Rupertistraße
Nienstedten (1949), nach der Familie Ruperti (seit dem 18. Jhd.). Mitinhaberin des Handelshauses H. J. Merck & Co
Siehe auch: Julius-Campe-Weg
Siehe auch: Ernst-Merck-Brücke
Siehe auch: Edgar-Roß-Straße
Siehe auch: Sievekingsallee
Siehe auch: Abendrothsweg
Siehe auch: Stockmeyerstraße
Bis 1949 hieß die Straße Hummelbüttel bzw. Hummelsbüttler Weg. Die Straße wurde wohl deshalb nach der Familie Ruperti benannt, weil diese hier Landbesitz gehabt hat.
Als Gründer der Hamburger Linie der Familie Ruperti gilt der Kaufmann Justus Karl Wilhelm Ruperti, (29.10.1791 Stade – 3.11.1861 Hamburg) 1), Sohn von Luise Ruperti, geborene Wickhardt und des Stader Generalsuperintendenten Dr. Georg Alexander Ruperti.
Rupertis beruflicher Werdegang ist eng mit dem Kolonialismus verbunden. „1822 ging er als Agent für Green & Hartley aus London nach Mexiko. Dort baute er im Auftrag des Unternehmens als Geschäftspartner eine neue Firma auf und arbeitete daran mit, die deutsche Kolonisation voranzubringen und zwischenzeitlich auch, Minen zu erschließen. 1827 besuchte er kurzzeitig London und Hamburg und ging dann wieder nach Mexiko und veräußerte seine Unternehmensanteile. 1829 reiste er über New York, Le Havre und London erneut nach Hamburg. Er brachte Ersparnisse von circa 100.000 Mark Banco mit. Hinzu kamen 200.000 Mark Banco, die er von seiner Mutter geerbt hatte. Mit diesem Kapital eröffnete er eine eigene Handelsagentur,“ 2) Ruperti heißt es in Wikipedia.
Justus Ruperti heiratete 1829 die 17 Jahre jüngere Marie Pauline Merck (20.3.1808 Hamburg – 23.3.1861 Hamburg). Sie war die Tochter des Senators Heinrich Johann Merck, dem Inhaber der Firma H. J. Merck & Co. Das Unternehmen war eine „Merchant Banking“ Firma, die auch eine Reederei und ein Versicherungsgeschäft betrieb. Durch Einheirat in die Familie Merck wurde Justus Ruperti 1836 Firmenmitinhaber. Später traten auch die Söhne von Heinrich Johann Merck (Ernst Merck (siehe: Ernst-Merck-Brücke) und Theodor Merck) in die Firma ein.
Nachdem Heinrich Johann Merck 1853 gestorben war, übernahmen Ernst Merck und Justus Ruperti die Geschäfte in Hamburg.
Durch „richtiges“ Heiraten konnte man also gesellschaftlich aufsteigen und auch ökonomische Macht konzentrieren. Und so entstand durch geschickte Heiratspolitik unter den Hamburger Handelshäusern ein Sippengeflecht.
Durch die Handelsaktivitäten der Firma H. J. Merck & Co. (u. a. Import von englischen Garnen, Rohimport von Baumwolle) profitierte das Unternehmen vom Kolonialismus. Baumwolle war z. B. ein Produkt, das – wie der Historiker Kim Todzi, wissenschaftlicher Koordinator der Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“ schreibt: „ganz elementar mit dem europäischen Kolonialismus, mit Plantagenwirtschaft und dem Versklavungshandel verbunden war.“ 3)
Justus Ruperti machte zum Beispiel auch beim Bau der Hamburg-Bergedorfer-Eisenbahn und in der Immobilienbranche großen Profit.
„1839 bildeten Justus Ruperti, Karl Sieveking [siehe: Sievekinsgallee] und August Abendroth [siehe: Abendrothsweg] ‚Provisorisches Committe‘ mit dem Ziel, eine Eisenbahnverbindung von Hamburg nach Bergedorf zu schaffen. Als Hamburg-Bergedorfer Eisenbahn-Gesellschaft verkauften sie 5000 Anteilsscheine zu je 300 Mark Banco für die notwendigen Investitionen. Ruperti erhielt als gewähltes Mitglied einen Sitz in dem aus fünf Personen bestehenden Gesellschaftsdirektorium. Der Hamburger Senat ermöglichte ihnen mit einem ersten Expropriationsgesetz den Ankauf von Grundstücken für das Bahnhofsgebäude und die Fahrstrecke. Nach dem Erwerb der Flächen und dem Beginn der Bauarbeiten entstand so die Hamburg-Bergedorfer Eisenbahn,“ 4) ist in Wikipedia nachzulesen. Dort erfahren wir auch, dass Justus Ruperti große Gewinne in der Immobilienbrache erzielte. So heißt es dort: „Ab 1838 kaufte Ruperti gemeinsam mit August Abendroth größere Flächen auf dem Hammerbrook. Damit hoffte er, von einem absehbaren Bedarf an Grundstücken für Unternehmen und Wohnungen profitieren zu können. Sie kooperierten dabei mit Heinrich Christian Meyer [siehe: Stockmeyerstraße], dem Hausmakler Friedrich Georg Heinrich Hornbostel und dem Bleicher Johann Friedrich Schultz, der einen Sitz auf dem Hammerbrook hatte. Am 14. September 1840 schlossen sie sich zur ‚Interessenschaft der Hammerbrook und Billwärder Ausschlag Landunternehmung‘ zusammen, an der Ruperti mit 300.000 Mark Banco 22 Prozent hielt. Nach dem Erwerb der Ländereien wollten sie diese trockenlegen, befahrbar machen und erschließen. Sie beauftragten William Lindley [siehe: Lindleystraße], eine Schleuse und eine Entwässerungsanlage zu planen, die bis 1847 entstanden. Trotzdem kam es 1849/50 und 1854/55 zu Überflutungen. Die Interessenschaft konnte die Grundstücke erst nach dem Ende der Hamburger Torsperre 1860/61 veräußern. Nicht ausreichend dokumentiert ist, ob die Unternehmer dabei Spekulationsgewinne erzielten.“5)
Oskar Ruperti
Eins von den insgesamt acht Kindern des Ehepaares Justus und Pauline Ruperti war der Importkaufmann für Salpeter und Dünger, Oskar Ruperti (12.7.1836 Hamburg – 28.4.1924 Hamburg). Er trat 1860 im Alter von 24 Jahren in das Unternehmen Merck & Co. ein. Nachdem sein Vater Justus Ruperti 1861 und Ernst Merck 1863 gestorben waren, wurde er der Firmenchef.
Bis dahin hatte das Unternehmen hauptsächlich mit Baumwolle gehandelt. Nach 1865 wurde dieses Geschäft abgebaut und Oscar Ruperti konzentrierte sich fortan auf den Guanohandel. „Sukzessive wurden dafür Investitionen in Produktionsbetriebe in Chile und Spanien getätigt und auch eigene Verarbeitungsbetriebe aufgebaut. Als Höhepunkt dieser Entwicklung gliederte Oscar Ruperti aus dem Unternehmen H. J. Merck & Co. um die Jahrhundertwende das Guano-Geschäft aus und gründete zu Beginn des Jahres 1900 die Merckschen Guano & Phosphatwerke A.G. mit Sitz in Harburg an der Elbe.“6)
Durch den Guanohandel profitierte Oscar Ruperti ebenfalls vom Kolonialismus. Der Guano-Handel war ein kolonialer Handel, weil er auf der Ausbeutung der indigenen Wanderarbeiter beruhte. Guano bestand aus Exkrementen, Vogelkadavern und Federn. In Europa wurde Guano als Düngemittel verwandt. (siehe dazu auch: Heinrich-von-Ohlendorff-Straße).
Oscar Ruperti übernahm auch den Vorsitz des Aufsichtsrates der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft.
Verheiratet war Oscar Ruperti seit 1861, also seitdem er Teilhaber der Firma Merck & Co. geworden war, mit Ida Marianne Amsinck (15.2.1840 Hamburg – 20.4.1929 Hamburg). Das Paar bekam sieben Kinder. 7)
1883 erwarb er den größten Teil des von dem Kaufmann Edgar Roß (siehe: Edgar-Roß-Straße) geschaffenen Parkgeländes „Eichenhof“ in Klein Flottbek und Othmarschen. Der Besitz blieb bis 1921 im Besitz der Familie Ruperti.
Die weiblichen Familienmitglieder
Es sollen hier nicht noch weitere männliche Rupertis aufgeführt werden, die durch Heirat mit anderen Hamburger Familien der „tonangebenden“ Gesellschaft verwandt wurden. In folgenden soll auf eine weibliche Ruperti näher eingegangen werden: Alice O’Swald-Ruperti (4.4.1904 Moskau – 8.9.1989 Aumühle). Doch bevor dies geschieht, soll Klaus Mühlfried zu Wort kommen, der über die weiblichen Angehörigen der Hamburger Oberschicht äußert: „Weibliche Angehörige der [Hamburger] Oberschicht waren weitgehend auf Tätigkeiten beschränkt, deren Nützlichkeit sie sich des Öfteren wohl nur mit Mühe einreden konnten. Pauline Ruperti seufzte einmal: ‚Ach, daß der liebe Gott uns so viel irdisches Gut gegeben hat, daß mir alles abgenommen wird und ich selbst zu wenig zu tun habe – ich wäre gewiß glücklicher, wenn wir weniger hätten!‘“. 8)
Alice O’Swald-Ruperti war da eine Ausnahme. Sie war finanziell nicht auf Rosen gebettet und musste zweitweise für den Lebensunterhalt der Familie sorgen. Sie wurde mit ihrem Fotoapparat eine Chronistin der Stadt Hamburg. Geboren wurde sie als Tochter von Ernst Ruperti (1874 Hamburg – 1940 Aumühle), der ein Handelshaus in Moskau betrieb und Thekla Ruperti, geborene Wedemeyer (1876-1954 Aumühle). Nach der russischem Oktoberrevolution 1917 kam die Familie nach Hamburg. Alice Ruperti studierte Klavier, doch dann heiratete sie 1929 Justus O’Swald (1899-1976), der in Pommern die Verwaltung eines Gutshofes übernahm, und bekam zwei Kinder. Alice widmete sich nun neben der Erziehung der Kinder und der Haushaltsführung der Fotografie. 1945 erfolgte die Flucht aus Pommern. In Hamburg begann Alice Ruperti die Stadt zu fotografieren. Sie lichtete in der Nachkriegszeit die Villen der Stadt ab, in denen nun die britischen Offiziere eingezogen waren. Diese kauften die Fotos und schickten sie nach Hause. Alice O’Swald-Ruperti fotografierte aber auch das Elend: die Unterkünfte der Armen, die Nissenhütten, die Heimatlosen, den Schwarzmarkthandel und Kinder in ihrer Hoffnungslosigkeit.
Ihre finanzielle Existenz und die ihrer Familie sicherte Alice O‘Swald-Ruperti, deren Mann arbeitsunfähig geworden war, in den 1950er-Jahren auch mit dem Betreiben einer Tankstelle. Doch wegen einer Benzinallergie musste sie diesen Erwerbszweig aufgeben. Marc von Lüpke schreibt über Alice O’Swald-Ruperti: „Glücklicherweise konnte die umtriebige Fotografin bald von ihrer Kunst leben. O'Swald-Ruperti machte zahlreiche Aufnahmen vom Hamburger Rathaus. Als Postkarten waren sie bei Besuchern der Hansestadt beliebt. Es folgten weitere Bücher und Kalender, für die sie im Auftrag der großen Reedereien fotografierte. Manchmal verschaffte ihr der Name O'Swald Zutritt zu den Geschäftsführern, bisweilen musste sie Klinken putzen.
Im gehobenen Alter entdeckte sie schließlich die Liebe zu ihrem Geburtsland Russland neu. Sie reiste hinter den Eisernen Vorhang und fotografierte Museen, Klöster und Ikonen - natürlich illegal. (…).
Ein liebstes Fotomotiv war ihr die Elbe. Sie wohnte nicht weit vom Fluss entfernt in Blankenese [Mühlenberg 84]. Mit den Worten 'Jetzt ist das Licht unglaublich!' verließ sie oft das Haus. Bis Alice O'Swald-Ruperti 1989 in Hamburg starb.“ 9)