Engernweg
Niendorf (1948): nach dem germanischen Volksstamm Engern.
Der Straßenname wurde bereits in der NS-Zeit 1938 im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes vorgeschlagen. Vorher hieß die Straße „Schützenweg“. Zur Umbenennung in Engernweg kam es dann 1948. (Staatsarchiv Hamburg: 133-1 II, 38: Vorschlagliste, geordnet nach Stadtteilen, 1938)
Siehe auch: Chaukenweg
Siehe auch: Cheruskerweg
Siehe auch: Ostfalenweg
Siehe auch Nordalbingerweg
Siehe auch: Germanenweg
Über den Germanenmythos in der NS-Zeit schreibt Selina Wegener 1) u. a. : „‘Die Germanenideologie ist ein Eckstein der auf dem Primat der Rasse aufbauenden völkischen Weltanschauung mit ihrem antidemokratischen, ständisch-autoritären Gesellschaftskonzept […] und mit ihrem Ziel, die ‚Wiedergeburt‘ Deutschlands [zu erreichen]‘ 2)
Hinter dem Begriff ‚Wiedergeburt‘ Deutschlands verbirgt sich der Germanenmythos, der während der NS – Zeit sowohl von Heinrich Himmler, als auch Alfred Rosenberg propagiert wurde. Auf diesen Germanenmythos beriefen sich die beiden Ideologen, um ihre Pläne durchzusetzen. Beide sahen die Germanen als das ‚Urvolk‘ an, das in der Frühgeschichte Europas als Kulturbringer aus dem Norden kam. Ihr Ziel war es, die Kultur der germanisch-deutschen Vorfahren zu erhalten und weiterzuentwickeln. Himmler und Rosenberg versuchten dementsprechend für ihre Zwecke, den Germanenmythos zu verbreiten. Beide gründeten in diesem Zusammenhang ihre eigene Religion. Himmler verbreitete seine Religion in erster Linie SS – intern, denn Hitler stand der Germanenverehrung kritisch gegenüber und widmete sich lieber den Griechen und Römern als Vorbild. Im Zuge der neuen ‚Germanenreligion‘ führte Himmler bedeutende Änderungen ein. Indem Himmler die Germanen mit den Deutschen gleichsetzte, konnte er sein Ziel verwirklichen, die nationalsozialistische Ideologie im Grund der deutschen Geschichte zu verwurzeln. Dabei hatte der Bezug auf die Germanen eine pragmatische Bedeutung, nämlich die Rechtfertigung seiner Politik. Schon die Germanen hätten sich nicht mit anderen Völkern oder Rassen vermischt. Somit konnte Himmler die Judenpolitik mit Hilfe eines Rückbezuges auf die Germanen, welche die Vorfahren der Deutschen seien, rechtfertigen. Darüber hinaus hatte seine neu gegründete Religion zum Ziel, das Christentum zu verdrängen. Da Himmler der Überzeugung ist, dass die Germanen die Welt hätten erobern können, wenn sie nicht das Christentum auferlegt bekommen hätte, ist es für ihn von ausgesprochener Wichtigkeit, wieder ein Deutschland zu schaffen, welches auf Werten, Regeln und Bräuchen der Germanen wurzelt.
Auch Alfred Rosenberg kämpft gegen das Christentum und hat eine Ersatzreligion geschaffen. Diese beruft sich zwar auf die germanischen Werte und die pseudowissenschaftliche Rassentheorie, die die deutsche Wiedergeburt möglich machen sollten, dennoch wollte er keine Erneuerung einer germanischen Kirche, wie es bei Himmler der Fall war, sondern die Reformation der deutschen Nation. Insgesamt gesehen war sein Ziel, ein ‚neues Bild des deutschen Wesens und der deutschen Geschichte zu entwickeln‘. Rosenberg sah die nordische Seele als ‚Gottgleichheit‘ an, die Juden im Gegenzug als ‚Satan-Natur‘. Daraus lässt sich ableiten, dass auch Rosenberg seine Ersatzreligion als Begründung für seine Tätigkeiten im NS – Staat legitimiert. Dies verdeutlicht, dass es eine gewisse Konkurrenz zwischen Himmler und Rosenberg und deren Religionen gab.
Allerdings waren die beiden nicht die ersten, die sich mit dem Germanenmythos beschäftigten. Bereits im 18. Jahrhundert wurde begonnen, sich mit den Germanen zu befassen. Diese wurden als Vorbild für die Deutschen betitelt, das Leben sollte am besten so geführt werden, wie die Germanen es taten. In der Neuzeit gewannen die Germanen immer mehr an Popularität. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die Nationalsozialisten sich für ihre Ideologie auf das ‚Urvolk‘ der Deutschen beriefen. (…).“ 3)
Der germanische Volksstamm der Engern
Laut Wikipedia werden Engern auch Angrivarier genannt. Sie „waren ein germanisches Volk, das an der mittleren Weser, vornehmlich auf dem rechten Ufer zwischen Steinhude und dem Zufluss der Aller, wohnte und nördlich an die Chauken (an der unteren Weser) und Dulgubnier (in der heutigen Lüneburger Heide), südlich an die Cherusker, westlich an die Ampsivarier und Westfalen sowie östlich an die erst seit den Sachsenkriegen belegten Ostfalen grenzte.
Als Germanicus im Jahre 16 n. Chr. gegen die Cherusker vorrückte (Germanicus-Feldzüge), sollen die Angrivarier laut Tacitus in seinem Rücken einen Aufstand erregt haben, der durch Stertinius bald zur Ruhe gebracht wurde. Da die Stelle nur in einem Textzeugen überliefert ist und Germanicus eigentlich gerade erst die Ems überquert hatte und auf die Weser und das Siedlungsgebiet der Angrivarier zumarschierte, haben Historiker Angrivarier in Ampsivarier emendiert. Diese Emendation ist jedoch nicht unumstritten. Im weiteren Verlauf des Feldzuges, nach der Schlacht bei Idistaviso an der Weser, stellten sich die Angrivarier gemeinsam mit den Cherusken in der Schlacht am Angrivarierwall den Römern entgegen.
Nach Auflösung des cheruskischen Bundes erweiterten sie ihre Grenzen südwärts und entrissen unter Kaiser Nerva mit den Chjamaven den Brukterern [siehe: Bruktererweg] die Gegend nördlich der Lippe und an der Quelle der Ems. Später breiteten sie sich noch weiter nach Süden und Westen aus, schlossen sich unter dem auch auf das Land (Angaria, Engern) übergegangenen Namen der Angrivarier oder Engern dem Sachsenbund an und bildeten deren mittleren Teil.
Widukind von Corvey berichtet, dass der sächsische Stamm in drei große Teilstämme aufgeteilt war, nämlich die Westfalen, die Ostsachsen (Ostfalen) und die Engern. (…). Im Jahr 775 unterwarfen sich die Engern im Raum Bückeburg mit ihrem Anführer Bruno nach einer Niederlage Karl dem Großen und nahmen das Christentum an.
Aus dem Siedlungsgebiet der Angrivarier (deutsch Engern) formte sich im Mittelalter die Provinz Angaria (deutsch: Engern), eine der drei großen Provinzen im Stammesherzogtum Sachsen, zwischen Westfalen und Ostfalen. (…).“ 4)