Tycho-Brahe-Weg
Jenfeld (vor 1938): Tycho Brahe (14.12.1546 Schloss Knutstorp/Dänemark – 24.10.1601 Prag), Astronom.
Siehe auch: Keplerstraße
Siehe auch: Herschelstraße
Siehe auch: Rantzaustraße
Siehe auch: Frobeniusweg
Siehe auch: Mariusweg
Der Tycho-Brahe-Weg wurde in der Zeit des Nationalsozialismus benannt.
Der Adlige Tycho Brahe fand in Wandsbek Zuflucht, als er 1597 aus Dänemark vertrieben wurde. Graf Rantzau [siehe: Rantzaustraße] stellte ihm den Turm des Schlosses für astronomische Zwecke zur Verfügung. 1598 folgte Tycho Brahe einem Ruf Kaiser Rudolf II nach Prag.
Ähnlich wie bei dem Astronomen-Geschwisterpaar Caroline und William Herschel (18. Jhd.) (siehe: Herschelstraße) wird der ebenfalls als Astronomin wirkenden Schwester von Tycho Brahe kaum Aufmerksamkeit geschuldet, geschweige denn wurde eine Verkehrsfläche nach ihr benannt. Konnte dieses patriarchale Unrecht bei der 1958 allein nach William Herschel benannten Herschelstraße noch 2001 ausgebügelt werden, indem die Straße nun auch nach seiner Schwester mitbenannt wurde, ist dies beim Tycho-Brahe-Weg nicht möglich, da der Name dieser Verkehrsfläche aus dem Vor- und Nachnamen von Tycho Brahe, also nicht nur aus dem Nachnamen besteht. (Siehe zu Mitbenennung im Beitrag: Verschwiegene Frauen)
Beginnen wir also folgerichtig zuerst mit dem Lebensweg der Astronomin Sophie Brahe (24.8.1559 Schloss Knutstorp/Dänemark – 1643 Helsingor). Sie war die Tochter von Beate Clausdatter Bille, die zwischen 1584 und 1592 Oberhofmeisterin von Königin Sophie war, und Otte Brahe, der Mitglied des Reichsrats war. Die Familie Brahe gehörte zu den reichsten Familien in Dänemark.
Sophie bekam zwar eine gute Bildung, lernte Sprachen, aber „wissenschaftliche[n] Kenntnisse musste sie sich (…) größtenteils selbst und gegen den Widerstand ihrer Familie, die wissenschaftliche Tätigkeit für unangemessen für Adlige und ganz besonders für adlige Frauen ansah, aneignen. Unterstützt wurde sie von ihrem älteren Bruder Tycho Brahe. Er unterrichtete sie in Gartenbaukunst und Chemie. Ihre Kenntnisse in der Astrologie, die sie am meisten reizte, eignete sie sich selbständig an, denn Tycho schienen Mathematik und Astronomie als zu kompliziert für ein Mädchen. Da sie nicht Latein hatte lernen dürfen, ließ sie auf eigene Kosten lateinische Bücher übersetzen. Ihr Bruder erkannte ihre Fähigkeiten bald an, so dass sie schon als Jugendliche häufig mit ihm zusammenarbeitete. In seinem Schlossobservatorium Uranienborg auf der Öresundinsel Ven vor Landskrona führten sie gemeinsam Himmelsbeobachtungen durch und verfassten einen neuen Fixsternkatalog von tausend Gestirnstandorten. Gemeinsam beobachteten und beschrieben sie am 11. November 1572 die erste gesichert in Europa beobachtete Supernova (die erste bekannte Supernova – 1054 – war in China beschrieben worden), am 8. Dezember 1573 eine Mondfinsternis und 1577 einen Kometen. Ihr eigener Anteil an den Arbeiten ihres Bruders ist mangels Aufzeichnungen nicht genau zu rekonstruieren. Pierre Gassendi berichtet jedoch in seiner Biographie über Tycho Brahe von ihren hervorragenden Kenntnissen,“1) heißt es im Wikipedia Eintrag zu ihr.
Doch nach ihrer Zwangsverheiratung mit dem reichen Otto Thott um 1579 und der ein Jahr später erfolgten Geburt eines Kindes, war eine Zusammenarbeit mit dem Bruder nicht mehr möglich. Dennoch ließ Sophie nicht von ihrer Leidenschaft, sich zu bilden, ab und: „legte bei Eriksholm (heute Trolleholm), dem Gutshaus ihres Mannes in Schonen, einen berühmten Garten an, erweiterte ihre chemischen und medizinischen Kenntnisse durch das Studium von Paracelsius und war für die Gutsuntertanen als Ärztin tätig. 1587 überschrieb ihr König Friedrich II., der Tycho sehr förderte, das nahegelegene Gut Årup bei Ivetofta, dessen Kirche sie renovieren und neu ausstatten ließ. (…)2), ist ebenfalls in Wikipedia nachzulesen.
Nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahr 1588 erlangte sie wieder zu sich selbst. Neben der Erziehung ihres Sohnes und der Verwaltung ihrer Güter widmete sie sich wieder ihren Forschungen auf den Gebieten der Chemie und Medizin und beobachte mit ihrem Bruder wieder die Gestirne, erstellte Horoskope und schrieb Abhandlungen über Astronomie. Letztere – so steht es im Wikipedia Eintrag – sind nicht erhalten. 3)
Bei der Auswahl ihres nächsten Geliebten hatte Sophie allerdings kein gutes Händchen. Sie verlobte sich 1590 mit dem Adligen und Alchemisten Erik Lange, wofür sie die Erlaubnis ihres Bruders einholen musste. Lange konnte nicht mit Geld umgehen. Seine Experimente verschlangen sein ganzes Vermögen; er machte Schulden und floh deshalb nach Norddeutschland. Dort in Hamburg, wohin sie 1599 ihren Sohn begleitet hatte, der von dort für einige Zeit auf Bildungsreise gehen wollte, sah Sophie ihren Verlobten wieder. Nach über zehnjähriger Verlobungszeit kam es 1602 doch noch zur Heirat, und Sophie beglich die Schulden ihres Mannes. Doch fortan mussten die Eheleute zunächst in Armut leben, denn Sophies Familie akzeptierte ihren Gatten nicht, ebenso nicht ihre wissenschaftlichen Studien „und hielt die ihr zustehenden Gelder zurück (…).“ 4) Das hinderte Sophie aber nicht daran, auf ihrem Gut Ärup weiterhin alchemistische Studien zu betreiben.
Die Zusammenarbeit mit ihrem Bruder Tycho war bereits seit 1597 beendet. Damals war er nach Wandsbek zu Heinrich von Rantzau gegangen und nachdem dieser ein Jahr später verstorben war, nach Prag, wo er die Stelle des Hofmathematiker bekleidete und wo er 1601 im Alter von 54 starb.
Zwölf Jahre später starb dort auch Sophie Brahes Ehemann Erik Lange, der seit 1608 dort getrennt von ihr lebte.
Nachdem Sophie abermals Witwe geworden war, „ließ sie sich in Helsingør nieder und verfasste eine Genealogie der dänischen Adelsfamilien. Das 1626 abgeschlossene Manuskript umfasst 900 Seiten und wird heute in der Universität Lund aufbewahrt.“ 5)
Über Tycho Brahe steht in Wikipedia: „Am 19. April 1559 wurde er im Alter von zwölf Jahren an der Universität Kopenhagen immatrikuliert. (…). Eine Sonnenfinsternis im Jahr 1560 weckte Tychos großes Interesse an der Astronomie, und so begann er sich in dieses Fach zu vertiefen. (…). In den folgenden Jahren setzte er seine Studien an den Universitäten Leipzig, Wittenberg, Rostock und Basel fort. (…).“ 6) Für Frauen – und damit auch für Sophie Brahe - waren solche Studien an Universitäten verschlossen.
Und weiter heißt es im Wikipedia-Eintrag zu ihm zu lesen: „Unzureichende Beobachtungsmethoden damaliger Sternwarten führten dazu, dass er sich frühzeitig mit der Methodik und den Instrumenten zur Höhenpräzisionsmessung der Himmelskörperpositionen beschäftigte. Im Alter von 20 Jahren verlor Brahe in Rostock bei einem Duell, dessen Grund der Streit um eine mathematische Formel war, durch seinen Cousin Manderup Parsberg einen großen Teil seiner Nase. (…)
Brahe beobachtete 1572 gemeinsam mit seiner Schwester Sophie Brahe eine Supernova, ‚ein Wunder, wie es seit Anbeginn der Welt nicht gesehen wurde‘. Seine Schrift über den ‚neuen, nie zuvor gesehenen Stern‘ machte ihn“ 7) aber nicht Sophie, die genauso Anteil an dieser Entdeckung hatte - „unter den Astronomen in ganz Europa berühmt.“ 8)
Im Alter von 27 Jahren heiratete Brahe 1573 die Bürgerliche Kirstine Barbara Jörgensdatter. Das Paar durfte nicht kirchlich heirateten, ansonsten hätte Brahe seine Adelsprivilegien verloren. Das Paar bekam acht bis neun Kinder, von denen sechs Kinder das Erwachsenenalter erreichten.
Brahe forschte 21 Jahre lang an den Sternwarten Uraniborg und Stjerneborg auf der Öresundinsel Ven vor Landskrona. Finanziert wurden die Sternwarten von König Friedrich II. von Dänemark und Norwegen.
Zu Zeiten von Tycho Brahe „gab es noch kein Teleskop. Seine Beobachtungen der Fixstern - und Planetenpositionen, die damals mit Abstand die präzisesten waren und mit einer Genauigkeit von zwei Bogenminuten auch heute nicht ohne weiteres zu erreichen sind, führte er mit Hilfe eines großen Mauerquadranten durch. Aufgrund von Widersprüchen der Planetenbewegungen in den damals vorherrschenden Weltsystemen entwickelte er einen Kompromiss zwischen dem ptolemäisch-geozentrischen und dem kopernikanisch-heliozentrischen Planetensystem, das tychonische Weltbild genannt wurde.“ 9)
Als Brahe nach dem Tod von Friedrichs II. im Jahr 1588 die finanziellen Mittel für seinen Forschungen gekürzt worden waren, zog er „1597 auf Einladung seines Freundes Heinrich Rantzau in eines von dessen Gutshäusern, die Wandersburg bei Hamburg, (…).“ 10)
Von dort, wie bereits beschrieben, ging er mit seiner Familie nach Prag. Seine Frau Christine überlegte ihn um drei Jahre und lebte in dieser Zeit auf einem Gut in Bölhmen, das sie sich gekauft hatte.
In der Zeit, als Brahe in Prag weilte, kam es 1600 auf Schloss Benatek in der Nähe von Prag erstmals zu einer Begegnung mit dem Astronomen Johannes Kepler (siehe: Keplerstraße), denn beide wohnten dort zur selben Zeit, um zu arbeiten.
„Die Zusammenarbeit gestaltete sich überaus schwierig, zu unterschiedlich waren beide Charaktere. Brahe, eher jähzornig und herrschsüchtig, erschwerte dem 25 Jahre jüngeren, empfindsamen Kepler oft die Arbeit. Jedoch erkannte Kepler die große Bedeutung von Brahes umfangreichen Beobachtungen, dieser aber stellte ihm gerade so viel davon zur Verfügung, wie Kepler zur Bearbeitung der ihm von Brahe gestellten Aufgaben unbedingt benötigte. Kepler erkannte aber die Lücken in den Zahlenkolonnen und Tabellen und stellte Tycho Brahe deswegen zur Rede.“11)
Kurz vor seinem Tod legte Tycho Brahe fest: „dass nach seinem Tod Johannes Kepler alle seine wissenschaftlichen Unterlagen durchsehen sollte, um diese abzuschließen. Kepler folgte seinem Wunsch und veröffentlichte die gesammelten Daten und Ergebnisse unter Tycho Brahes Namen.“ 12)