Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Hohenzollernring

Ottensen, Othmarschen (vor 1922, dann wieder 1933): nach dem Adelsgeschlecht der Hohenzollern.


Diese Verkehrsfläche wurde gleich nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten benannt. Zuvor hieß ein Teil dieser Straße Bebelallee, ein anderer Teil Von-Elm-Straße und ein weiterer Teil Legienstraße. Die Benennung nach diesen drei Sozialdemokraten erfolgte 1922 in der Zeit der Weimarer Republik, indem der damals schon bestehende Hohenzollernring nach diesen drei Personen umbenannt wurde. Die Umbenennung in der Weimarer Zeit erfolgte in Altona also aus politischen Gründen: Namen von Monarchen sollten durch Namen von demokratischen Politikern ersetzt werden. „Auf Beschluß der Städtischen Kollegien wurden der Kaiser- und Kronprinzenplatz sowie die Kaiser- und Kronprinzenstraße und der Hohenzollernring umbenannt. An die Stelle der ersten vier Namen traten der Reihe nach Platz der Republik, Spritzenplatz, Museumstraße und Erzbergerstraße und an die Stelle von Hohenzollernring drei nach Sozialdemokraten benannte Straßen (Legienstraße, Von-Elm-Straße und Bebelallee).“ 1)
Ebenfalls aus politischen Gründen wurden die oben aufgeführten drei Straßennamen in Altona 1933 nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten umbenannt in Hohenzollernring. Eine Rückbenennung nach dem Ende des Nationalsozialismus in die drei oben aufgeführten Straßennamen erfolgte nicht, da es in anderen Hamburger Stadtteilen ebenfalls Verkehrsflächen mit denselben Namen gab: Bebelallee 1922 in Alsterdorf, umbenannt in der NS-Zeit, rückbenannt 1945; Legienstraße 1947 in Horn; Von-Elm-Weg 1927 in Horn, umbenannt in der NS-Zeit, rückbenannt 1945.

Laut Wikipedia war das Geschlecht der Hohenzollern: „eine der bedeutendsten Dynastien in der Geschichte Deutschlands. Das nach seinem Stammsitz, Burg Hohenzollern in Schwaben, benannte Fürstengeschlecht stellte mit seinem fränkischen Zweig seit 1192 die Burggrafen von Nürnberg, seit 1415 die Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg, seit 1618 die Herzöge und seit 1701 die Könige von Preußen sowie von 1871 bis zum Ende des Deutschen Kaiserreichs im Jahr 1918 die Deutschen Kaiser.“ 2)

Da die Straßennamenbenennung in der Zeit des Nationalsozialismus vollzogen wurde und dabei drei Straßennamen umbenannt wurden, deren Straßennamensgeber demokratische Politiker gewesen waren, soll im Folgenden auf die aktuell geführte Diskussion um die Unterstützung des nationalsozialistischen Regimes durch dieses Adelsgeschlecht eingegangen werden.

Diese Diskussion wird geführt, weil Georg Friedrich Prinz von Preußen von der Bundesregierung und den Bundesländern Berlin und Brandenburg die Rückgabe von Kunstgegenständen und ein Wohnrecht im Schloss Cecilienhof in Potsdam einfordert.

Das Museum Huis Doorn hat eine lesenswerte Schrift zu dieser kontroversen Diskussion verfasst. Kaiser Wilhelm II. lebte nach seiner Abdankung von 1920 bis zum seinem Tod 1941 im Schloss Huis Doorn.

3287 Kaiserpaar Im Haus Doorn
Der abgedankte Kaiser Wilhelm II und seine Gattin Hermine im Exil im Huis Doorn /Niederlanden, 1933; Quelle: Bundesarchiv, Bild 136-C0805 / Tellgmann, Oscar / CC-BY-SA, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Kaiser Wilhelm II. und seine zweite Ehefrau Hermine
Jacco Pekelder, Joep Schenk und Cornelis van der Bas stellen in ihrer für das Museum Huis Doorn verfassten Abhandlung „Der Kaiser und das ‚Dritte Reich‘“ folgende Fragen, die sie in ihrem Buch nachgehen: „Bekannt ist, dass der Kaiser sich lange nicht mit dem Verlust des Throns abfinden wollte, und verschiedene seiner Anhänger in Deutschland unterwegs waren, um seine Interessen dort zu vertreten. Auch wissen wir, dass Hermine [17.12.1887 Greiz – 7.8.1947 Frankfurt/Oder, zweite Ehefrau von Wilhelm II.] mehrfach nach Deutschland reiste, um sich für die Wiedereinführung der Monarchie starkzumachen. Wie sehr brachte das den Ex-Kaiser und seine ‚Kaiserin‘ in die Nähe der Nationalsozialisten, und wie reagierten sie später nach der Machtübernahme durch Hitler, auf die Exzesse des Regimes, soweit diese damals schon erkennbar waren?“ 3)

Die Autoren konstatieren: „Ende der 1920er Jahre erschien dem Kaiser die NSDAP als die beste Option, um wieder auf den Thron zu gelangen. (…) durch die Vermittlung von Levetzows [ehemaliger Marineoffizier Magnus von Levetzow, 1871-1939] und des Hausministers Leopold von Kleist (18721946) sowie durch das geschickte networking Hermines [kam es] zu direkten Gesprächen mit einigen Nazigrößen. Die prominentesten Begegnungen waren dabei wohl zwei Besuche Hermann Görings in Huis Doorn am 18./19. Januar 1931 und am 20./21. Mai 1932. Zwischendurch kam es am 18. November 1931 in Berlin auch zu einer direkten Begegnung zwischen Hermine und Hitler (…).“ 4)

Nach den Gesprächen war Wilhelm II. von der Unterstützung durch die Nationalsozialisten überzeugt. Als er dann aber einen Brief schrieb, in dem er Kritik an den Nationalsozialisten geübt hatte und dieser in die Hände von Göring fiel, war es vorbei mit der angeblichen Unterstützung, die, wie Wilhelm II. dann auch feststellen musste, keine solche war, denn Hitler hatte nie an eine Wiederherstellung der Monarchie gedacht.

Die Autoren der oben genannten Schrift kommen zu dem Schluss, „dass für Wilhelm II., Hermine und deren Gefolge vor allem Opportunismus eine Rolle bei ihrer Annäherung an die Nationalsozialisten gespielt hat. Von einer Identifikation mit dem Programm des Nationalsozialismus scheint dagegen weniger die Rede gewesen zu sein. Natürlich teilten der Kaiser und seine Parteigänger eine Reihe von Feindbildern mit Hitler: die Republik, die Demokratie oder auch linke und liberale politische Bewegungen, Gleichzeitig hegten sie jedoch auch Vorbehalte gegen bestimmte Aspekte des Nationalsozialismus. Vor allem der ‚Sozialismus‘, der Appell, den Hitler an die ‚Instinkte der Massen‘ (Elias Canetti) richtete, gefiel ihnen nicht und weckte vielleicht sogar ihren Argwohn gegenüber seiner Bewegung.

Am schwierigsten ist dabei, die Nähe des Kaisers und seines Hofstaats zur schwärzesten Seite der nationalsozialistischen Ideologie zu bestimmen, dem Judenhass. (…) dass der Kaiser ein Antisemit von gleichem Ausmaß wie Hitler gewesen sein soll, lässt sich (…) schwer mit den vielen Beziehungen zu jüdischen Freunden und Bekannten in Einklang bringen, die der Zionist und spätere erste Präsident Israels, Chaim Weizmann (1874-1952), herablassend als ‚Kaiserjuden‘ bezeichnete. Vor 1918 hatte sich Wilhelm vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet auf eine Reihe prominenter jüdischer Unternehmer (…) gestützt. Auch während seiner Verbannung in Doorn unterhielt Wilhelm II. enge Kontakte zu Personen jüdischer Herkunft.“ 5)

Dennoch hatte sich Wilhelm II immer wieder antisemitisch geäußert, zum Beispiel in Briefen. „Aller Kummer und alles Leid, ob es nun um seine Behinderung, den frühen Tod seines Vaters oder um den Ausbruch des Ersten Weltkriegs ging, wurde als die Schuld der Juden angesehen.“ 6)

Aber Wilhelm II. verurteilte 1938 scharf die Reichspogromnacht, allerdings nicht öffentlich, und er appellierte an den Anstand der „guten“ Deutschen nicht dabei mitzumachen.

Diese Haltung erklären die Autoren wie folgt: „Sogar der Abscheu gegen die antijüdische Gewalt im November 1938 passt in das Bild des opportunistischen Ex-Regenten. Einerseits hatten die Juden nun, da sie so offenkundig Opfer waren, ihre Funktion als Sündenböcke verloren. Andererseits wusste er inzwischen, dass Hitler ihm den Thron nicht wiederbeschaffen würde, so dass die aus der Psychologie bekannte Neigung zur Reduktion und Verleugnung des mörderischen Charakters des ‚Dritten Reichs‘ obsolet wurde und Raum für die Realität schuf.“ 7)

Der vierte Sohn: August Wilhem
Die Autoren beschäftigen sich in ihrem Buch auch mit dem vierten Sohn: August Wilhelm (1887-1949), genannt „Auwi“. „Auwi trat schon in den 1920er Jahren mit rechtsextremen antirepublikanischen Kreise in Kontakt und wagte danach, über die obersten Chargen der NSDAP, den Schritt hin zu den Nationalsozialisten.“ 8)

Auwi studierte Jura und Staatswissenschaften und heiratete 1908 seine Cousine Alexandra Viktoria zu Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glückburg (1887-1951). Beide liebten die Kunst und bekamen ein Kind. 1920 scheiterte die Ehe: Auwi liebte Männer – was ihm sein Vater verübelte - und seine Gattin zog es sexuell zu anderen Männern hin. So hatte Auwi in der Weimarer Zeit: „als Ehegatte, Soldat und Sohn des Kaisers ausgedient und führte zusammen mit seinem Sohn, über den ihm die Vormundschaft zugesprochen worden war, ein zurückgezogenes Leben in seiner Potsdamer Villa, Phasen der Lethargie wechselten sich ab mit dem Wunsch, akzeptiert und gebraucht zu werden. Erst 1927 fand er in den Reihen des ‚Stahlhelms, Bund der Frontsoldaten‘, eines Wehrverbands ehemaliger Frontkämpfer und der bewaffnete Arm der demokratiefeindlichen Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), die ersehnte Anerkennung und Kameradschaft. 1930 trat er in die NSDAP ein. Als Sohn des Kaisers konnte er als Verbindungsmitglied zwischen der alten und der neuen Rechten fungieren. (…) Auch nach der Machtübernahme Hitlers blieb August Wilhelm den Nazis treu verbunden.

Ab 1934 verlor Auwi jedoch allmählich die Gunst der Parteielite – die Nazis brauchten ihn nicht mehr – und wurde 1942, nach einer Kritik an dem extravaganten Lebensstil Joseph Goebbels, aufs Abstellgleis geschoben. (…)
In den Nachkriegsjahren hat sich Auwi noch einige Male zu seinem Wirken in der NSDAP geäußert, jedoch ohne dabei auch nur einmal sein Bedauern auszudrücken (…). Eine mögliche Mitverantwortung oder sogar Mitschuld an den Verbrechen des Nationalsozialismus einzuräumen, kam ihm gar nicht erst in den Sinn. (…)
Am 14. Mai 1948 wurde er vom Entnazifizierungsgericht (…) als ‚Belasteter‘ eingestuft (…). Die Verurteilung zu zweieinhalb Jahren Arbeitslager wurde allerdings wegen seiner Internierung nach Kriegsende als abgegolten betrachtet.“ 9)

Der Bruder Wilhelms II. : Kronprinz Wilhelm und seine Ehefrau Cecilie
Auch der älteste Bruder, Kronprinz Wilhelm und dessen Frau Cecilie Herzogin zu Mecklenburg-Schwerin (1886-1954), die 1905 geheiratet hatte und sechs Kinder bekamen, werden von den Autoren des oben vorgestellten Buches „Der Kaiser und das ‚Dritte Reich‘“ beleuchtet. „Obwohl sie in einer unglücklichen Ehe gefangen waren, [der Kronprinz hatte viele Geliebte] versuchten beide Eheleute, wenn auch auf jeweils eigene Weise, die Wiederherstellung der Monarchie zu befördern. Kronprinzessin Cecilie nutzte jahrelang ihre Arbeit für einen reaktionären Frauenbund als Plattform, um sich für eine Rückkehr zur Monarchie einzusetzen.“ 10)

Sie war im Vaterländischen Frauenverein, eine Hilfsorganisation für verwundete Soldaten, aktiv und Schirmfrau des „Bundes Königin Luise“. „Dabei handelte es sich um eine im Krisenjahr 1923 gegründete monarchistische Frauenorganisation, die als verlängerter weiblicher Arm des Stahlhelms fungierte. In den elf Jahren seines Bestehens sollte der Bund zu einer einflussreichen Organisation mit gut und gern zweihunderttausend Mitgliedern heranwachsen, wurde 1934 dann aber, ebenso wie alle anderen monarchistischen Organisationen, im Zuge der Gleichschaltung aufgelöst. (…) das Hauptziel der Organisation bestand in der Schulung von Frauen für die große ‚Befreiung‘ Deutschlands von seinen inneren wie äußeren feinden. Als einzige Frauenorganisation zu der Zeit schloss der Bund Frauen ‚der jüdischen oder einer anderen fremden Rasse‘ von der Mitgliedschaft aus. Außerdem grenzte sich der Bund vom modernen westlichen Bild der Frau ab und propagierte stattdessen das traditionelle Frauenbild der Mutter, Gattin und Hausfrau. (…)

[Cecilie] setzte sich dafür ein, die verschiedenen monarchistischen Frauengruppen auf eine Linie zu bringen, und unterhielt enge Verbindungen zum Stahlhelm. (…).“ 11)

Kronprinz Wilhelm wurde 1930 Mitglied des Stahlhelms. Er „entwickelte, bis 1923 noch aus der Verbannung in den Niederlanden, seine eigenen Aktivitäten, die ihn mitten in die Rivalitäten der Rechten führten und schließlich in unmittelbare Nähe zur NSDAP-Spitze brachten. Im Jahr 1932 schien er abwechselnd Rivale und Bündnispartner Hitlers gewesen zu sein. 1933 unterstützte er den soeben ernannten Reichskanzler Hitler beim propagandistischen ‚Tag von Potsdam‘, dem Ereignis, bei dem die alte, konservativ-monarchistische Rechte sich mit dessen Machtposition zu versöhnen schien.“ 12)

Auch liebäugelte Wilhelm mit dem Posten des Reichspräsidenten. Er glaubte, „als eine Art ‚Reichsverweser‘, also als Statthalter auftreten [zu können], um dann später, beispielsweise nach dem Tod seines verbannten Vaters, als Kaiser eingesetzt zu werden. Obwohl es so schien, als würde Hitler ihn unterstützen, scheiterte die Kandidatur des Kronprinzen dann aber letztlich doch. Irgendwann Ende März kam aus Doorn der ‚Befehl‘ des Kaisers, der ihm verbot, für das Amt zu kandidieren. Es gefiel Wilhelm II. nicht, dass sein Sohn, sollte er gewählt werden, einen Eid auf die republikanische Verfassung würde ablegen müssen. (…)

Nun, da das Familienoberhaupt gesprochen hatte, setzte der Kronprinz auf die bedingungslose Unterstützung Hitlers,“ 13) schreiben Jacco Pekelder, Joep Schenk und Cornelis van der Bos in ihrem Buch „Der Kaiser und das ‚Dritte Reich‘“. Und weiter berichten sie über die Aktivitäten des Kronprinzen: „Als der Stahlhelm im August 1933 mit der SA fusionierte, wurde der Kronprinz Mitglied der Motor-SA. Zuvor war er bereits Mitglied des nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK) geworden. In den Jahren 1933 und 1934 entwickelte sich ein enger Kontakt zwischen Wilhelm und dem obersten SA-Führer Ernst Röhm (1887-1934), dem er sogar ein Rennpferd schenkte.“ 14)

Während der gesamten Zeit des Nationalsozialismus blieb der Kronprinz dem NS-Regime treu, auch noch nachdem klar war, dass die Nazis ihm nicht zum Thron verhelfen würden.