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Jean-Paul-Weg

Winterhude (1928): Johann Paul Friedrich Richter (21.3.1763 Wunsiedel – 14.11.1825 Bayreuth), Dichter.


Einige Zitate von Jean Paul zu den Themen: Frauen; Mütter/Väter; Ehe
„Wenn Frauen lieben, lieben sie ganz. Liebende Männer haben zwischendurch zu tun.“
„Die Mütter geben unserem Geiste Wärme und die Väter Licht.“
„Mütter, seid Väter! möchte man zurufen und: Väter, seid Mütter!“
„Die Damen sind allein schuld; sie wollen zu lange, oft ganze Wochen, ganze Monde geliebt werden. Dergleichen geht über unsere Kräfte.“
„In den Flitterwochen heißt dem Manne die Frau noch ein Vergißmeinnicht; aber später bekommt sie die übrigen Namen, die dieses Blümchen in verschiedenen Gegenden trägt: Sumpfmäuseohr, Krötenäugel, Skorpionmangold.“1)
Johann Paul Friedrich Richter, der sich später Jean Paul nannte in Bewunderung für Jean-Jacques Rousseau, war der Sohn von Sophia Rosina Richter, geborene Kuhn und des Lehrers, Organisten und späteren Pfarrers Johann Christian Christoph Richter.

In der Zeit, als Jean Paul das Gymnasium besuchte, verstarb sein Vater, was die Familie in finanzielle Bedrängnis brachte.
1781 begann Jean Paul mit dem Universitätsstudium der Theologie. „Betrieb sein Studium der Theologie jedoch nur sehr lustlos. Stattdessen begann er nun, sich als Schriftsteller zu verstehen: Er schrieb nach ersten literarischen Experimenten vor allem Satiren im Stile Jonathan Swifts und Christian Ludwig Liscows, die in gesammelter Form 1783 als Grönländische Prozesse gedruckt wurden. Nach dieser ersten Publikation blieben jedoch weitere Erfolge aus“, 2) heißt es in Wikipedia. Und in der Neuen Deutschen Biographie steht über Jean Pauls weiteren Lebensweg und Werdegang zum Schriftsteller u. a. : „Die seit dem Tod des Vaters (1779) immer schwieriger gewordenen wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie zwangen J. schließlich im Nov. 1784, Leipzig ohne Studienabschluß zu verlassen und zu seiner Mutter, die inzwischen nach Hof übergesiedelt war, zurückzukehren. Armut, Not und Enge der folgenden Jahre haben später in dem Roman ‚Siebenkäs‘ ihren Niederschlag gefunden. Anfang 1787 ging J. als Hauslehrer des jüngeren Bruders seines kurz vorher gestorbenen Freundes Oerthel nach Töpen, kehrte im April 1789, um die unerquicklichen Erfahrungen des Hofmeisterdaseins bereichert, nach Hof zurück und war danach 1790-94 Lehrer und Erzieher von sieben Kindern verschiedenen Alters in Schwarzenbach. (…)

Nachdem er seinen Bruder Heinrich durch Selbstmord in der Saale und mit dem Tod Hermanns den zweiten Freund verloren hatte, widerfuhr ihm am Abend des 15.11.1790 eine Vision, in der er sich selbst auf dem Sterbebett sah. Es war eine Vanitas-Erfahrung, vergleichbar den religiösen Erschütterungen des Barockzeitalters angesichts der Allgewalt des Todes und der Hinfälligkeit des irdischen Daseins. Er überwand ihr Vernichtendes durch den Entschluß zur Menschenliebe und den Glauben an die Fortdauer der Seele. Damit wurde sie ihm zur Geburtsstunde seines Dichtertums. Die vier großen Themen waren nun gegeben, die sein ganzes Werk beherrschen sollten: Freundschaft, Liebe, Tod, Unsterblichkeit. (…).“ 3)

Ein Ideal für Jean Paul war der „hohe Mensch“. Dieser besaß die: „Unfähigkeit, sich in der Welt einzurichten, ein Erkennungszeichen der ‚hohen Menschen‘, (…). ‚Die Erhebung über die Erde, das Gefühl der Geringfügigkeit alles irdischen Tuns und der Unförmlichkeit zwischen unserem Herzen und unserem Orte‘, der ‚Wunsch des Todes‘ und der ‚Blick über die Wolken‘ zeichnen sie aus.“4)

Bevor Jean Paul seinen schriftstellerischen Durchbruch hatte, experimentierte er auf dem Feld der Liebe und Erotik. Als er um 1790 den Hofer Textilfabrikanten Johann Georg Herold kennen lernte, kam er in Kontakt mit dessen Töchtern Amöne (geboren 1774) und Karoline (geboren 1779). Er nannte die Gemeinschaft mit diesen jungen Frauen seine „Erotische Akademie“. Was war darunter zu verstehen? Es wurden die Geschlechterverhältnisse erörtert „mit schriftlich zu beantwortenden ‚Preisfragen‘ wie zum Beispiel: ‚Wie weit darf die Freundschaft gegen das weibliche Geschlecht gehen? Und welcher Unterschied ist zwischen ihr und der Liebe?‘“5)

Um 1792 verliebte sich Jean Paul in Amöne Herold. Doch sie war in seinen Freund Christian Otto verliebt, den sie auch heiratete. Jean Paul verlobte sich daraufhin 1793 mit Amönes Schwester Karoline, löste die Verlobung jedoch ein Jahr später auf.

Auch mit der verheirateten Julie von Krüdener, die später der Erweckungsbewegung angehörte und Schriftstellerin wurde sowie mit der verheirateten Schriftstellerin Emilie von Berlepsch pflegte Jean Paul enge Beziehungen. „Anfang Juli 1797 besucht Emilie von Berlepsch Jean Paul in Hof. Er berichtet: ‚Die Berlepsch [...] ist moralischer und schöner als die Krüdner und die Kalb, aber nicht so genialisch.‘ Nach weiteren Treffen schreibt er am 13. August an Christian Otto: ‚Ach endlich fand ich die erste weibliche Seele, die ich ohne Ecken und Widersprüche genos und die mich und die ich besserte - es ist diese Emilie v. Berlepsch. Sie ist zu edel und volendet, um mit Dinte gelobt zu werden.‘ Im Dezember 1797 zieht sie ihm hinterher nach Leipzig, wo er seit Oktober lebt. ‚Ich wurde von keinem Weibe so sehr und so rein geliebt wie von dieser‘, schreibt er an Otto. Obwohl sich Jean Paul wiederholt ihrer Besitzansprüche erwehrt, verlobt er sich im Januar 1798 mit ihr - um die Verbindung bereits Ende Februar wieder zu lösen. Wenig später zerbricht die Beziehung endgültig,“ 6) schreiben Peter Czoik und Katrin Schuster von der Bayerischen Staatsbibliothek.

Als sein Roman Hesperus oder 45 Hundposttage erschien, war der schriftstellerische Durchbruch gelungen und Jean Paul wurde berühmt. Dies führte dazu, dass er 1796 von der Schriftstellerin Charlotte von Kalb nach Weimar eingeladen wurde. Die Offiziersgattin, die 1784 eine innige Beziehung zu Friedrich Schiller (siehe: Schillerufer, Schillerstraße) gepflegt hatte, für den sie sich auch von ihrem Mann hätte scheiden lassen, führte Jean Paul in die literarische Gesellschaft Weimars ein. So begegnete er Herder (siehe: Herderstraße), Schiller, Goethe (siehe: Goetheallee, Goethestraße) und der Herzogin Anna Amalia.

Gerne ließ sich Jean Paul in die Gesellschaft einführen und sich hofieren, doch Kritik an seinem Schaffen konnte er nicht ertragen. „Die literarischen Verbesserungsvorschläge seiner ‚Titanide‘ (…) weist der Autor harsch zurück. Charlotte von Kalb erkennt: ‚Wir sind ihm alle nur Ideen, und als Personen gehören wir zu den gleichgültigsten Dingen.‘“7)
Als Jean Paul 1798 ganz nach Weimar übersiedelte, schlug Charlotte von Kalb ihm eine enge Verbindung (die Ehe) vor und wollte sich dafür von ihrem Mann scheiden lassen. Doch Jean Paul wollte keine feste Bindung.

In Weimar pflegte Jean Paul lieber eine „Simultanliebe“ 8) zu Josephine v. Sydow, Henriette v. Schlabrendorff und Karoline v. Feuchtersieben. „J.s Briefwechsel mit diesen Frauen zeigt, wie wenig er selbst um sie geworben hat, wie vorrangig ihm der literarische Charakter dieser Verbindungen war.“ 9) Das hatte bereits schon Charlotte von Kalb erkannt.
Schließlich verlobte er sich mit der Hildburghauser Hofdame Karoline von Feuchtersleben (1774 – 1842), „was wegen des Standesunterschiedes einige Schwierigkeiten mit sich brachte – und als diese endlich ausgeräumt waren, entlobte Jean Paul sich wieder.“ 10)

Danach reiste Jean Paul nach Berlin, wo er u. a. in die dortigen literarischen Salons der Rahel Varnhagen (siehe: Rahel-Varnhagen-Weg) und der Henriette Herz (siehe: Henriette-Herz-Garten und Henriette-Herz-Ring) einladen ließ und auch von Königin Luise in Sanssouci empfangen wurde.

In Berlin lernte Jean Paul im Frühjahr 1800 Karoline Mayer (1777-1860) kennen, die Tochter eines preußischen Obertribunalrates. Ein Jahr später heiratete das Paar. Damals war Jean Paul 38 Jahre und Karoline Mayer 24 Jahre alt. „Sie war häuslich erzogen worden, philosophisch gebildet, dabei aber ausgestattet mit einem praktischen Sinn. Darüber hinaus war sie in leidenschaftlicher Liebe zu Jean Paul entbrannt und brachte ihm volle Begeisterung entgegen,“ 11) heißt es in der Allgemeinen Deutschen Biographie. All diese Eigenschaften prädestinierten Karoline Mayer für eine „Karriere“ als gute Hausfrau und Mutter sowie liebende Gattin.

Das Paar bekam drei Kinder (geboren: 1802, 1803, 1804) und lebte nach Stationen in Meiningen und Coburg schließlich ab 1804 in Bayreuth. Dort führte Jean Paul ein zurückgezogenes Leben. Seine nächsten Romane: „Titan (1800–1803) und Flegeljahre (1804/1805) erzeugten nicht mehr den früheren Enthusiasmus bei den Lesern, (…).“ 12)
Finanziell konnte die Familie durchatmen, denn Jean Paul wurde von Karl von Dalberg und später nach dessen Abdankung vom damaligen Bayern König mit einer jährlichen Pension unterstützt.

1810 kam es zwischen Jean Paul und seine Ehefrau zu einem heftigen Ehekrach. Darüber schreiben Peter Czolk und Katrin Schuster von der Bayerischen Staatsbibliothek: „Ende Juli 1810 geraten Jean Paul und Karoline in eine Ehekrise, die sich an unterschiedlichen Auffassungen in der Kindererziehung entzündet. Gegenüber seinem Schwiegervater bezeichnet er Karoline als ‚Engel in Gesellschaft, gegen Mann, Kinder und Hausgenossen eine Furie‘, und bittet ihn um Hilfe. Dieser ermahnt seine Tochter, ihre Heftigkeit zu zügeln - indes die Krise schwelt weiter, weil Jean Paul in Erziehungs- bzw. Gesundheitsfragen der Kinder immer das letzte Wort behält und sich in alles einmischt. Das geht so weit, dass er, bevor er auf Reisen geht, sogenannte ‚Haushalts-Zettel‘ hinterlässt, deren Anweisungen seine Frau in seiner Abwesenheit befolgen soll.“ 13)

Doch, so der Autor Peter Czoik und die Autorin Katrin Schuster, nimmt „Karoline (…) ihr Schicksal nur scheinbar gelassen auf: ‚dem despotischen Männerwillen der in der Liebe die Gleichheit der Seelen nicht gestatten will, dem kann ich mich wohl stumm ergeben, weil es das Verhängnis so will - aber die Resonanz der Liebe kann da nicht erklingen es stockt das geistige Blut‘ (an Jean Paul in Nürnberg, 13.06.1812). Dennoch gehen die ehelichen Konflikte auch an Jean Paul nicht spurlos vorüber. Um sich Heiterkeit zu verschaffen, beginnt er im Frühjahr 1811 ein FREUDEN-BÜCHLEIN ODER ARS SEMPER GAUDENDI zu schreiben. Seit einigen Jahren führt er zudem ein Notizheft mit ‚Lebensregeln‘, worin er allerlei Einsichten und Gedanken einträgt, darunter auch ‚Ehe-Vorsätze‘. Insgesamt formuliert er 11 Vorsätze, so z .B. ‚Mehr deutliche Handlungen als starke Empfindungen‘ (1.); (…) ‚Wenn ich nicht da bin: machen sie alles gut; warum stör´ ich sie denn mit meinem Wesen‘ (10.); (…).“ 14)

Karoline hatte mit Eifersucht zu kämpfen. Jean Paul zeigte damals starke Gefühle für die 28 Jahre jüngere Sophie Paulus. Er hatte sie 1817 bei einem Abendessen, zu dem Sophies Vater, der Theologieprofessor Heinrich Eberhard Gottlob Paulus, Jean Paul nach Heidelberg eingeladen hatte, kennengelernt – und war hin und weg. „Während eines Ausflugs küsst Jean Paul die junge Frau ‚stundenlang‘. Seiner Ehefrau berichtet er: ‚Ich habe seit 10 Jahren nicht so viel und so viele und so jugendlich empfindend geküßt‘. Dass er sogleich betont: ‚aber ich fühlte dabei das Feste und Hohe und Durchwurzelnde der ehelichen Liebe‘, nützt freilich wenig. Karoline Richter ist tief verletzt; ihretwegen könne er gleich in Heidelberg bleiben, schreibt sie später.“15)

In einem Brief an ihren Gatten vom 11./12. November 1817 ging sie auf seine Äußerung zur ehelichen Liebe ein und bemerkte dazu: „Du sonderst so scharf ‚eheliche Liebe‘ von diesem Gefühl und versicherst mich daß diese für mich von ganz anderer Art wäre - aber glaubst du daß das genug für mein Herz ist, daß du mich für einen treuen Hausüberrock hältst der einem am gemüthlichsten erwärmt wenn man die Fußkleider ausgezogen hat? Nein du bist mein höchstes Gut - entweder muß ich vernichtet werden, oder ich muß auch dir das Erste Theuerste sein.“ 16)

Als Jean Paul 1818 erneut in Heidelberg weilte, war sein Verlangen nach Sophie Paulus erloschen, und auch sie sah sich nach einem neuen Mann um. Der Auserwählte war August Wilhelm Schlegel (siehe: Schlegelsweg), den sie 1818 heiratete. „Jean Paul ist entsetzt: Ausgerechnet dieser eitle Mensch, über den sich alle zurecht lustig machen! ‚Der Vermählring beider ist Glanzsucht; er in seinem Alter will mit einem schönen Klavier-Mädchen, sie mit einem [...] berühmten Ehemännlein prunken‘, schreibt er.“ 17)

Die Ehe hielt nicht. „Sophie Paulus, nun ‚weder Jungfrau, noch Ehefrau, noch Wittwe, noch Liebende, nicht einmal Geliebte‘ (Jean Paul), lebt fortan zurückgezogen und stirbt am 5. Mai 1847 in Heidelberg.“18)
Warum Jean Paul so beliebt bei Frauen war, lag sowohl an seiner Persönlichkeit, aber auch an seinen Romanen. In Wikipedia heißt es dazu: „Besonders Leserinnen schätzten seine Romane. Dies lag vor allem an der Empathie, mit der Jean Paul die Frauenfiguren in seinen Werken gestalten konnte: Nie zuvor waren in der deutschen Literatur weibliche Charaktere mit einer solchen psychologischen Tiefe dargestellt worden. Allerdings finden sich auch nirgends sonst derart vergnüglich-misogyne Sticheleien wie bei Jean Paul. Ähnlich vielgestaltig und verwirrend wie viele seiner Romane muss auch Jean Pauls Charakter gewesen sein: Er war wohl sehr gesellig und geistreich, gleichzeitig extrem sentimental, von fast kindlichem Gemüt und schnell zu Tränen gerührt. (…) So gelangte er zu einer Weltanschauung ohne Illusionen, verbunden mit humorvoller Resignation. (…).“ 19)

Jean Paul widmete sich auch der Politik. So schrieb er 1801 „ein Essay über Charlotte Corday, die er als eine zweite Jeanne d'Arc feierte, (…). Die Verteidigung der Freiheit ist der durchgängige Zug, der sich in allen seinen Stellungnahmen zu Tagesereignissen wiederfindet. Zunächst war er persönlich betroffen. Die Philosophische Fakultät der Univ. Jena verweigerte die Druckerlaubnis für die Widmung der ‚Vorschule‘ an Hzg. August von Sachsen-Gotha wegen ihres zu freien Tons gegenüber dem Fürsten. J. nahm dies zum Anlaß einer Kampfschrift für allgemeine Pressefreiheit. (…). Die ‚Friedens-Predigt an Deutschland‘ (1808), die ‚Dämmerungen für Deutschland‘ (1809) und die ‚Politischen Fastenpredigten‘ (1817) galten dem Überdenken der Situation Deutschlands in Europa. Weltbürgerliche und nationale Komponenten halten einander dabei die Waage. J. sah in dem Zusammenbruch des alten Reiches die Chance zu einem Neubeginn auf allen Lebensgebieten. (…). Als anzustrebende Staatsform befürwortete er die konstitutionelle Monarchie mit einer gestärkten Volksvertretung. In einer ‚Kriegs-Erklärung gegen den Krieg‘ forderte er Völkerverständigung als ein Gebot der Humanität. (…),“ 20) ist in Wikipedia nachzulesen.

1813 begann Jean Paul mit seinem Roman „Der Komet“. Doch der Tod seines 18 Jahre alten Sohnes im Jahr 1821 raubte ihm die Kraft, ihn zu vollenden. „Vergebens war er bemüht gewesen, den Hochbegabten, durch den Hang zu asketischer Vergeistigung Gefährdeten, der in München und Heidelberg Philologie studierte, vor dem Einfluß des spätromantischen Mystizismus zu bewahren.“ 21)

1823 erkrankte der damals 60-Jährige am grauen Star und erblindete. Zwei Jahre später erlitt er die Brustwassersucht, woran er verstarb. Seine Ehefrau Karoline überlebte ihn um 35 Jahre.