Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Häußlerstraße

Bergedorf/Lohbrügge (1964): Willi (Wilhelm) Häußler (18.4.1907-22.3.1945 Hamburg), Hafenarbeiter, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Stolperstein: Halbenkamp 16 (früher: Pestalozzistraße).


Der Wohnblock der Genossenschaft Produktion, genannt PRO-Block, wurde 1906 erbaut und galt seitdem in Barmbek als Hochburg der Arbeiterkultur. In diesem PRO-Block, in der Hinrichsenstraße (heute Brucknerstraße), wuchs Willi Häussler mit seinen Geschwistern Karl und Helmi auf. So verwundert es nicht, dass Willi Häussler sich schon in der Schulzeit mit Anhängern der linken und rechten politischen Szene auseinandersetzte und sich an zahlreichen Diskussionen beteiligte. (…) Schon in frühester Jugend trat Willi Häussler linksgerichteten Vereinen bei. So war er Mitglied der Kinderfreunde, der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) und trat im Alter von 18 Jahren der SPD bei. Auch bei dem 1924 gegründeten Reichsbanner, einem sozialdemokratischen Wehrverband, und der 1930 gegründeten Schutzformation, kurz „Schufo“, war er engagiert. (…). Die „Schufos“ wurden 1932 vom Reichsbanner aufgelöst, da sonst ein Verbot des gesamten Reichsbanners gedroht hätte. Doch 1933 lebte die „Schufo 10“ erneut auf, um Widerstand gegen die nationalsozialistische Herrschaft zu leisten. Hierbei schrieben die Mitglieder zum Beispiel antifaschistische Parolen auf Hauswände oder verteilten Flugblätter. Aufgrund seines Mitwirkens in der „Schufo 10“ erhielt Willi Häussler 1933 seiner „staatsfeindlichen Einstellung“ die Kündigung. Bis dahin war er bei einer Lagerhausgesellschaft angestellt, für die er als Kaiarbeiter im Hafen tätig war. Ein Jahr später ernannte ihn die „Schufo 10“ zum Leiter. Eine seiner Aktionen war die Verteilung von Konfirmationsglückwunschkarten, die zur Tarnung dienten, um Appelle gegen den Nationalsozialismus zu verbreiten.

Willi Häussler lebte mit seiner Frau Wilhelmine, genannt „Mimi“, vor seiner Verhaftung in der Pestalozzistraße 72 (heute Halbenkamp 16). Sie hatten eine gemeinsame Tochter, die zum Zeitpunkt der Verhaftung ihres Vaters fünf Jahre alt war.

Im Sommer 1936 lebte die Familie einige Wochen in ihrer Schrebergartenlaube. Bei der Rückkehr in ihre Wohnung berichteten Nachbarn ihnen, dass nachts zuvor die Gestapo da gewesen sei, um sie zu suchen. Daraufhin schlüpfte Willi Häussler bei einem Freund, einem ehemaligen KPD-Mitglied, unter, der in der Kegelhofstraße wohnte. Am 13. Juni 1936 flog das Versteck jedoch auf und Willi Häussler wurde von der Gestapo verhaftet. Seine Frau Mimi erinnerte sich an die Zeit: „Bis zu seiner Verhaftung seit dem ersten Besuch erschien die Gestapo Nacht für Nacht bei mir, um aus mir herauszubekommen, wo mein Mann sich aufhält. Mein Mann besorgte sich alle nötigen Papiere und Fahrkarten, um nach Dänemark fliehen zu können. Doch zwei Stunden vor der Abfahrt erfolgte die Verhaftung."

Der Prozess gegen Willi Häussler zog sich in die Länge, rund 45 weitere Personen waren darin involviert. Seine Verurteilung erfolgte schließlich am 13. Juni 1938. Zuerst wurde er zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt. Wenigstens wurde ihm ein Jahr seiner Untersuchungshaft angerechnet, so dass er schließlich sechs Jahre Haft im Zuchthaus Bremen-Oslebshausen verbüßen musste. Während dieser Zeit war es seiner Frau nur alle vier Monate gestattet, ihn zu besuchen. Seine Tochter erhielt zudem in ihrer Schulakte den Vermerk: „Vater politisch in Haft.“

Am 13. April 1943 wurde Willi Häussler entlassen und sofort an das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel überstellt. Dort blieb er bis Mai, um dann ins Gestapo-Lager Wilhelmsburg verlegt zu werden. Hier musste er bis zu seinem Tod Zwangsarbeit leisten.

Mimi Häussler konnte während der gesamten Haftzeit nur schwer ihre kleine Familie ernähren. Ab und zu gelang es ihr, eine Arbeitsstelle zu finden, die sie jedoch jedes Mal schnell wieder verlor. „Eine Unterstützung während der ganzen Haftzeit durch Freunde war so gut wie gar nicht möglich. Zweimal, bald nach der Verhaftung 1936, erhielt ich etwas Geld. Von der damaligen Wohlfahrtsbehörde erhielt ich keine Unterstützung. Nur dann sollte ich sie erhalten, wenn ich mich scheiden lasse. Erst musste ich Pflichtarbeiten für einen Lohn von 0,75 RM pro Tag verrichten, später leistete ich Fürsorgearbeit."

In das Gestapo-Lager Wilhelmsburg musste Mimi ihrem Ehemann regelmäßig frische Wäsche bringen. Dadurch konnten sich die beiden allerdings auch wieder öfter sehen. Zwei Wochen vor seinem Tod besorgte Mimi ihrem Mann Geld, Papiere und Lebensmittelkarten. Die Häftlinge wussten, dass der Krieg verloren war und dass sich ihr Schicksal bald entscheiden würde. Willi Häussler versprach, dass er zu fliehen versuchen würde, sollte er etwas von seiner geplanten Hinrichtung erfahren.

Am 22. März 1945 starb Willi Häussler bei der Zwangsarbeit in Wilhelmsburg. Seine Frau erhielt einen Todesschein, auf dem stand: „Bei Feindeinwirkung am 22. März 1945 im Lager Wilhelmsburg ums Leben gekommen.“ Seine Leiche wurde trotz eines Antrages nicht freigegeben.

Willi Häusslers Leichnam konnte 1946 in einem Massengrab in Harburg identifiziert werden. Daraufhin wurde sie am 2. November 1946 nach Wandsbek-Tonndorf überführt. 1968 setzten sich Bekannte und Angehörige dafür ein, dass seine sterblichen Überreste auf dem Areal der „Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ der Geschwister-Scholl-Stiftung auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt wurden.

Text: Carmen Smiatacz. Text entnommen www.stolpersteine-hamburg.de