Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Gneisenaustraße

Hoheluft-West (1909): August Neinhardt von Gneisenau (27.10.1760 Schildau – 23.8.1831 Posen), preußischer Generalfeldmarschall, Heeresreformer, war Blüchers Stabschef, Freimaurer


Siehe auch die anderen Straßen im „Generalsviertel“ in Hamburg Eimsbüttel: Mansteinstraße, Wrangelstraße, Bismarckstraße, Tresckowstraße, Kottwitzstraße, Contastraße, Tegetthoffstraße, Goebenstraße, Wrangelstraße, Moltkestraße.

„Geboren als August Wilhelm Antonius Neithardt, waren Gneisenaus Eltern der Artillerieleutnant und Baumeister August Wilhelm Neidhardt (24. Januar 1734 in Reick - 6. Juni 1802 in Oppeln) und dessen Frau Marie Margarethe, geborene Müller (8. November 1738 in Würzburg - 22. Oktober 1761). (…) Der Vater diente im Siebenjährigen Krieg, ab 1759 als Offizier, im Reichs-Reserve-Artilleriepark des Obersächsischen Kreises der Reichsarmee gegen Preußen. Wie üblich, folgte ihm die Ehefrau im Tross. Als im Feldzug von 1760 die Reichsarmee Schildau vor den anrückenden Preußen räumte, blieb die Hochschwangere im Quartier zurück. Dort brachte sie Gneisenau zur Welt und erkrankte schwer. Im Winter 1760/61 genesen, schloss sie sich mit dem Sohn in der Gegend um Hof und Saalfeld wieder dem Tross an,“ 1) ist in Wikipedia nachzulesen.

In der Allgemeinen Deutschen Biographie heißt es dazu: „sie war dem Manne ins Feld gefolgt, mußte aber bei dessen Abmarsche nach Wittenberg und Leipzig in Schilda, wo ihre Niederkunft erfolgte, zurückbleiben; – als Friedrich II. nahte, floh sie mit einem Theil der Bagage des Reichheeres nach Oschatz, dann nach Chemnitz. Sie wurde mit anderen Kranken auf einen Bauerwagen gelegt, verlor die Besinnung und ließ das Kind, das sie im Arme gehalten, aus dem Wagen fallen. Ein Grenadier fand es bald, nahm es auf und brachte es am anderen Tage der wiedererwachten und verzweifelten Mutter, die den Gatten erreichte und mit ihm die Winterquartiere zwischen Hof und Saalfeld bezogen zu haben scheint. In Folge des Schrecks und der Anstrengungen der Reise starb die Mutter bald darauf; das Kind wurde einer Soldatenfrau übergeben und folgte dem Vater auf den Kriegszügen der letzten Jahre. Nach dem Frieden, vielleicht noch früher, heirathete der Vater zum zweiten Male, diesmal eine Person von geringem Stande, nahm als Hauptmann den Abschied und lebte als Geometer in Thüringen in dürftigen Umständen. Die Stiefmutter, die selbst mehrere Kinder hatte, behandelte den Knaben August schlecht; der Vater, schrieb G. später, sei auf Abenteuer in der Welt umhergeirrt, und er selbst habe als mutterloses, vom Vater nicht unterstütztes Kind barfuß in die Schule gehen müssen. – Die Großeltern in Würzburg hörten von der traurigen Lage des Enkels und nahmen ihn zu sich. Mit der Heirath der Tochter mit einem Protestanten waren sie als strenge Katholiken unzufrieden gewesen, erbarmten sich aber doch des mutterlosen Kindes.“ 2)

Gneisenaus Militärlaufbahn
Bereits 1983 forderte die SPD-Eimsbüttel, die Gneisenaustraße umzubenennen. Die Verkehrsfläche befindet sich im „Generalsviertel“, so benannt, weil dort viele Straßen nach ehemaligen Militärs benannt sind. In einer Broschüre mit dem Titel „Machen wir aus dem Generalsviertel ein Friedensviertel! Für Straßen des Friedens!“ schrieb die SPD-Eimsbüttel damals: „Wir wollen damit niemanden ärgern. Für uns ist dieser Vorschlag von wichtiger inhaltlicher Bedeutung. Wrangel, Moltke – und Mansteinstraße – dies sind keine Straßennamen wie viele andere. Bismarck, Goeben und Roon sind keine unbeschriebenen Blätter. Die Straßen des ‚Generalsviertels‘ sind benannt nach Politikern und Militärs, die u. a. für tausende und abertausende Kriegstote, die Unterdrückung von Freiheit und Demokratie mitverantwortlich zeichnen.“ 3)

Über Gneisenau heißt es in dieser Broschüre: „Bis zum Jahre 1806 führte Gneisenau ein für damalige Zeiten ganz normales Soldatenleben. Er begann dieses 1780, wechselte 1786 in preußische Dienste, wurde 1795 Kompaniechef. 1794/95 nahm er an der Niederschlagung polnischer Aufstände teil. 1806 nahm er an der Schlacht um Jena und Auerstedt teil – die Preußen wurden hier von Napoleon vernichtend geschlagen.

1807 organisierte er gemeinsam mit Nettelbeck [siehe: Nettelbeckstraße] den Widerstand in der Festung Kolberg, die bis zum Waffenstillstand gehalten wurde. Die bis zur Niederlage gegen Napoleon als unbesiegbar geltende Armee Preußens musste neu organisiert werden. Gneisenau kam mit den damals jungen Kräften für den Neuaufbau der preußischen Armee um Scharnhorst zusammen. Gneisenaus Vorstellungen lauteten wie folgt: Abschaffung des reinen Berufsheeres und damit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht; Errichtung militärischer Bildungsanstalten; feldmäßger Drill; Beachtung der Menschenwürde durch Abschaffung der Prügelstrafe.

Die Vorstellungen wurden vom preußischen König als ‚Poesie‘ bezeichnet und nicht verwirklicht.“ 4)
In der Rheinland-Pfälzische Personendatenbank heißt es zur Prügelstrafe: „Gneisenau war ein militärischer Reformer; u.a. gelang ihm 1808 die Abschaffung der Prügelstrafe; wurde daher Ziel von Angriffen konservativ-reaktionärer Kreise am Königshof (…).“ 5)

In der SPD-.Broschüre steht weiter über Gneisenau: „Er organisierte die Aufstellung der Landwehr und des Landsturms. Er hatte großen Anteil am Erfolg in der Völkerschlacht 1813 bei Leipzig gegen Napoleon und in der Schlacht um Paris 1814. Er half entscheidend mit, Napoleon 1815 bei Waterloo zu schlagen.

Die Überwindung der Monarchie durch eine Volksherrschaft – sprich Demokratie – kam für ihn nicht in Frage.
Auf dem militärischen Sektor trat er immer für eine offensive Kriegsführung ein, die die Vernichtung der gegnerischen Streitkräfte einschloss.

Mit Frankreich wollte er nie einen Versöhnungsfrieden, sondern immer einen Vergeltungsfrieden.“ 6)

Gneisenaus Eheleben
Nachdem Gneisenau Kompaniechef in Jauer geworden war, heiratete er 1796 die vermögende Karoline von Kottwitz (12.1.1772 Kauffung – 3.12.1832 Schmiedeberg). Das Paar bekam vier Töchter und drei Söhne. In der Allgemeinen Deutschen Biographie steht: „G. lernte in dem benachbarten Wölmsdorf eine verwittwete Frau von Prittwitz-Gaffron kennen, die aus erster Ehe mit Baron v. Kottwitz auf Kauffungen eine Tochter Caroline Juliane hatte, mit der er sich verlobte. ‚Das schöne Fräulein von Kottwitz‘, wie sie genannt wurde, war 24 Jahre alt, einfach und häuslich erzogen, hatte aber Sinn für die geistigen und künstlerischen Interessen ihres Gatten, so daß nach der Verheirathung ihr Haus bald ein Mittelpunkt der Geselligkeit wurde – ein musikalisches Kränzchen hat dort lange bestanden. (…) 1803 hatte er wegen gichtischer Beschwerden das Bad Landeck besucht, – dann kaufte er das Gut Mittel-Kauffungen, 3 Meilen von Jauer, das einst sein verstorbener Schwiegervater v. Kottwitz besessen, auf den Wunsch seiner Frau und mit deren geringem Vermögen, auch, wie er sagte, um die Mittel zu finden, die Zukunft seiner Familie sicher zu stellen. Für seinen Geist und seine Thätigkeit genügte die Compagnie nicht, er fand Freude an der Landwirthschaft und der Sinn für die Natur, den die Jugendjahre im schönen Würzburg in ihm geweckt, blieb ihm bis ins späte Alter. Seinem Freunde Siegling schrieb er damals: ‚Meine Frau hat ein ansehnliches Gut gekauft, das, wenn Gott gutes Wetter und tiefen Frieden schenkt, mich zum wohlhabenden Manne machen soll. Aber ich muß nun vom Ackerbaukatechismus bis zur neuesten Ackerbautheorie alles studiren‘. Dann erbittet er sich den Rath des Freundes wegen einer neuen Malzdarre, da auf dem Gute eine große Brauerei sei. Allein die Resultate seines Strebens waren auf diesem Gebiete nicht günstig, ihm fehlte es an Kapital und Erfahrung, vielleicht griff er zuviel auf einmal an, konnte auch von Jauer aus nicht alles selbst beaufsichtigen. Aber wenn er Urlaub hatte, genoß er das Glück des Landlebens, die Freude am selbständigen Schaffen, am eignen Besitz, die Unabhängigkeit des Lebens in vollen Zügen, und nie verließ ihn die Hoffnung hier seiner Familie eine Stätte gesicherter und glücklicher Existenz bereiten zu können.“7)