Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Liliencronstraße

Rahlstedt (1950): Detlev Freiherr von Liliencron (3.6.1844 Kiel - 22.7.1909 Alt-Rahlstedt), preußischer Offizier, Schriftsteller.


Siehe auch: Wiebkestieg
Siehe auch: Pogwischrund
Siehe auch: Pidder-Lüng-Weg
Siehe auch: Eilersweg
Siehe auch: Heinrich-Schulz-Weg

Von 1928 bis 1950 hieß die Straße teilweise Hebbelstraße.

Nach dem Schriftsteller Detlev von Liliencron ist in Alt-Rahlstedt deshalb eine Straße benannt worden, weil er 1901 dorthin mit seiner Frau Anna, geb. Micheel und den beiden Kindern Abel und Wulff in ein Haus in der Bahnhofstraße 39 zog. Hier starb er am 22.7. 1909 infolge einer Lungenentzündung.

Über Liliencrons behandelte literarische Themen heißt es in der Neuen Deutschen Biographie: „Tatsächlich sind beinahe alle Themen, Stoffe und Motive seiner Dichtung, Naturerleben und Natursymbolik, Mythologie, Geschichte, erotische Episoden, phantastische Exkurse, Träume, Notizen und Berichte, Kriegsdarstellung und anderes mehr in bunter Mischung, ohne strenge Komposition hier versammelt und bald ernst-pathetisch, bald ironisch-satirisch in formaler Mannigfaltigkeit gestaltet.“ 1)

In der Datenbank „Hamburger Persönlichkeiten“ steht über Liliencron: „Detlev (eigentlich Friedrich Adolph Axel Freiherr) von Liliencron, (…) [war der], Sohn des dänischen Zollbeamten Louis von Liliencron und der Generalstochter Adeline von Harten. Nach militärischer Laufbahn 1878 bis 1886 im preußischen Verwaltungsdienst in Schleswig-Holstein tätig, danach als freier Schriftsteller, (…). Erste Heirat 08.10.1878 mit der Oberstleutnantstochter Helena von Bodenhausen (Ehe 1885 geschieden), zweite Vermählung 02.11.1887 mit der Gastwirtstochter Auguste Brandt (geschieden 1892), dritte Eheschließung 23.03.1900 mit der Bauerntochter Anna Micheel. Als Lyriker bedeutender Vertreter des deutschen Impressionismus mit Themen aus dem Offiziersleben, bekannt auch durch seine Balladen über norddeutsche Sujets und Erzählungen aus dem Arbeitsalltag der Großstadt Hamburg. 1909 Ernennung zum Ehrendoktor der Universität Kiel.“2)

Ausführlicher heißt es in Wikipedia über Liliencrons Werdegang u. a. : „Nachdem er die Ausbildung am humanistischen Gymnasium (…)) ein Jahr vor dem Abitur abgebrochen hatte, absolvierte Liliencron die Realschule in Erfurt und trat 1863 in die Berliner Kadettenanstalt ein. Sein Wunsch, Kavallerieoffizier zu werden, scheiterte an fehlenden finanziellen Mitteln. Als preußischer Infanterieoffizier nahm er am Deutschen Krieg (1866) und Deutsch-französischen Krieg (1870/71) teil, wo er mehrfach ausgezeichnet wurde, seine jugendliche Kriegsbegeisterung freilich einbüßte. Wegen Glücksspiels und der daraus resultierenden Schulden (von denen er auch später nie loskam) war er gezwungen, den aktiven Militärdienst, erstmals 1871 und 1875 dann endgültig, im Rang eines Premierlieutnants (Oberleutnant) zu quittieren.“ 3)

In dieser Zeit hatte Liliencron die zehn Jahre jüngere Helene von Bodenhausen (1854-1932) kennengelernt und sich in sie heftig verliebt. Doch beide waren unvermögend und so durften sie nicht heiraten.

1875 ging Liliencron nach Amerika, wo er als Klavier- und Sprachlehrer arbeitete, kehrte aber schon 1877 zurück nach Deutschland. „Auf Initiative seines Vaters hin wurde er weitgehend rehabilitiert (Erhalt einer kleinen Militärpension und Verwundetenzulage).“ 4)

„Kaum war Liliencron in Deutschland, da näherte er sich auch – im Juni 1877 – wieder Helene von Bodenhausen. Ihr Vater war inzwischen gestorben, die Schwester Toska verheiratet, und in Görlitz verlobten sich nun die beiden – (…). Nach all der Sehnsucht der sechs Jahre, in denen Liliencron doch ab und zu Nachricht von ihr bekommen hatte, war er nun überglücklich, wenn er sich auch darüber klar war, daß an eine rasche Heirat nicht gedacht werden konnte. Von seiner kleinen Wohnung in der Neuen Straße Nr.3 (der jetzigen Danziger Straße) in Hamburg-St.Georg, dann von seinem Zimmer in der Grindelallee 158 schrieb er nach allen Seiten um Anstellung. Gern wäre er in den russisch-türkischen Krieg gezogen, wenn er die Mittel dazu hätte aufbringen können. Schließlich entschloß er sich, Musiklehrer zu werden und zunächst ein paar hundert Taler für die Ausbildung zusammenzuleihen. Am 18. Dezember des Jahres folgte die öffentliche Verlobung,“ 5) schreibt Heinrich Spiero.

1878 heiratete das Paar und zog in eine kleine Wohnung im Hamburger Stadtteil St. Georg. Doch wegen der vielen Schulden und der geringen finanziellen Einkünfte kam es später zur Ehescheidung.

Um Geld zu verdienen, nahm Liliencron 1879 eine Anstellung in der Verwaltung an und wurde als Stellvertreter des Landrates auf die Insel Pellworm geschickt.1883 avancierte er zum Kirchspielvogt in Kellinghusen (Holstein). Doch Liliencron blieb weiterhin hoch verschuldet – er liebte das Spiel und das gute Leben. Und so kam es, dass seine Dienstbezüge verpfändet wurden und er aus dem Staatsdienst ausscheiden musste. In dieser Zeit kam es 1885 zur Scheidung von Helene von Bodenhausen.

Detlev von Liliencron widmete sich fortan ganz der freien Schriftstellerei und war immer wieder verschuldet und auf finanzielle Unterstützung angewiesen.
Als er in Kellinghusen lebte, ward „Ein Trost im Elend (…) das Leben mit Augusta Brandt. [gestorben ca. 1904] Liliencron hatte das schöne junge Mädchen in Hamburg bald nach der Trennung von Helene kennen gelernt, sie aus trüben Verhältnissen herausgenommen und als Haushälterin in sein Haus geführt. Schlank, mit dunklen, großen Augen unter reichem Haar in dem schmalen Gesicht, war Augusta Brandt eine reizvolle Erscheinung, und ihre klare Handschrift erleichterte Liliencron die Arbeit; Augusta verrichtete ihm Schreiberdienste, und die ‚Schreibhefte und ABC-Bücher des kleinen Detlev‘, die Skizzen und Gedichtbücher, die er seit der Hamburger Zeit regelmäßig führte, wurden nun ebenso wie mancher Brief vielfach von ihrer Hand abgeschrieben und ergänzt – besonders traf das die Dramen,“ 6) berichtet Heinrich Spiero.

Nachdem Liliencron ernstlich erkrankt gewesen war und Augusta Brandt ihn damals aufopferungsvoll gepflegt hatte, heiratete Liliencron sie 1887. Und wieder war auch in dieser Ehe Schmalhans Küchenmeister.

In einer Denkschrift an seinen Freund Friedrichs klagte Liliencron über seine Not, von der natürlich auch seine Ehefrau betroffen war. Kinder waren glücklicherweise nicht auch noch betroffen, denn Liliencron hatte mit seinen bisherigen zwei Frauen keine Kinder bekommen.

Dazu Heinrich Spiero: „Und niemand konnte wirklich helfen. Hermann Heiberg hatte vordem wenigstens Liliencrons Gattin für einige Zeit im Hause von Frau Ida Boy-Ed [siehe: Ida-Boy-Ed-Straße] in Lübeck untergebracht; aber das war nur ein vorübergehender Notbehelf, und Liliencron sah immer noch keine Aussicht, aus den fortwährend drückender werdenden Verhältnissen bei allem großen, großen Fleiß herauszukommen. Dazu wanderte manche Skizze doch von Schriftleitung zu Schriftleitung, ohne Annahme zu finden.“7)

Dann bot sich für Liliencron die Gelegenheit, einige Zeit in München zu leben, ohne seine Ehefrau. Dort genoss er die Zeit, kehrte 1891 aber zurück nach Norddeutschland, diesmal nach Ottensen. Mit seiner Ehefrau Augusta zog er erst gar nicht zusammen, denn das Ehepaar harmonierte nicht mehr. Außerdem war Liliencron in München „fremdgegangen“, was bei Augusta Liliencron zur Eifersucht führte. „Es kam zu erschütternden Auseinandersetzungen, zu einem lauten und wieder lautlosen Ringen umeinander; aber schließlich ward getrennt, was nicht mehr zusammenhalten konnte, und im Jahre 1892 Liliencrons zweite Ehe geschieden, nachdem Liliencron Augusta durch einen Teil seines Ruhegehalts einigermaßen sichergestellt hatte.“ 8)

Nach der Scheidung von Augusta zog Liliencron 1892 nach Altona an die Palmaille 5. „bei Fräulein Elise Rehburg, der Verfasserin eines erfolgreichen Epos ‚Konrad‘, mietete er zwei Hinterzimmer, das eine, etwas größere, ausgestattet mit den Möbeln der Hausfrau, bei der Liliencron auch seine Mahlzeiten am Pensionstisch einnahm, das andere, schmal wie ein Handtuch, mit Liliencrons eignen Möbeln gefüllt.(…).“ 9)

Über Liliencrons Verhalten gegenüber Frauen äußerte sich Heinrich Spiero im Jahr 1913 ganz den damaligen Wertevorstellungen folgend, was einen galanten und höflichen Mann dem weiblichen Geschlecht gegenüber ausmacht: „Immer war ihm die Frau nur Frau, das heißt, er sah in ihr zuerst das dem Mann entgegengesetzte und den Mann ergänzende Wesen. Mit einer Frau so zu sprechen wie mit einem Mann, wäre ihm nie eingefallen, er lehnte es geradezu ab. Sein Ton gewann, sowie eine Frau zugegen war, sofort an Schmiegsamkeit, Feinheit, Vornehmheit; er vermied es, dann noch über Literatur, Geschichte, Kunst zu sprechen – seltene Ausnahmen bestätigen nur die Regel – er lenkte sofort in ganz persönliche, heitere Gespräche hinüber, machte in höchst anmutiger Art den Hof, sagte Schmeicheleien, auch wenn er an Eroberung gar nicht dachte, und bewegte sich, noch in der traurigsten Lebenslage, mit vollendeter Ritterlichkeit. Außerordentlich leicht entflammt, hatte er von der Posener Zeit an unzählige Liebeshändel erlebt, und erst der tiefe Eindruck seiner ersten wirklichen Leidenschaft begann ihn zu wandeln. Jetzt trat von Jahr zu Jahr bestimmter neben die Freude an dem leicht gebundenen und leicht gelösten Minnespiel die Sehnsucht nach dem festumrankten Frieden der Ehe, nach einem Ideal, das ihm zweimal in die Brüche gegangen war. (…).“ 10)

Liliencron verfolgten die Schulden weiterhin, und er versuchte 1898, mit Vortragsreisen etwas Geld zu verdienen. Auch schloss er sich dem literarischen Kabarett Überbrettl an, um damit ebenfalls Geld verdienen zu können.

1899 heiratete er zum dritten Mal, diesmal die 22 Jahre jüngere Anna Micheel (23.3.1866-1945), Tochter eines Großbauern aus der Itzehoer Marsch. Durch die Bekanntschaft mit Elisabeth Förster-Nitzsche, der Schwester von Friedrich Nietzsche, die Liliencron 1899 erstmals geschrieben und Liliencron, als er 1900 Gast in Weimar gewesen war, der dortigen Hofgesellschaft vorgestellt hatte, wurde er in die Lage versetzt, zu heiraten, denn Elisabeth Förster-Nietzsche hatte ihm zugesichert gemeinsam mit Graf Harry Kessler und Fräulein Elise König, die Miete für eine Wohnung zu übernehmen. Und „so zog Liliencron am 1.April 1901 mit Frau Anna, Abel und dem gerade ein Jahr vorher geborenen Sohn Wulff Kai Benedictus Wittekopp nach Alt-Rahlstedt.“ 11)

Finanziell ging es Liliencron nun besser. Die Miete für die Wohnung wurde bezahlt, und er bekam noch „von Kaiser Wilhelm II. ein jährliches Ehrengehalt von 2.000 Goldmark. Zugleich erreichte sein Ruhm als Dichter einen Höhepunkt. Zu seinem 60. Geburtstag 1904 wurde er mit einer deutschen und österreichischen Festschrift geehrt, an der sich die bekanntesten Schriftsteller der Zeit beteiligten (…).“. 12).

Seine nun große Bekanntheit führte aber auch dazu, dass immer mehr Menschen nach Alt-Rahlstedt zu ihm kamen, um ihn sprechen zu wollen. Hier setzte nun Anna von Liliencrons Wirken ein. Dazu schreibt Heinrich Spiero: „Die feine und stille Frau, die er heimgeführt hatte, barg ihm im Hause ‚liebesstill und liebessicher‘ Ruhe und Frieden; er fühlte mit Gewißheit, daß sie ‚der Segen seines Lebens‘ war im Großen und Kleinen. Sie wußte alles Störende fernzuhalten, zumal seitdem Liliencron in der letzten Wohnung sich oben zwei eigne Zimmer geschaffen hatte, in die sich das Leben des häuslichen Tages nicht zu verirren brauchte. (…).“ 13)

1908 verfasste Liliencron den autobiographischen Roman 'Leben und Lügen. Ein Jahr später wurde ihm „zu seinen 65. Geburtstag die Ehrendoktorwürde der Universität Kiel verliehen. Seine letzte Reise führte ihn zu den Schlachtfeldern des Deutsch-französischen-Krieges. Liliencron starb kurz darauf an einer Lungenentzündung. Sein Grab befindet sich auf dem Rahlstedter Friedhof.“ 14)

Liliencron und Antisemitismus
Der Historiker Felix Sassmannshausen schreibt in seinem für das Land Berlin verfassten Dossier über Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen in Berlin: „Es gibt Hinweise auf antisemitische Motive bei von Liliencron.“15) Sassmannshausen gibt die Handlungsempfehlung für den Umgang mit diesem Straßennamen: „Dünne Quellenlage, Recherche, Forschung, gegebenenfalls Kontextualisierung. “ 16)