Langbehnstraße
Bahrenfeld (1950): August Julius Langbehn (26.3.1851 Hadersleben – 30.4.1907 Rosenheim), Schriftsteller, Kulturkritiker.
Siehe auch: Boßdorfstraße
Siehe auch: Fritz-Reuter-Straße
Siehe auch: Klaus-Groth-Straße
Siehe auch: Ohnsorgweg
Vorher hieß die Straße Harderslebener Straße.
Auf der Website „Stadtgeschichte München“ steht über August Langbehn, nach dem auch in München eine Straße benannt ist: „Der Nationalist und Mitbegründer eines kulturpessimistischen Antisemitismus wurde vor allem mit seinem Buch Rembrandt als Erzieher bekannt [erschienen 1890, R. B.].
Langbehn wurde ein Gegner der Moderne und insbesondere aller modernen Wissenschaften. (…) Langbehns Gedankengut hatte starken Einfluss auf die Ausprägung von Antiintellektualismus und Antisemitismus in der deutschen Jugendbewegung. Der Kulturkatholizismus, der nach einer Vereinbarkeit zwischen Katholizismus und Nationalismus suchte, fand in Langbehn einen wichtigen Bezugspunkt. Sein Werk wurde auch in der Kunsterziehung des Nationalsozialismus wirksam. Seine Schriften erlebten, durch die Nationalsozialisten gefördert und in ihrem Anliegen aufgegriffen, gerade in dieser Zeit eine Renaissance. Besondere Bedeutung erlangte Langbehns antisemitisches Schlüsselwerk Rembrandt als Erzieher jedoch für die Niederdeutsche Bewegung. Die Schrift wurde mit ihrer Ineinssetzung von niederdeutschem Volksgeist und Kultur zu ihrem zentralen Dokument, steht der von Langbehn imaginierte niederdeutsche Menschentyp doch für den idealen Arier: ‚Indem der Autor Niederdeutsch gleichermaßen als rassisches Merkmal wie als kulturellen Raum bestimmt, lässt sich das Buch ... als ... quasi-religiöse Verheißung eines Niederdeutschtums lesen.‘“ 1)
Ingrid Schröder schreibt in ihrem Beitrag über „Niederdeutsch in nationalsozialistischer Perspektivierung. Die ‚Vereinigung Niederdeutsches Hamburg‘ als Exempel“ über Langbehn und zitiert dabei Ulf-Thomas Lesle, der sich mit Langbehn beschäftigt hat: „Vom ‚Lebenshabitus niederdeutscher Bäuerlichkeit‘ ausgehend, entwarf Langbehn die Trias Sprache – Volk – Führertum. Weil im niederdeutschen Menschen sich die ‚Kaltblütigkeit des Seemanns‘ mit der ‚Zähigkeit des Bauern‘ verbinde, befähige ihn seine ‚aristokratische Feldherrennatur‘ dazu, ‚Deutschland wieder deutsch zu machen‘. Langbehn aus Hadersleben in Schleswig-Holstein stammend, entwickelte eine Argumentation, in der nicht nur Schleswig-Holstein als deutsche Bastion gegen Dänemark stilisiert, sondern nationale Gesinnung mit ‚Niederdeutschtum‘ in einem Zusammenhang gebracht wurde. Zugleich wurde die niederdeutsche Sprache als Widerstandsform gegen eine zu bekämpfende Moderne interpretiert und eingesetzt.“ 2)
August Julius Langbehn war der Sohn von Maria Magdalena Theresia (1823–1883) Langbehn, geborene Boysen und des Gymnasialkonrektors Jacob Langbehn. Dieser verstarb, als August Julius 14 Jahre alt war. Seine Mutter wurde wegen einer psychischen Erkrankung seit 1873 im Hamburger Krankenhaus Friedrichsberg behandelt.
Nach dem Abitur studierte Langbehn Mathematik und Naturwissenschaften. Finanziell gelang ihm das durch die ihm gewährten Stipendien. Sein Studium setzte er in München fort, wo er noch Kunstwissenschaft und Klassische Archäologie belegte. Nach Reisen durch Italien, wo er sich als Hauslehrer und Kellner verdingte, promovierte er in München mit einer archäologischen Arbeit.
Langbehn begann weiterhin zu reisen; 1883 kam er nach Hamburg, im selben Jahr verstarb seine Mutter in der sogenannten Irrenanstalt Friedrichsberg in Hamburg; 1885 zog er nach Dresden.
„1889 nahm Langbehn Kontakt zu Franziska Nietzsche, der Mutter des geisteskranken Friedrich Nietzsche auf und wollte ihren Sohn durch eine Gesprächstherapie heilen. Auf einen früheren Huldigungsbrief hatte der noch gesunde Nietzsche nicht reagiert. Nach einem Anfall Nietzsches reiste Langbehn nach Dresden ab und verlangte brieflich von Nietzsches Mutter die Vormundschaft über den Kranken. Dies wurde durch Eingreifen Franz Overbecks verhindert. 1891 wurde Langbehn wegen angeblicher Verbreitung pornographischer Inhalte in seinem Gedichtband ‚40 Lieder von einem Deutschen‘ angeklagt. Daraufhin verließ er Dresden und zog nach Wien. 1900 konvertierte Langbehn zum Katholizismus. Maßgeblich beeinflusst war dieser Schritt durch den Bischof von Rottenburg Paul Wilhelm von Keppler und Langbehns Freund und späteren Biographen Benedikt Momme Nissen,“ 3) heißt es in Wikipedia.
Langbehn verdiente Geld mit journalistischen Arbeiten für die Zeitschrift „Kunstwart“ und für den „Hamburgischen Correspondenten“, 1890 kam sein Werk „Rembrandt als Erzieher“ heraus, welches innerhalb von zwei Jahren in 40 Auflagen erschien. Jörg Schilling schreibt dazu: „Für die Rezeption in der Hansestadt war mit ausschlaggebend, dass Langbehn in einer übergreifend-psychologisierenden Diktion den ‚gesunde(n) Sinn der Niederdeutschen‘ – prinzipiell durch Rembrandts Wirken versinnbildlicht und beispielsweise in den Arbeiten des Hamburger Oberingenieurs Franz Andreas Meyer [siehe: Andreas-Meyer-Straße] verkörpert – als treibende Kraft der Kulturreform ansah und Hamburg eine wichtige Rolle in diesem Prozess einräumte.“ 4)
Langbehn blieb zeit seines Lebens ledig. Seinem Wunsche gemäß wurde er in Puch unter der Edigna Linde begraben. Dazu schreibt Peter Bierl in seinem Artikel „Der völkische Prophet unter der Edigna-Linde“: „Tausend Jahre soll die Linde alt sein, die groß und mächtig den Friedhof von Puch prägt. Der Legende nach lebte in ihrem hohlen Stamm einst Edigna, Tochter des französischen Königs Heinrich I., einem Raubein, vor dem die keusche Prinzessin flüchtete, als der Vater sie vermählen wollte. Auf einem Ochsenkarren soll sie anno 1074 nach Puch gelangt sein und dort fortan als Einsiedlerin Wunder gewirkt haben. Gesicherte historische Daten gibt es über die Dame nicht, die als Schutzheilige vor Viehseuchen und Diebstählen gilt. In Puch wird Edigna bis heute verehrt, es gibt ein Festspiel und viele Frauen tragen diesen Vornamen.
Der berühmteste Edigna-Verehrer liegt im Schatten der Linde begraben: Julius August Langbehn, einer jener völkischen Propheten, die im Kaiserreich säten, was die Nationalsozialisten ernteten.“ 5)
Peter Bierl schreibt außerdem über Langbehn und im Besonderen über Langbehns Antisemitismus: „Langbehn beklagte den Verfall des geistigen Lebens und moralischer Werte. Die Demokratie lehnte er ab und favorisierte die Herrschaft einer Aristokratie. Die Deutschen definierte er als Angehörige der edelsten Rasse, der Arier, die ihr Blut gegen fremdes Blut durchsetzen müssten. (…). Die Preußen (…), die im neuen Deutschen Reich den Ton angeben, hielt Langbehn für verdorben durch Blutmischung mit Slawen und Juden. Solche rassistischen Vorstellungen durchziehen das Werk, damit traf er den Nerv vieler Zeitgenossen.
Seine Haltung gegenüber den Juden scheint ambivalent. Einigen wenigen attestierte Langbehn eine Unverdorbenheit wie den Niederdeutschen. Die Masse hielt er hingegen für geldgierig und heimtückisch. (…)
Es bleibt die Unterscheidung zwischen ein paar ‚guten‘, weil vornehmen, orthodoxen Juden und den ‚heutigen Durchschnittsjuden‘. Diese seien Ekel erregend und dem Teufel verfallen. (…)
Wer heute gegen die Lügenpresse hetzt, findet dort Munition. Als Drahtzieher machte Langbehn die Juden aus, sie würden die Presse, die Literatur und die Bildung kontrollieren, als Börsenjobber das deutsche Volk auswuchern und die Bauern um ihr Land prellen.
Dieses ‚Synagogengeschmeiß‘ vergifte Deutschland, sie seien wie ‚Pest und Cholera‘ und müssten darum entrechtet, ins Ghetto zurück geschickt, vertrieben oder vernichtet werden. (…) Der Text ist beispielhaft für den eliminatorischen Antisemitismus, der im Kaiserreich grassierte und den die Nationalsozialisten verwirklichten.“ 5)
In Fürstenfeldbruck, in dem sich der Ortsteil Puch befindet, wo Langbehn begraben ist, gibt es auch eine Langbehnstraße. Der in Fürstenfeldbruck vom dortigen Stadtrat 2013 initiierter Arbeitskreis zur möglichen Umbenennungen von belasteten Straßennamen prüfte auch die Langbehnstraße. „2015 stimmten der Arbeitskreis sowie der Kultur- und Werkausschuss des Stadtrats jeweils einstimmig für eine Umwidmung der Langbehnstraße. Gegen diese Entscheidung protestierten zahlreiche Anwohner der Straße, bei einer Pucher Bürgerversammlung im Jahr 2016 verteidigte die Mehrheit der Anwesenden die Person und das Schaffen Langbehns gegenüber Vertretern des Stadtrats und drückte ihren Unmut aus.
2018 entschied sich der Stadtrat endgültig gegen eine Umbenennung und stimmte für das Anbringen einer erklärenden Informationstafel in der Straße.“ 6)