Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Ebertallee

Bahrenfeld (1945): Friedrich Ebert (4.2.1871 Heidelberg – 19.6.1925 Berlin), erster Reichspräsident (1919-1925)


Siehe auch: Friedrich-Ebert-Straße
Siehe auch: Friedrich-Ebert-Damm
Siehe auch: Friedrich-Ebert-Hof

1913 wurde diese Straße nach der Stadt Lauenburg „Lauenburgstraße“ benannt. 1926 erhielt sie dann den Namen Ebertallee. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde die Straße 1933 in Horst-Wessel-Allee umbenannt und nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wieder rückbenannt in Ebertallee. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).

Die Straße könnte auch nach Eberts Ehefrau Louise mitbenannt werden. Als Friedrich Ebert nach der Novemberrevolution Deutschlands erster Reichspräsident wurde, übernahm Louise Ebert als erste Frau in Deutschland die Rolle der „First Lady." Louise Ebert musste einen Repräsentationsstil entwickeln, der einer Republik angemessen war. Sie wurde Schirmfrau der Deutschen Kinderhilfe. „Mit ihrem Engagement für soziale Einrichtungen begründete sie eine Tradition, der bis heute die Ehefrauen der Bundespräsidenten folgen.“ 8)

0585 Friedrichebert
Familienbild: Louise Und Friedrich Ebert mit ihren damals drei Kindern 1898; Quelle: Scan Maser, Friedrich Ebert, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Als Friedrich Ebert in der Bremer Brautstraße Pächter der Gastwirtschaft „Zur guten Hilfe“ wurde, ein Treffpunkt für Gewerkschafter und Sozialdemokraten, konnte er es sich finanziell leisten zu heiraten. 1894 feierte Ebert mit Louise Rump (23.12.1873 Melchiorshausen/Weyhe – 18.1.1955 Heidelberg) Hochzeit. Wenige Monate später kam das erste Kind zur Welt. Das Paar bekam vier Söhne und eine Tochter (1894, 1896, 1897, 1899 und 1900). Zwei Söhne wurden als Soldaten im Ersten Weltkrieg getötet.

Louise Rump kam aus ärmlichen Verhältnissen. Schon früh arbeitete sie als Jungmagd, dann als Hausangestellte und später als Kistenkleberin in einer Tabakfabrik. Hier wurde sie gewerkschaftlich aktiv. Sie kämpfte für bessere Arbeitsbedingungen und Lohngleichheit für Frauen und Männer. 1893 wurde sie 2. Vorsitzende im „Centralverband der in Holzbearbeitungsfabriken und auf Holzplätzen beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen“. Zwei Jahre zuvor hatte sie auf einer Gewerkschaftsversammlung der Textilarbeiterinnen ihren zukünftigen Ehemann Friedrich Ebert kennengelernt.

Nach der Heirat übernahm Louise Ebert die Arbeit in der Gaststätte, denn ihr Mann war wegen seiner Parteiarbeit für die SPD, deren Mitglied auch Louise war, sehr engagiert. Louise Ebert hingegen hatte für Partei- oder Gewerkschaftsarbeit keine Zeit. Sie führte den Haushalt, die Gastwirtschaft, in der sie auch selbstgekochte Speisen anbot, überstand Schwangerschaften und Kindsgeburten, zog die Kinder auf, versorgte ihren Ehemann und war ihm eine emotionale Stütze. Louise Ebert leistete also Basisarbeit für das Fortkommen ihres Gatten.

„Zu Ende des Jahres 1899, als Louise Eberts Gesundheit aufgrund der Doppelbelastung als Gastwirtsfrau und Mutter von fünf Kindern in eine Krise geriet, gab Ebert den Gastwirtsbetrieb auf und wurde hauptamtlich (…) als Arbeitersekretär (…) angestellt.“ 1)

Friedrich Eberts Einstellung zur Frauenfrage beantwortet Friedrich Winterhagen in seiner Biographie über Louise Ebert wie folgt: „Einerseits gibt es Belege dafür, daß Ebert die Mitbestimmung der Frauen innerhalb der SPD durchaus im fortschrittlichen Sinne unterstützte. Als im Jahre 1909 die Regelung erwogen wurde, daß den jeweiligen Vorständen auf jeder Ebene eine Frau angehören müsse (…), stimmte Ebert dem (…) voll und ganz zu. Dies, so sagte er, sei ‚eine Art parteirechtlichen Frauenschutzes‘, der gerechtfertigt sei, da für viele Ortsverbände der ‚sanfte Druck‘ sehr notwendig sei, damit sie ‚ihren kleinbürgerlichen Adam auch in dieser Hinsicht ausziehen‘. (…)

Auf der anderen Seite gebärdete er sich – besonders zu Hause – eher dominierend und patriarchalisch. (…) Bereits früher, im Jahre 1892, hatte Ebert in seiner Schrift ‚Die Lage der Arbeiter im Bremer Bäckergewerbe‘ (…) hervorgehoben, daß für die Sauberkeit in den Unterkünften die Frauen der Meister zuständig seien (…).“ 2)

Als nach der Novemberrevolution Friedrich Ebert Deutschlands erster Reichspräsident wurde, übernahm Louise Ebert als erste Frau in Deutschland die Rolle der „First Lady." In der Monarchie hatten diese Aufgabe Prinzessinnen und Königinnen gehabt. Nun musste Louise Ebert einen Repräsentationsstil entwickeln, der einer Republik angemessen war. „Die Familie zog in das Palais des Grafen Schwerin in die Wilhelmstraße ein. Anfänglich tat sie sich schwer mit ihrem neuen Status, so wollte sie zunächst gemeinsam mit dem Dienstpersonal essen. Sie kochte weiterhin selbst und ging einkaufen. Um die vielen repräsentativen Aufgaben wahrnehmen zu können, ließ sie sich von ihr nahestehenden Frauen beraten.“ 3) Louise Ebert setzte „unter scharfer Beobachtung der gehobenen Kreise, die den kaiserlichen Prunk kannten, unbeirrt von den Attacken der Republikgegner, (…) ihre eigenen Maßstäbe.“ 4)

Friedrich Winterhagen zitiert den damaligen Außenminister Friedrich Rosen, der über einen Abend mit Louise Ebert berichtete: „Frau Ebert, der Typ einer guten deutschen Bürgerfrau, saß in einer Sofaecke und nahm den Händedruck ihrer vielen Bekannten entgegen. Die Einfachheit ihrer Kleidung und Haartracht entsprach ihrer Vergangenheit als Gattin eines aus dem Arbeiterstande hervorgegangenen Abgeordneten. (…) In ihrem Benehmen war sie ebenso unbefangen wie anspruchslos. (…) In ihrer Unterhaltung suchte sie nicht die bescheidenen Stellungen, in denen sie sich als junges Mädchen befunden hatte, zu verschweigen. (…) Als sie dann später die Diplomaten und deren Damen, sowie andere Mitglieder der sogenannten ersten Gesellschaft, zu empfangen hatte, erregte sie allgemeinen Beifall durch ihre schlichte Art und das Geschick, mit dem sie die Unterhaltung mit den verschiedensten Personen zu führen verstand. (…)“ 5)

Und Max Liebermann (siehe: Liebermannstraße) äußerte sich über Louise und Friedrich Ebert: „Habe ihn (Ebert) oft besucht, ganz sans facon. Fabelhafter Kerl, gescheit, echt, temperamentvoll – in der Familie jähzornig -, ein Charakter. Wie er sich bei öffentlichen Empfängen zwischen seinen Feinden bewegte, harmlos und selbstverständlich, das hätte ihm keiner nachgemacht … Aber unsagbar häßlich. Habe zweimal Portraitauftrag abgelehnt. Frau Ebert war noch besser. War mal bei einer Gartengesellschaft beim Reichspräsidenten. Am Nebentisch saßen die Frau des englischen Botschafters, eine unerhört aristokratische ältere Dame, die holländische Gesandtin, und Frau Ebert. Man sprach von der berufstätigen Frau und der Fürsorge. Frau Ebert: ‚Ich kann mitreden, war selber jahrelang Stenotypistin.‘“ 6)

Elly Heuss-Knapp (siehe: Elly-Heuss-Knapp-Ring) urteilte über Louise Ebert 1920 in einem Brief an ihren Vater: „ (…) neulich war ich einen ganzen Nachmittag mit Frau Ebert, Präsidentin, zusammen. Du wärst ganz begeistert von so viel natürlicher Würde, Ruhe, sanfter Heiterkeit, natürlichem Verstand.“ 7)

Beate Borkowski schreibt: „Louise Ebert war Mitbegründerin der AWO (1919) und übte die Schirmherrschaft über die ‚Deutsche Kinderhilfe‘ aus. Mit ihrem Schutz für soziale Einrichtungen begründete sie eine Tradition, der bis heute die Ehefrauen der Bundespräsidenten folgen. Nach dem Tod von Friedrich Ebert blieb Louise Ebert sozial engagiert und nutzte ihre Bekanntheit als Präsidentenwitwe, um sozialen Anliegen Nachdruck zu verleihen.“ 8)

Nach dem Tod von Friedrich Ebert 1925 musste sie sofort aus dem Palais ausziehen und fand eine Wohnung in Berlin-Wilmersdorf. Ihre materiellen Verhältnisse waren damals zwar gesichert. Sie „erhielt in den ersten Jahren 500 RM Pension, den Höchstsatz der damaligen Beamtenpensionen (…). – Kurt Tucholsky hat damals scharfsinnig bemerkt, daß dieser Betrag zwar für Frau Ebert auskömmlich, aber für ‚die Frau des ersten Präsidenten der Republik‘ nicht ausreichend war, denn für wohlhabende Leute sei dieser Betrag ‚ein Benzingeld‘. Er schrieb in diesem Zusammenhang: ‚Von Frau Ebert ist nicht ein einziger Zug in die Öffentlichkeit gedrungen, der auch nur im entferntesten so peinlich berührt hätte wie die Hochnäsigkeit ostelbischer Gutsfrauen. Frau Ebert verdient eine Gabe der Republik. Sie wird sie nicht erhalten.‘

Allmählich schritt man aber doch zu einer bedeutenden Erhöhung ihrer Witwenbezüge. (…)“ 9) so Friedrich Winterhagen.

Louise Eberts Kinder waren nun „groß“ und gingen ihrer eigenen Wege. 1931 starb die Tochter, ein großer Verlust.

„Mit der Machtübernahme der Nazis waren sie und ihr Sohn Repressalien ausgesetzt. Eine erste Hausdurchsuchung der SA fand im April 1933 statt. Ihr Sohn Friedrich, der Leiter der ‚Brandenburger Zeitung‘ gewesen war, wurde in ihrer Wohnung verhaftet und kam in die Konzentrationslager Oranienburg, Bögermoor und Lichtenburg. Louise versuchte alles, die Haftentlassung ihres Sohnes zu erreichen. Louise zog von Wilmersdorf nach Treptow, wo sie ein Haus mietete. Dorthin kam auch Friedrich, der schließlich unter Auflagen freigelassen worden war. Ihre beiden Söhne wurden 1939 eingezogen. 1943 entschloss sie sich wegen der Bombardierungen zunächst nach Lahr im Schwarzwald zu Verwanden ihrer Schwiegertochter zu ziehen (…). 1945 zog sie nach Heidelberg, ebenso ihr Sohn Karl mit seiner zweiten Frau. Er wurde SPD-Landtagsabgeordneter in Stuttgart. Ihr Sohn Friedrich lebte in Potsdam und wurde SED-Mitglied und später Landtagspräsident in Brandenburg. (…) Sie starb 1955 an einem Herzinfarkt (…).“ 10)

1987 wurde in Weyhe eine Louise-Ebert-Straße eingeweiht.