Chrysanderstraße
Bergedorf (1949): Dr. Franz Carl Friedrich Chrysander (8.7.1826Lübtheen/Mecklenburg - 3.9.1901 Bergedorf), Musikgelehrter, Händelforscher
Siehe auch: Händelstraße
Siehe auch: Bülowstieg
Siehe auch: Justus-Brinckmann-Straße
Bereits in der NS-Zeit wurde die Chrysanderstraße als neuer Straßenname (alter Straßenname: Brauerstraße) in der Liste „Umbenannte Straßen“ aufgeführt. Die Liste wurde im Hamburger Adressbuch von 1943 veröffentlicht und listet alle in der NS-Zeit umbenannten Straßen auf, auch diejenigen, bei denen die konkrete Umbenennung noch nicht vollzogen wurde. Bereits umbenannte Straßen wurden mit einem Stern gekennzeichnet. In einer anderen Liste ist nachzulesen, dass in der NS-Zeit die Straße in Peemöllerstraße umbenannt werden sollte. (Staatsarchiv Hamburg 133.1 II, 26819/38: Umbenannte Straßen 1946)
Nach der Einführung des Groß-Hamburg-Gesetzes im Jahre 1937, durch das z. B. Altona, Wandsbek, Harburg-Wilhelmsburg, Lokstedt, Niendorf, Schnelsen, Rahlstedt, Bramfeld, Lohbrügge und andere Gebiete, die heute Hamburger Stadtteile sind, nach Hamburg eingemeindet wurden, ergaben sich bei den Straßennamen häufig Doppelungen. „insbesondere Namen aus dem niederdeutschen Raum“ und „Personen der schleswig-holsteinischen Geschichte“ sollten bei der neuen Straßennamensvergabe berücksichtigt werden.
Viele der für eine Umbenennung in Frage kommenden alten Straßennamen wurden in der NS-Zeit aber nicht mehr umbenannt. Eine Umbenennung nach den 1943 aufgelisteten neuen Straßennamen erfolgte für diverse Straßennamen dann nach der Befreiung vom Nationalsozialismus. So wurde die Chrysanderstraße 1949 benannt.
Die Chrysanderstraße hieß vorher Brauerstraße. Dort hatte Chrysander ein großes Grundstück gekauft.
In der Datenbank Hamburger Persönlichkeiten heißt es über Friedrich Chrysander: „(…) Sohn des Mühlenbesitzers Johann Friedrich August Chrysander und seiner Frau Marie Dorothea Elisabeth Burmeister, trat 1847 in das Lehrerseminar Ludwigslust ein. 1849 wurde er Bürgerschullehrer in Doberan. In dieser Zeit wandte er sich der Musikforschung zu. 1855 wurde er an der Universität Rostock zum Dr. phil. promoviert. Seit 1866 in Bergedorf als freier Musikwissenschaftler mit nebenbei betriebener Gärtnerei ansässig, wurde er 1868 Redakteur der ‚Allgemeinen musikalischen Zeitung‘ und gründete 1869 die ‚Denkmäler der Tonkunst‘, welche er bis 1871 auch herausgab. Berühmt wurde Chrysander vor allem als Händelforscher und Begründer der Händel-Gesamtausgabe.“ 1)
Ausführlicher berichtet das Bergedorfer Personen Lexikon über Chrysander: „Der bereits zu seinen Lebzeiten berühmte Wegbereiter der Händel-Renaissance hat durch die erste Gesamtausgabe der Werke von Georg Friedrich Händel (1685-1759) [siehe: Händelstraße] wie auch durch die Initiierung von Aufführungen entscheidend zur Popularität des Komponisten beigetragen. Durch C. jahrzehntelanges Wirken in ‚Bergedorf bei Hamburg‘ (1866-1901) ist der Name der Stadt in die Musikgeschichte eingegangen. Die große Chance, in den 1920er Jahren Bergedorf durch den Bau eines repräsentativen Händel-Hasse-Festspielhauses zu einer Art ‚Händel-Bayreuth‘ zu machen, blieb leider ungenutzt. (…)“ 2)
1855 hatte Chrysander Êlisabeth Borgmann (21.5.1830 Lübtheen - 31.1.1887 Bergedorf) geheiratet. Sie war die Tochter seines früheren Lehrers in Lübtheen und dessen Ehefrau. Das Paar wohnte zunächst im Posthaus in Vellahn/Mecklenburg. 3) Nach 1859 zog er mit seiner Frau nach Lauenburg., wo er eine eigene Druckerei betrieb, in der er auch die Händelgesamtausgabe druckte.
Der Vater von vier Kindern sowie Ehemann beschäftigte sich neben der Musik auch noch mit anderen Dingen. So galt seine Passion der Züchtung von Obstsorten und der Kunstgärtnerei. In Bergedorf, wohin die Familie 1866 gezogen war, lag das Wohnhaus inmitten von großen Treibhäusern. „Auf seinem großen Bergedorfer Anwesen befand sich – neben Wohnhaus, Arbeitshaus und kostbarer Bibliothek – eine Gärtnerei mit mehreren beheizbaren Treibhäusern, wo er, zur Lebensabsicherung der Familie, Gartenprodukte züchtete, die einen ausgezeichneten Ruf hatten. (…),“ 4) heißt es im Bergedorfer Personen Lexikon.
Harald Richert schreibt über Friedrich Chrysander: „Crysander war Forscher, Bearbeiter, Verleger und Versandleiter in einer Person, unterstützt nur von zwei treuen Helfern. Außerdem gab er sechs Bände des von ihm angeregten Werks ‚Denkmäler der Tonkunst‘ sowie die Jahrbücher für musikalische Wissenschaft‘ heraus, bearbeitete vier Bände Klavierkompositionen Bachs und begründete die Musikinstrumenten Sammlungen Hamburger Museen. Er hinterließ die seinerzeit größte musikwissenschaftliche Privatbibliothek des In- und Auslandes, die 1956 in den Besitz der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek gelangte.“ 5)
Olaf Matthes und Bardo Metzger berichten auch, dass Chrysander „mit vielen (…) bedeutenden Persönlichkeiten, wie etwa mit Johannes Brahms (1833-1897) [siehe: Brahmsallee], (…) und dem Dirigenten Hans von Bülow (1830-1894) [siehe: Bülowstieg] in persönlicher Verbindung [stand]. Nachdem er 1891 durch von Bülow eine Schenkung über 10.000 Mark für die Händel-Gesamtausgabe erhalten hatte, investierte C. den größten Teil der Mittel in den Abkauf einer Reihe historischer Musikinstrumente, die er dem von Justus Brinckmann [ Justus-Brinckmann-Straße] geleiteten Museum für Kunst und Gewerbe als Grundstock der heute weltbekannten Musikinstrumentensammlung schenkte.“6)