Fritz-Schumacher-Allee
Langenhorn (1920): Prof. Dr. Fritz Schumacher (4.11.1869 Bremen – 5.11.1947 Hamburg), Oberbaudirektor
Siehe auch: Gretchen-Wohlwill-Platz,
Siehe auch: Anita-Rée-Straße
Siehe auch: Brockhausweg
Siehe auch: Erbestieg
Siehe auch: Oelsnerring
Vorher hieß die Verkehrsfläche Weg 597.
„Wenn sie euch stören, reißt die Mauern nieder,
schafft euch erbarmungslos den nöt’gen Raum.
Was Menschenhand erschuf, das schafft sie wieder,
nur eines müßt ihr schonen, ehrt den Baum.“ (Fritz Schumacher, zit. nach Oelsner: Gedenkrede zur Enthüllung des Bronzereliefs für Fritz Schumachers am 25. Nov. 1952 im Kaminsaal des Bremer Rathauses.)

Der aus Bremen stammende Fritz Schumacher, Sohn der Kaufmannstochter Therese Schumacher, geb. Grote und des Juristen und Syndicus der Bremer Handelskammer Hermann Albert Schumacher, war Architekt, Stadtplaner und Schriftsteller.
Er hatte an den Technischen Hochschulen in München und Charlottenburg studiert, war von 1895 bis 1899 Mitarbeiter im Stadtbauamt in Leipzig gewesen, von 1899 bis 1909 Professor an der Technischen Hochschule Dresden, von 1920 bis 1923 Technischer Bürgermeister in Köln und von 1909 bis 1933 Oberbaudirektor in Hamburg.
Vanessa Hirsch schreibt in ihrer Rezension des Buches von Hartmut Frank „Fritz Schumacher“ u. a.: „Nach Hamburg kam Schumacher nicht unvorbereitet. Er hatte sich vor seinem Dienstantritt ein Jahr Urlaub ausgebeten, um Entwürfe für verschiedene städtische Bauaufgaben zu erarbeiten. Diese zum Teil noch von Neobarock beeinflussten Entwürfe orientierten sich stark an der Dresdener Architektur. In Hamburg stießen die Planungen, welche Naturstein- oder Putzfassaden vorsahen, auf Ablehnung. Der Hamburger Heimatschutz forderte von Schumacher, mit der Verwendung von roten, aus eisenhaltigem Ton gebrannten Ziegeln die niederdeutsche Bautradition aufzugreifen. Schumacher zeichnete seine Pläne neu und verwendete fortan für die Fassaden seiner Bauten dunkelrote Backsteine. (…) Auch die Vertreter der architektonischen Moderne, die unter der Ägide Schumachers Großwohnsiedlungen und Gewerbebauten schufen, hielten sich an diese Materialwahl. Daraus resultiert das noch heute wirkungsvolle einheitliche Stadtbild (,…).“ 1)
Schumacher blieb ledig und lebte mit seinen beiden Schwestern in einem Haus zusammen.
Bei einer Auktion ersteigerte er das 1855 erbaute Haus An der Alster 39 und ließ 1913 einen Portikus aus vier dorischen Säulen ans Haus bauen, so dass man vom ersten Stock, wo sich Schumachers Arbeitszimmer mit Blick auf die Alster befand, auf einen Balkon austreten konnte.
Über das Haus schrieb Schumacher 1935: „Eine seltsame Verkettung von Umständen machte wirklich am Alsterufer eines der im allgemeinen in unverrückbar festen Händen befindlichen Häusern frei und spielte sie bei der Versteigerung in meine Hand. So wurde ich mit dem Hause An der Alster 39 Besitzer eines kleinen, aber besonders schönen Fleckchens des Hamburger Stadtgebietes, und oft hat mich in Augenblicken der Mutlosigkeit der Blick auf die Schönheit, die ich von meinem Fenster aus sah, zu neuem Antrieb gebracht. Ich glaube, daß die Möglichkeit, vom Zeichentisch aus an dem Wechselspiel der Jahreszeiten und der Tagesstimmungen teilzuhaben, mir sehr wichtig geworden ist, denn die auf mir lastenden Pflichten ließen mir sonst keine Zeit, um mit der Natur in Verbindung zu bleiben, und doch kann gerade der schaffende Mensch das nicht entbehren, wenn er nicht verknöchern will.“ 3)
1942 übernahm der Architekt Gerhard Langmaack, der mit Schumacher befreundet war, das Haus. Schumachers Gesundheit hatte sich nach seiner Pensionierung rapide verschlechtert, so dass er das Treppensteigen nicht mehr bewältigen konnte. Schumacher zog mit seinen Schwestern nach Lüneburg.
In den 1920-Jahren, in einer Zeit der Wohnungsnot, entstanden viele Siedlungen, Schulen und andere staatliche Gebäude, die man heute noch als Fritz-Schumacher-Bauten erkennen kann: Backstein und Klinker in Verbindung mit neuen Baustoffen wie Beton, Ausschmückung der Gebäude mit Skulpturen und Brunnen und auch durch farbige Keramik. Hierfür engagierte Schumacher oftmals junge Künstlerinnen und Künstler. „Gerade angesichts der Knappheit der Mittel nach dem [Ersten Welt] Krieg hat Schumacher sich mit besonderen Programmen um die Förderung bildender Künstler bei der Ausgestaltung seiner Schulbauten verdient gemacht. (…)1933 wurde Schumacher von den Nationalsozialisten aus der ihnen wichtigen Schlüsselposition entlassen, obwohl er sie trotz innerer Distanz nie direkt bekämpft hatte,“ 2). Damit war Schumacher im Alter von 64 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden.
Fritz Schumacher wurde in der Zeit des Nationalsozialismus weder Mitglied der NSDAP noch „der Reichskulturkammer, weshalb ihm auch eine weitere Tätigkeit als freischaffender Architekt nicht möglich war. Nach 1933 betätigte er sich ausschließlich schriftstellerisch und war daher gezwungenermaßen Mitglied der Reichsschrifttumskammer. In seinem Buch ‚Strömungen in deutscher Baukunst‘ von 1935 etwa diskutierte Schumacher Lösungen für städtebauliche Aufgaben, wie z. B. Großwohnsiedlungen“, 4) schreibt Venessa Hirsch.
„Am 15. Juli 1937 wurde Fritz Schumacher von Bernhard Rust, Reichs- und Preußischer Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung auf Beschluss von Hermann Göring, und unter Mitwirkung von Albert Speer (alle NSDAP) als ordentliches Mitglied in die Preußische Akademie der Künste berufen. (…). Anlässlich seines 70. Geburtstages ehrte ihn Adolf Hitler 1939 mit der Goethe-Medaille. Von Konstanty Gutschow wurde Schumacher 1944 zu einer Tagung von Speers Wiederaufbaustab kriegszerstörter Städte nach Wriezen auf das Anwesen Arno Brekers eingeladen.“ 5)
Ein Frauenschicksal: Skulptur im von Fritz Schumacher geplanten Stadtpark
Als Fritz Schumacher den Hamburger Stadtpark plante, bat er 1910 die Bildhauerin Elena Luksch-Makowsky, geb. Makowsky (14.11.1878 in St. Petersburg - 15.08.1967 in Hamburg) eine Skulptur für den Stadtpark zu schaffen. Sie ist die einzige Bildhauerin, die im Stadtpark mit einer Skulptur aufwarten durfte.

Für den Stadtpark schuf Elena Luksch-Makowsky eine Fayenceplastik, die sie „Ein Frauenschicksal“ nannte. Die Plastik wurde später aus dem Stadtpark entfernt, um sie vor Vandalismus zu schützen und kam in die Hamburger Kunsthalle, wo sie jahrelang im dortigen Café Liebermann stand. Durch Initiative des Kunsthistorikers Dr. Christoph Schreiber konnte eine Replik dieser Plastik durch Spenden geschaffen werden, die im August 2019 im Stadtpark aufgestellt wurde. Eine sitzende Frau, die den Kopf der künstlerischen Inspiration in Gestalt eines Kuckucks zuwendet, der auf ihrer Schulter sitzt, während drei Kinder – 1911 war Elenas dritter Sohn Dimitrij geboren – vorsichtig aus dem Schutz der herabfließenden Gewänder der Mutter herausblicken. Die Arm- und Handbewegungen der Frau gehen vom Kuckuck aus und zu ihm zurück und trennen schroff die beiden Welten voneinander.
Schumacher beschrieb sehr einfühlsam: „Durch diese Kinder ist die Frau fest am Boden gebunden. Sie kann nicht schreiten, wohin sie will, sie kann sich nicht bewegen, wie sie mag, das Leben der Mutter wird durch anderes Leben am Erdboden gefesselt. ... Ihr Haupt aber kann sich frei bewegen. Oben im Geistigen ahnen wir noch eine zweite Welt. Sie lauscht dem Vogel mit einer Gebärde voll entsagungsvoller Sehnsucht.“ Unmittelbar vorher hatte Elena Luksch-Makowsky ein Aquarell zum selben Thema gemalt: „Die Frau zwischen den Kindern.“ Mit dem „Frauenschicksal“ endet 1912 ihre künstlerisch produktivste Zeit. Sie ist zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt.
„War es das Frauenschicksal, war es die fehlende Inspiration durch den Wiener Künstlerkreis, war es die zunehmende Entfernung von der russischen Heimat, die dazu führten, daß die künstlerische Spannkraft nachließ?“ 6) fragt Helmut Leppien in seinem lesenswerten Beitrag „Elena Luksch-Makowsky. Zwischen Bilderbogen und Stilkunst“. Ich meine, es geht hier nicht um „entweder / oder“, sondern um „und“. Die eingangs zitierten Worte Elena Luksch-Makowskys machen ebenso wie die Nachzeichnung ihres Lebenslaufes deutlich, dass die von Leppien genannten Motive allesamt Bestandteile dessen sind, was Elena Luksch-Mankowsky Frauenschicksal nennt und was sich auch heute, einhundert Jahre später, kaum geändert hat. Noch immer ist es zumeist die Frau, die ihren Ort verlässt, sich den beruflichen Gegebenheiten des Mannes anpasst und für die Familie verantwortlich ist. Was als Frauenschicksal erscheint, ist in Wahrheit ein Frauendrama und damit nicht unabänderlich.
Text über Elena Luksch-Makowsky: Brita Reimers