aufgrund ihres aggressiven Nationalismus und revanchistischen Gehalts nach dem NS verboten worden. Daneben verfasste von Fallersleben antijüdische Gedichte wie ‚Emancipation‘ (1840), ‚Das Lied von Sandomir‘ und Prosa. .“9) Sassmannshausen gibt die Handlungsempfehlung für den Umgang mit diesem Straßennamen: „weitere Recherche, Kontextualisierung, gegebenenfalls Umbenennung.“ 10)