Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Petersenkai

HafenCity (1889): Dr. Carl Friedrich Petersen (6.7.1809-14.11.1892), Erster Bürgermeister.
2017 ergänzt um die ebenso bedeutende Tochter Toni Petersen (23.3.1840 Hamburg – 20.9.1909 Hamburg).
Neuer Erläuterungstext: benannt nach Dr. Carl P. (1809-1892), Erster Bürgermeister und Senator der Freien und Hansestadt Hamburg und dessen Tochter Antonie (Toni) P. (1840-1909), Wohltäterin und Kunstmäzenin


In der Datenbank „Hamburger Persönlichkeiten“ heißt es über ihn: „Carl Friedrich Petersen, (…), Sohn des Stadtschreibers Marcus Hermann Petersen und der Kaufmannstochter Maria Catharina Neuber. Nach Jurastudium 1827-1830 in Göttingen und Heidelberg Promotion zum Dr. jur. Seit 1831 als Advokat in Hamburg tätig. Nach mehreren bürgerlichen Ehrenämtern seit 1855 Senator, seit 1876 Bürgermeister in Hamburg [1879/80, 1882/83, 1885/86, 1888/89 und 1891/92 Zweiter und Erster Bürgermeister]. Heirat 23.9.1837 mit der Hamburger Advokatentochter Kathinka Hasche.“ 1)

Carl Friedrich Petersen
Carl Friedrich Petersen gemalt von Max Liebermann

Petersen setzte 1888 Hamburgs Zollanschluss durch. Er war bis ins hohe Alter mit noch über 80 Jahren politisch tätig. Die Malerin Julie de Boor porträtierte ihn für ein Gemälde, das im Kaisersaal des Hamburger Rathauses zu hängen kam. Auch der Kunsthallendirektor Alfred Lichtwark (siehe: Lichtwarkstraße) ließ Petersen porträtieren, aber nicht von Julie de Boor, sondern von dem Maler Max Liebermann (siehe: Liebermannstraße). Doch von dem Ergebnis war Petersen nicht begeistert. Dazu schreibt Matthias Gretzschel: "Als Petersen das fertige Bild sah, zeigte er sich erbost, weil er sich in dem dargestellten Greis nicht wiedererkennen mochte. (..) Mit dem von der Rathausbaukommission etwa zeitgleich bei der Malerin Julie de Boor in Auftrag gegebenen Porträt hatte Petersen hingegen kein Problem. Es zeigt ihn zwar auch angegraut, aber deutlich jünger mit energischem Blick auf einem Stuhl mit hoher Lehne sitzend: ein aktiver Politiker, der den Eindruck macht, als habe er seine Beschäftigung mit dem vor ihm auf einem Tisch liegenden Papieren nur für einen Moment unterbrochen. So wollte sich Carl Friedrich Petersen auch mit über 80 noch sehen, vor allem wollte er aber so von der Nachwelt gesehen werden." 2)

Nach dem Tod seiner Frau Kathinka im Jahre 1863 führte seine Tochter Toni ihm den Haushalt. Als Antonie (Toni) Petersen zwischen 1876 und 1892 mit ihrem Vater, dem Bürgermeister Dr. Carl Friedrich Petersen, in der Großen Theaterstraße 33 wohnte, konnte sie von ihrem Fenster aus auf den Bühneneingang des Stadttheaters/Oper blicken. Das Wohnhaus steht nicht mehr. Toni Petersen war eine engagierte Kunstförderin und Wohltäterin. Sie leitete das Stadtteilbüro St. Pauli des 1899 gegründeten Hauspflegevereins und hielt für Hilfesuchende Sprechstunden ab. Der Verein half besonders armen Familien, wenn die Hausfrau durch Wochenbett oder Krankheit ihren hausfraulichen Pflichten nicht nachkommen konnte. In solchen Fällen schickte er eine Pflegerin – meist eine ältere Frau „von gutem Ruf“ – ins Haus, die nach dem Rechten sah.

Toni Petersen war auch Mitglied der Ortsgruppe Hamburg des 1900 gegründeten Deutsch-Evangelischen Frauenbundes (DEF), der Teil der bürgerlichen Frauenbewegung war und in dem eher die konservativen evangelischen Gesellschaftskreise Hamburgs vertreten waren. Der DEF kümmerte sich um die Armen und Schwachen. Ein Schwerpunkt war die Arbeiterinnen­betreu­ung. Hier verstand sich der DEF als Gegenpol zu der von der Sozialdemokratie getragenen Arbeiterinnenfürsorge. Die Helfenden legten großen Wert auf die Konfessions­zugehörigkeit. Auch hatte ihre Klientel den sittlichen und moralischen Vor­stellungen des DEF zu entsprechen. Ob Toni Petersen sich aus gesellschaftlicher Opportunität der Wohltätigkeit widmete oder ob es ihr ein Herzensbedürfnis war – zumal sie selbst an einem körperlichen Handicap litt, was ihr vielleicht ein größeres Verständnis für Menschen, die am Rande der Gesellschaft standen, eröffnete –, ist nicht mehr zu ermitteln. Die Presse jedenfalls würdigte anlässlich ihres Todes ihr karitatives Verhalten und lobte, dass Toni Petersen diese Tätigkeit still und bescheiden ausgeübt hatte – Attribute, die einer Frau in der damaligen Zeit auch in ihrer Ausübung auf den karitativen Gebiet gut zu Gesicht standen: „Fräulein Toni Petersen gehört zu der Gruppe der Elise Averdieck [siehe: Elise-Averdieck-Straße] und der Caroline Wichern [siehe: Wichernsweg, Wicherns Garten], obgleich ihr Wirken scheinbar noch stiller und unschein­barer war, und obgleich sie ohne eigenen Beruf durch ein langes Mädchendasein schritt. Sie wetteiferte nicht mit den tüchtigsten Männern, aber sie stand ihnen treu zur Seite, und die Tüchtigen und Bedeutenden bekannten sich als ihre Schuldner. Eine solche Partei­nahme setzt geistige Fähigkeiten voraus, und die Instinkte für heroisches über die Grenzen des Alltäglichen hinausgehendes Wollen. Es setzt Uneigennützigkeit und Opferwilligkeit voraus und Verständnis für die großen Ziele menschlicher Kulturbestrebungen. Von der Natur äußerlich stiefmütterlich behandelt, wurde sie dennoch keine Anklägerin ihres Geschicks, sondern eine unverbesserliche, stets hilfsbereite Optimistin. Ihr Name stand unter Aufrufen zu allen Samm­lungen und Wohltätigkeitsfesten in den letzten Jahren mit an erster Stelle, und sie ließ es nicht bei der bloßen Namensunterschrift bewenden.“

Toni Petersen war auch Mitglied im Deutschen Frauenverein für Krankenpflege in den Kolonien. 1901 wurde Vorsitzende dessen Hamburg Abteilung. (siehe dazu in: Notizen zur Hamburger Rotkreuzgeschichte. März 2019. Newsletter des DRK Landesverband Hamburg, S. 6.)

Toni Petersen litt seit ihrer Kindheit an einem schmerzhaften Hüftleiden. Dennoch – oder gerade wegen dieses Handicaps und der damit in der damaligen Gesellschaft verbundenen geringeren Aussicht auf eine Heirat – war sie es, die als junges Mädchen nach dem Tod der Mutter die Hausfrauenrolle im Vaterhaus an der Elbchaussee übernahm. Später dann, nach­dem ihr Bruder verwitwet war, übernahm sie auch in dessen Haushalt die Hausfrauen­pflichten. Da die Petersens kunst- und musikliebend waren, richtete Toni Petersen oft Gesell­schaften aus, zu denen z. B. Richard Wagner (siehe: Wagnerstraßenbrücke), Johannes Brahms (siehe: Johannes-Brahms-Platz) und Hans von Bülow (siehe: Bülowstieg) eingeladen wurden. Zu Richard Wagner entwickelte sie eine besondere freundschaftliche Beziehung. Sie übernahm den Vertrieb von Patronats­scheinen und half damit dem Bayreuther Festspielunternehmen aus seinen finanziellen Schwierigkeiten. Richard Wagner dankte ihr später durch die Übersendung seiner Photo­graphie mit folgender Widmung: „Richard Wagner, immer in Not und Sorgen, nur bei Toni Petersen wohl geborgen.“ Mit Richard Wagners Frau Cosima stand Toni Petersen lange Jahre im Briefwechsel, wurde von ihr sogar „Nichte“ genannt.

Toni Petersen und Hans von Bülow waren auch gern gesehene Gäste im Salon von Frau Lazarus, die gleich um die Ecke an der Esplanade 37 wohnte.

Neben Musikern verkehrte im Hause Petersen auch Fürst Bismarck (siehe: Bismarckstraße), den Toni Petersen mit ihrer Familie manchmal in Friedrichs­ruh besuchte und den sie sehr verehrte. Deshalb ist sein Konterfei auch neben dem von Tonis Vater, Johannes Brahms und Hans von Bülow als Porträt­medaillon unter dem von Julie de Boor (ihr Grabstein steht im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof) gemalten Porträt von Toni Petersen abgebildet. Unter dem Bild steht geschrieben: Toni Petersen 1840-1909, Tochter des Bürgermeisters Dr. Carl Petersen 1809-1892. Repräsentantin seines gastfreien Hauses, in dem große Zeitgenossen gern verkehrten. Be­geistert für alles Große, Gute und Schöne, unterstützte sie künstlerische und philanthropische (!) Bestrebungen.“ Das Porträt befindet sich heute im Museum für Hamburgische Geschichte.

Ihrer Herkunft entsprechend war es selbstverständlich, dass Toni Petersen zusammen mit einem Damen-Komitee, dessen erste Vorsitzende sie war, dem neuen Rathaus zu seiner Eröffnung im Jahre 1897 ein Geschenk überreichte: Das Komitee stiftete dem Senat für dessen Ratsstube, in dem bis heute die wöchentlichen Senatssitzungen abgehalten werden, einen mit dem großen Hamburger Wappen bestickten Wandbehang, der noch heute unter dem Baldachin hängt, unter dem der Erste und Zweite Bürgermeister ihre Plätze haben. Auch die Bürgerschaft wurde nicht vergessen. Sie erhielt für den Bürgerschaftssaal einen bestickten Panneau für die Wand hinter dem Sitz des Bürgerschaftspräsidenten.

Als Toni Petersen starb, berichtete die Hamburger Presse ausführlich über die Umstände ihres Todes. So schrieb das Hamburger Fremdenblatt: „Fräulein Toni Petersen, die Tochter des Bürgermeisters Petersen und Tante des Herrn Dr. Carl Petersen (Mitglied der Bürgerschaft), ist Montag nachmittag, als sie von einem Besuch bei ihrem Bruder, dem Direktor der Norddeutschen Bank, Rudolf Petersen, in der Parkstraße in Othmarschen zurückkehrte, in einem Wagen der Straßenbahn vom Schlage gerührt worden und verstorben. In hervorragender Weise hat sie die Wohltätigkeitsbestrebungen ihrer Vaterstadt Hamburg unterstützt. Ihre letzte Fahrt galt noch der Teilnahme an einer Wohltätigkeitssitzung.“

Ein Jahr nach ihrem Tod gründeten Damen und Herren der Hamburger Gesell­schaft die Toni-Petersen-Freibettenstiftung im Bad Oldesloer Auguste-Viktoria-Pflegeheim. Um dieses Unternehmen finanziell zu bewerkstelligen, gab es diverse Aufrufe in Hamburger Tages­zeitungen. Die Institutionalisierung der Stiftung wurde zu einem gesellschaftlichen Ereignis – von einem stillen Agieren und von Bescheidenheit im Geben für die Armen ist hier nichts zu spüren. Und so schrieben denn auch am 20. Juli 1910 die Hamburger Nachrichten: „Im Auguste-Viktoria-Pflegeheim zu Oldesloe hatte sich am Montag eine Anzahl Festgäste eingefunden, um die dritte Freibettenstiftung des Hauses einzuweihen. Über jedem dieser Freibetten ist eine Metalltafel mit dem Namen des Stifters bzw. der Stifterin angebracht. Die Anbringung der Tafel ist stets mit einer Zeremonie verbunden, die diesen Akt zu einem recht feierlichen gestaltet. Dem Bericht des Oldesloer Landboten über die Einweihung der Toni-Petersen-Freibettenstiftung entnehmen wir folgendes: ‚Mit dem Choral: ‚Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre‘ wurden die Freigäste empfangen, nachdem die auswärtigen Teilnehmer um 4 ½ Uhr von der Bahn abgeholt worden waren (…). Dann fand eine eingehende Besichti­gung des Heims statt, an die sich ein Kaffee im Speisesaal anschloß. Hier nahm Direktor Peters das Wort zur Festrede. Er schilderte eingehend die Geschichte des Heims vom Anfang bis heute und hob dabei die Verdienste der Frau Rompeltien, ihres Gatten und ihrer Tochter, der Frau Oberin, ins verdiente Licht. Durch die im Winter von Frau Rompeltien angelegte Sammlung zur Ehrung des verstorbenen Fräulein Toni Petersen sei es ermöglicht, außer einem Bildnisse der Verewigten, das Frau Julie de Boor malt, eine Freibettenstiftung zum Gedächtnis des Fräulein Toni Petersen im Auguste-Victoria-Pflegeheim ins Leben zu rufen, von deren Zinsen vier arme Leute mehr als bisher je vier Wochen im Auguste-Viktoria-Pflegeheim verpflegt werden (…). Später fuhren die Herrschaften durch die Stadt zum Kurhause. Das Abendessen wurde dort durch eine Reihe von Ansprachen verschönt. (…) Eine in poetischer Form gehaltene Ansprache widmete Oberrealschullehrer Maßmann den Frauen. (…).“