Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Euckenstraße

Tonndorf (1951): Prof. Rudolf Christoph Eucken (5.1.1846 Aurich -15.9.1926 Jena), Philosoph, Nobelpreis für Literatur


Siehe auch: Regerstraße/Regerstieg

Vor 1951 hieß die Straße Marthastraße. In der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Gottscheer-Weg umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1951 bei Marthastraße und wurde dann umbeannt in Euckenstraße (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)

0723 Eucken
Prof. Rudolf Christoph Eucken; Quelle: via Wikimedia Commons

Eucken hatte eine enge Bindung zu seiner Mutter Ida Maria, geb. Gittermann (1814-1872). Sein Vater Ammo Becker Eucken – ein Postmeister – war bereits gestorben, als Eucken noch ein kleines Kind war.

Eucken studierte Philosophie, klassische Philologie und Alte Geschichte. Nach der Promotion war er Gymnasiallehrer in Husum und Berlin. Zwischen 1869 und 1871 „unterrichtete er Alte Sprachen und evangelische Religion am Städtischen Gymnasium Frankfurt am Main. Gleichzeitig beschäftigte sich Eucken weiterhin mit philosophiegeschichtlichen Fragen, insbesondere um Aristoteles und Thomas von Aquin..

1871 wurde er als Ordinarius der Philosophie und Pädagogik an die Universität Basel berufen; um Ostern 1874 folgte eine Professur für Philosophie an der Universität in Jena. Dort ernannte ihn 1891 der Klassisch-Philologische Verein zu Jena zum Ehrenmitglied. Die Professur in Jena behielt er bis 1920; einige Rufe anderer Universitäten lehnte er ab. (…) 1908 erhielt Eucken den Nobelpreis für Literatur ‚auf Grund des ernsten Suchens nach Wahrheit, der durchdringenden Gedankenkraft und des Weitblicks, der Wärme und Kraft der Darstellung, womit er in zahlreichen Arbeiten eine ideale Weltanschauung vertreten und entwickelt hat‘, wie es zur Begründung hieß.“ 1)

1882 wurde Eucken mit der siebzehn Jahre jüngeren Irene Passow (25.4.1863 Halberstadt – 18.9.1941 Jena) verheiratet. Das Paar bekam zwei Söhne und eine Tochter. Der Sohn Arnold wurde Chemiker, der Sohn Walter Nationalökonom. Die Tochter Ida Marie (1888 – 1943) wurde Konzertsängerin (Sopran) und trat u. a. mit Max Reger auf (siehe: Regerstieg und Regerstraße), einem Freund ihres Vaters. Ida Marie verlobte sich mit dem Pianisten und Komponisten Walter Jäger, mit dem sie gemeinsam auftrat, der aber an einer im Ersten Weltkrieg zugezogenen Verwundung verstarb. Ida Marie heiratete nicht wieder und bekam auch keine Kinder. Sie arbeitete in der Geschäftsstelle des Euckenbundes und im Kuratorium des Eucken-Hauses sowie bei der Herausgabe der Zeitschrift „Die Tatwelt“ mit.

Bei Irene Passow brach, nachdem ihre Kinder größer waren, „‘die alte Jugendsehnsucht nach künstlerischer Betätigung durch. Irene Eucken wurde Malerin. „Jahrelang gehörten nun ihre Vormittage (…) der Ausbildung in der Kunsthochschule Weimar, die übrige Zeit dem Haushalt und der Familie (…). Sie arbeitete (…) mit wachsendem Erfolg. Stilleben entstanden, Landschaften, Porträts – Bilder, mit denen sie allmählich das Lob wirklicher Kenner errang, daneben aber auch kunstgewerbliche Arbeiten‘“. 2) Sie stellte u. a. gemeinsam mit Ada Nolde (siehe: Noldering) und Ludwig Kirchner aus (siehe: Kirchnerweg).

Darüber hinaus führte Irene Eucken den für seine Gastfreundschaft gerühmten Professorenhaushalt. Solche Art der Geselligkeit wurde auch in anderen Häusern in Jena gepflegt. „Aus Briefen und Erinnerungen spricht der Wille, mittels Malerei, Kunst, Literatur, Musik sowie Aufgeschlossenheit gegenüber brennenden Zeitfragen ein ‚Gegengewicht gegen die Öde der konventionellen Geselligkeit‘ zu bilden. (…) Euckens beherbergten Ferdinand Hodler während seines Jena-Aufenthaltes 1908. (…) Der Wunsch nach Weltläufigkeit verband sich mit dem Reformgeist der Jahrhundertwende. Man glaubte an die friedliche Veränderbarkeit der Welt. Den allerdings ungebrochen traditionellen Rollenerwartungen entsprechend fiel den Frauen hier eine besondere Aufgabe zu. Nicht nur Irene Eucken, Anna Auerbach, Clara Rosenthal (…) brillierten in der Rolle der Gastgeberin (…).“ 3)

Im Jahre 1903 gründete Irene Eucken die Gesellschaft der Künstler und Kunst-freunde von Weimar und Jena.

Aber damit nicht genug. Hatte sie im Ersten Weltkrieg – wie viele bürgerliche Frauen in Deutschland - noch die Küche eines Lazaretts geleitet, gründete sie 1921 die Textil- und Kunstwerkstätten GmbH und ließ im Euckenschen Haus technische Anlagen für die Stickereiabteilung der GmbH einrichten. An diesen Maschinen fertigten Frauen nach den Entwürfen von Irene Eucken Stickereien an.
Irene Eucken war nicht nur Malerin, sondern auch Designerin für Kunstgewerbe und Mode. So hatte sie z. B. 1916 in Bremen eine „Ausstellung von Kleidern aus der Stickstube von Frau Eucken.“ Hierfür fertigte Kirchner drei Holzschnitte für den Katalog an.

Nach dem Tod ihres Mannes 1926 vermietete sie zwei Drittel des Hauses an die Universität Jena, die dort 1928 das Eucken-Haus, einen geistigen Mittelpunkt für ausländische Gelehrte und Studenten, einrichtete. Das Haus wurde auch zur Tagungsstätte für den Euckenbund, der sich der Erhaltung und Verbreitung des geistigen Erbes Rudolf Euckens widmete. Irene Eucken organisierte die Euckenbund-Tagungen, die bis 1938 durchgeführt wurden, und stellte ihre Kraft dem Rudolf-Eucken-Haus in der Botzstraße 5 zur Verfügung.