Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Julius-Ertel-Straße

Wilhelmsburg (1949), nach dem Begründer der Firma Ertel, Bieber & Co.: Julius Carl Ludolf Ertel (2.6.1845 Breslau - 2.3.1922 Hamburg), Kupferhütte in Hamburg, Aufsichtsratsvorsitzender bei der Vereinsbank.


Siehe auch: Rudolfstraße

Früher hieß die Straße Erste Kanalstraße, benannt vor 1904.Sie wurde ein Jahr später, 1905, umbenannt in Julius-Ertel-Straße, Inhaber der Firma Ertel, Bieber & Co. Kupferhütte. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).
„An ihr stehende Wohnhäuser wurden von der Firma Ertel, Bieber & Co., Kupferhütte, Kleiner Grasbrook, gebaut. (…). 1927 wurde [die Straße] in Auerstraße umbenannt, wahrscheinlich nach dem sozialdemokratischen Politiker Ignaz Auer geb. 19.04.1846, gestorben 10.04.1907. Der Kupferhütte war das nicht recht. 1930 einigte man sich und nannte einen Teil der Straße Julius-Ertel-Straße, den anderen Auerstraße. 1933 wurden beide Namen aufgehoben. Sie hieß jetzt Blücherstraße.“ 1) Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde die Straße 1949 rückbenannt in Julius-Ertel-Straße.

In der Datenbank „Hamburger Persönlichkeiten“ heißt es über Julius Ertel: „Aus Breslau stammend, kam Julius im Alter von 26 Jahren in die Hansestadt und gründete dort 1872 zusammen mit Rudolph Bieber die Firma Ertel, Bieber & Co. Diese betrieb die Kommissionsgeschäfte mit verschiedenen Waren und importierte schwefelreichen spanischen Kies nach Deutschland - eine Tätigkeit, die 1881 zur Gründung der eigenen Kupferhütte Ertel, Bieber & Co. in Hamburg führte. Ertel war Mitglied in zahlreichen Aufsichtsräten, u.a. dem der Deutschen Dampfschiffahrts-Gesellschaft Kosmos, der Anglo-Continentalen (vormals Ohlendorff’schen) Guano-Werke und der Vereinsbank in Hamburg, welchem er von 1913 bis 1922 vorstand. Der Kunstliebhaber Ertel besaß eine Reihe von Gemälden, u.a. von Max Liebermann, und förderte junge Maler. Außerdem engagierte er sich in öffentlichen Ämtern: So gehörte er von 1887 bis 1892 der Handelskammer und von 1893 bis 1899 der Hamburger Finanzdeputation an.“ 2)
Im Klappentext seines Buches „Julius Carl Ertel. Ein Hamburger Industrieller“ schreibt Hans Joachim Schröder: „Als Direktor, später Alleininhaber einer Kupferhütte besaß Julius Carl Ertel in der Kaufmanns- und Handelsstadt Hamburg eine Sonderstellung. (…) seine entscheidende Bedeutung erlangte Ertel (…) nicht zuallererst als Betreiber einer Kupferhütte, sondern durch die weitreichenden Verbindungen, die er deutschlandweit mit zahlreichen anderen Firmen knüpfte. In den Aufsichtsräten dieser Firmen beteiligte er sich aktiv am Aufbau der expandierenden Wirtschaft der Gründerzeit.“ 3)

Julius Ertel war der Sohn des Kaufmanns Heinrich Carl Ertel und der Julie Ertel, geborene Westenholz. Sie starb bei der Geburt von Julius Ertel. Dieser wurde zunächst längere Zeit von Hauslehrern unterrichtet, bis er später das Gymnasium besuchte und dann eine kaufmännische Lehre in seiner Heimatstadt Breslau absolvierte. Da sein Vater das gesamte Vermögen „durchbrachte“, wurde Julius Ertel von seinem Onkel Fritz Westenholz aus Hamburg finanziell und in seinem beruflichen Fortkommen unterstützt.

1871 kam Ertel, der zuvor als Soldat im Deutsch-Französischen Krieg “gedient“ hatte, nach Hamburg und arbeitete zunächst in der Firma Dröge. 1872 gründete er mit Hilfe seines Onkels Fritz Westenholz und mit Gotthilf Rudolf Bieber eine Kommanditgesellschaft unter der Firma Ertel, Bieber & Co. Dazu schreibt Hans Joachim Schröder: Es wurden Kommission-Geschäfte getätigt, indem (die Firma) „dank persönlicher Beziehungen der Inhaber zu Handelsfirmen ihrer Kommanditisten, Fried. Westenholz & Co., Hamburg, und L. G. Dyes & Co. Bremen, kommissionsweise Geschäfte in den verschiedensten Importartikeln betrieb, gleichzeitig aber auch sich dem Export zuwandte und die mannigfachsten Artikel dieser Geschäftsbranche, von Nürnberger, sächsischen und thüringischen Spiel-, Papier-, Parfümerie-, Glas- etc. Waren bis zu Konsumartikeln wie Bier, Butter, Käse, Schinken usw. in Einzelsendungen und bis zu kombinierten Segelschiffs-Ladungen nach überseeischen Ländern, z. B. Mittel- und Südamerika, hinaussandte, wogegen dann von dorther als Gegenleistung Konsignationssendungen in Artikeln wie Tabak, Kakao, Kaffee, Nutzhölzer, Watte, Chinarinde etc. zurückkamen, welche kommissionsweise verkauft wurden.“ 4). Mit seinen Handelsaktivitäten nach Übersee in die dortigen Kolonien profitierte Ertel vom Kolonialismus. Die Geschäfte florierten, und so war Julius Ertel eine gute Partie, als er 1874 die damals 24 Jahre alte Margaret Sophie Hesse (27.12.1850 Altona – 5.11.1906 Reinbek) heiratete.

Noch vor seiner Hochzeit konnte Julius Ertel 1873 durch seinen Kommanditisten Dyes einen weiteren Geschäftszweig errichten. Durch Vermittlung Dyes erhielt die Firma Ertel Bieber & Co. die Deutschlandvertretung der Rio Tintoi Company Limited, die die Mutungsrechte am Rio Tinto-Bergbau in Spanien hatte, wo Schwefelkies abgebaut wurde, das aus Eisen, Kupfer und hauptsächlich Schwefel bestand. Schwefel und Kupfer wurden in der Industrie in den nachfolgenden Jahrzehnten stark gebraucht.

Schließlich wurde die Firma Ertel Bieber & Co. zu einer offenen Handelsgesellschaft und Julius Ertel konzentrierte sich immer mehr darauf, einen Kupferhüttenbetrieb in Hamburg zu gründen. Hier sah er ein großes Geschäft. Er pachtete im Hamburger Hafen auf dem Kleinen Grasbrook ein Gelände für seine Kupferhütte. In der Nähe davon befand sich das Werksgelände der Guano-Firma Ohlendorff & Co. Heinrich Ohlendorff (siehe: Heinrich-von-Ohlendorff-Straße). Mit Heinrich von Ohlendorff war Julius Ertel geschäftlich wie privat befreundet. 1881 wurde eine Aktiengesellschaft unter der Firma Ertel, Bieber & Co., Kupferhütte in Hamburg gegründet. Diese Gesellschaft kaufte „Kupfer und sonstige in kupferhaltigen Schwefelkiesen sowie anderen Erzen enthaltene Metalle an (…)“ 5), und verarbeitete und verkaufte die gewonnen Produkte.

In dieser Zeit der Firmengründungen und Firmenexpansionen bekamen Julius und Margaret Sophie Ertel vier Töchter, geboren 1875, 1877, 1879, 1881. Die letzte Tochter wurde also geboren, als die Kupferhütte ihren Betrieb aufnahm. Mit ihren Kindern unternahmen die Eltern viele Reisen und sie führten ihre Kinder an die Kunst heran, an der Julius Ertel sehr interessiert war. So kaufte er z. B. Werke von Max Liebermann (siehe: Liebermannstraße). Alle vier Töchter wurden standesgemäß verheiratet. Eine von ihnen: Carmen Ertel (1879-1929) erlernte einen Beruf, den der Krankenpflegerin. Sie galt als schwermütig und war seit 1906 mit dem Arzt Friedrich Theodor Odefey verheiratet. Nachdem sich Carmen Odefey 1929 das Leben genommen hatte, heiratete Friedrich Theodor Odefey Carmens Schwester Margaret Cecilie Ertel (1877-1957). Alle vier Ertel-Töchter bekamen von ihrem Vater Julius Ertel eine große finanzielle Mitgift mit in die Ehe.