Edgar-Roß-Straße
Eppendorf (1909): Edgar Daniel Roß (11.2.1807 London-23.3.1885 Hamburg), Vertreter Hamburgs im Parlament in der Paulskirche, Reichstagsabgeordneter, Bürgerschaftsabgeordneter, Kaufmann im Überseehandel
Siehe auch: Siemssenstraße
Siehe auch: Nissenstraße
Siehe auch: Heckscherstraße
Siehe auch: Ernst-Merck-Brücke
Siehe auch: Rupertistraße
Edgar Roß war der Sohn von Melusine Ross, geb. Vidal und des Kaufmanns Daniel Ross. Die Familie zog 1817 von Schottland nach Hamburg.
Edgar Roß begann im Alter von 16 Jahren eine Lehre im väterlichen Geschäft der Firma Ross & Co. und wurde im Alter von 23 Jahren Teilhaber seines Vaters. Acht Jahre später heiratete Edgar Roß 1838 Mary Steward (18.3.1813-23.3.1894 Hamburg) aus Dublin. Das Paar bekam zwei Söhne und zwei Töchter (geboren:1840, 1842, 1844 und 1846. Das jüngste Kind – eine Tochter – wurde nur zwei Jahre alt.)
„Neben dem Ausbau der Handelsbeziehungen seiner Firma nach Australien und Südostasien beteiligte sich Ross an der Gründung der Norddeutschen Bank, deren Aufsichtsrat er von 1873 bis 1885 angehörte und der Deutschen transatlantischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft.“ 1)
Durch seine überseeischen Handelsaktivitäten profitierte er vom Kolonialismus. In seiner Firma hatten sowohl Georg Theodor Siemssen (siehe: Siemssenstraße) als auch Woldemar Nissen (siehe: Nissenstraße) ihre kaufmännische Ausbildung absolviert.
Neben seiner Tätigkeit als Kaufmann engagierte sich Edgar Roß im politischen Bereich: „Seine Wahl zum Frankfurter Vorparlament und zur Nationalversammlung entsprach den Erwartungen der Kaufmannschaft. In Ross, einem Vertreter des Freihandelsprinzips, hoffte man, einen geeigneten Verfechter der kaufmännischen Interessen gefunden zu haben.“ 2) Mit Roß vertraten Joh. Gustav Wilhelm Heckscher (siehe: Heckscherstraße) und Ernst Merck (siehe: Ernst-Merck-Brücke) die Interessen Hamburgs in der Nationalversammlung in Frankfurt am Main.
Wie sich die damalige Verknüpfung von Senatspolitik und Handel darstellte, erklärt Ekkehard Böhm in seiner Dissertation „Überseehandel und Flottenbau“: „Da Hamburg von Handel und Schiffahrt lebte, mußte der Senat seine Politik entsprechend einrichten. Von den 18 Senatsmitgliedern war regelmäßig die eine Hälfte Juristen, die andere Kaufleute. Der enge Zusammenhang zwischen Kaufmannschaft und Regierung wurde – und wird - schon durch die Tatsache augenfällig symbolisiert, daß Handelskammer, Börse und Rathaus eine bauliche Einheit bilden. Die Handelskammer konnte die Senatspolitik beeinflussen durch die Entsendung von je zwei ihrer Mitglieder in die Deputation für Handel und Schiffahrt und in die Deputation für indirekte Steuern. (…) Wirtschaftspolitisch forderte die Hamburger Kaufmannschaft freien Wettbewerb und freie Verkehrsbewegung. (…) Wie es der Interessenlage des Außenhandels entsprach, war die Kaufmannschaft freihändlerisch eingestellt.“ 3).
In der Nationalversammlung saß Edgar Roß von Mai bis Oktober 1848. Der Vater von drei kleinen Kindern forderte damals die Gründung einer deutschen Flotte, denn durch die von Dänemark 1848 verhängte Elbblockade sahen sich die Hamburger Kaufleute in ihren Handelsaktivitäten eingeschränkt. Dazu heißt es bei Ekkehard Böhm: „Nach Beginn des Krieges mit Dänemark brachten die Dänen am 14. April 1848 die ersten deutschen Schiffe auf; am 19. April erklärten sie die Blockade, die Anfang Mai effektiv wurde. Nachdem schon im April Erörterungen über die Notwendigkeit von Flotte und Küstenschutz angestellt worden waren, rief am 26. April 1848 der Hamburger Kaufmann und Paulskirchenabgeordnete Edgar Roß zur Bildung eines Ausschusses auf, der die Ausrüstung von Kriegsschiffen fördern sollte. (…). Im großen Saal der Börsenhalle wurde am 6. Mai 1848 eine allgemeine Versammlung abgehalten. Diese ernannte einen aus Kaufleuten bestehenden Flottenausschuß, der sogleich an die Bewaffnung von Handelsschiffen ging. (…)
In Frankfurt hatte schon am 26. Mai die Nationalversammlung auf Antrag der Hamburger Roß und Heckscher einen Marineausschuß gebildet. Dieser erreichte die Bewilligung von drei Millionen Talern für den Bau von Kriegsschiffen und die Bildung einer Reichsmarinebehörde. (…).“4).
Die Flottenbegeisterung war auf Seiten der Kaufmannschaft schnell wieder verflogen, nachdem die Blockade aufgehoben worden war. Den Kaufleuten ging es stets in erster Linie um einen freien Handel, damit sie ungestört und mit Gewinn ihren Handelsaktivitäten nachgehen konnten.
Die Überseekaufleute, denen es ebenso um die freie Ausübung ihrer Geschäfte ging, befürworteten hingegen eine Flotte, wenn sie sich von den Staaten, in denen sie ihre Niederlassungen hatten oder von der dortigen indigenen Bevölkerung in ihrem Handeln eingeschränkt sahen. Sie forderten „Schutz, wenn sie in nicht- oder halbzivilisierten Gebieten in Gefahr oder Konflikte gerieten“. 5)
Kommen wir zurück zu Edgar Roß. Er gehörte „von 1862 bis 1874 der Hamburgischen Bürgerschaft an, in dieser Zeit hatte er von 1859-1861 das Amt des Vizepräsidenten inne. 1867 wurde er Mitglied des Norddeutschen Bundes (bis 1870) und bis 1871 Mitglied im Deutschen Reichstag.
Mit Beginn des Jahres 1859 wurde Ross in die Commerzdeputation gewählt. (…) Im Jahre 1862 führte er das Präsidiat. Von 1872 bis 1879 stand er der Commerzdeputation als Altadjungierter zur Verfügung. Dem Vorstand des Deutschen Handelstages gehörte Ross von 1861 bis 1862 sowie von 1874 bis 1882 an.“ 6)
In dieser Zeit bezogen „bis 1870 fünf Kriegsschiffe Station in Westindien, China und im Orient“. 7) Die Commersdeputation hatte sich wegen des Piratenunwesens vor China an den Senat gewandt und forderte die Aussendung von Kriegsschiffen. Unterstützt wurde sie von Edgar Roß, der als Mitglied des Reichstags dort 1868 die Entsendung von Kriegsschiffen nach China zur Bekämpfung der Piraterie einforderte. „Auch die deutschen Kaufleute in der Südsee sahen das Auftreten von Kriegsschiffen, um ihren Willen den Eingeborenen gegenüber durchsetzen zu können.“ 8)
Edgar Roß setzte sich auch für die Verbesserung der Verkehrsverbindungen und Verkehrswege ein, die für den Binnenhandel unerlässlich waren. „So hatte er bereits 1840 für eine Eisenbahnverbindung nach Berlin plädiert.“9)