Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Rantzaustraße

Marienthal (1950): Graf Heinrich Rantzau (11.3.1526 auf der Steiburg – 31.12.1598 Schloss Breitenburg), und Sohn, Besitzer des Gutes Wandsbek, Statthalter des dänischen Königs für die königlichen Anteile an den Herzogtümern Schleswig und Holstein.


Siehe auch: Tycho-Brahe-Weg
Siehe auch: Waldingstraße
Siehe auch: Frobeniusweg
Siehe zu den Aufgaben von Amtmännern, unter: Blomeweg
Siehe auch: Brockdorffstraße zum Thema: Amtmänner

Vor 1950 hieß die Straße Löwenstraße. Bereits in der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Rantzaustraße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1950 bei Löwenstraße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)

Heinrich Rantzau war der Sohn von Anna Rantzau, geb. Walstorp und des Ritters, Feldherrn und Herrn von Breitenburg Johann Rantzau.

1554 heiratete Heinrich Rantzau im Alter von 28 Jahren die damals 21-jährige Christine von Halle (1533-1603). „Sie soll eine Mitgift von vier Tonnen Gold in die Ehe eingebracht haben, die in Schuldverschreibungen über 400.000 Gulden bestand, eine der Grundlagen späterer Kreditgeschäfte Rantzaus und seiner Frau.“1)

Zum Zeitpunkt der Verehelichung war Christine von Halle bereits Vollwaise. Da sie mit der Heirat unter die Vormundschaft ihres Ehemannes kam, trat dieser auch das Erbe seiner Frau an. Er sicherte ihr aber eine Morgengabe und eine Leibzucht, damit sie im Falle der Witwenschaft versorgt sei. Als Gegenleistung hatte sie das „ehelige Beilager“ zu gewähren. Das sie dem nachkam zeigt sich in der großen Kinderschar des Paares, Zwölf Kinder wurden geboren (von Fehlgeburten ist nicht die Rede). Sieben Kinder überlebten die Eltern. 2

„Christine von Halle wurde von Heinrich Rantzau in viele seiner Geldgeschäfte persönlich miteinbezogen und betätigte sich auch selbst als Geschäftsfrau. Damit wirkte sie in einem sehr viel weiteren wirtschaftlichen Rahmen, als er den Frauen ihrer Zeit insbesondere auch durch das Luthertum gesteckt war. Hierbei dürften ihr eigenes wirtschaftliches Gewicht und ihre Geschäftstüchtigkeit eine große Rolle gespielt haben, aber auch die Prägung ihres mit seinen ‚Embtern‘, seinen Bauvorhaben und Buchproduktionen ohnehin mehr als ausgelasteten Ehemanns durch den Humanismus, welcher sich z. B. in Juan Luis Vives’ verbreitetem und erfolgreichem Werk De institutione feminae christianae für die geistige Bildung und damit Gleichachtung auch der Frau ausgesprochen hatte. Auch die bedeutenden Bauvorhaben des Ehepaars Rantzau weisen die Namen oder Initialen beider Eheleute auf. Das Einvernehmen der Eheleute wird auch deutlich durch ein dreifaches Akrostichon Rantzaus, in dem HENRICUS, CRISTINA und RANTSOV(I)V(S) sich aus dem Zusammenlesen von Anfangs-, Mittel- und Endbuchstaben ergibt. Hervorzuheben ist, dass Christine von Halle, die ihren Ehemann nur um vier Jahre überlebte, ihre Geschäftstüchtigkeit (…) nicht erst als Witwe zur Entfaltung brachte.“ 3)

Heinrich Rantzau: „war von 1556 bis 1598 Statthalter von Schleswig-Holstein (produx cimbricus) des dänischen Königs für die königlichen Anteile am Herzogtum Schleswig und am Herzogtum Holstein. Er (…) trat als Finanzier und politischer Berater unter drei dänischen Königen hervor, außerdem als Ökonom und Bauherr, als Verbesserer der Gutswirtschaft, als Geograph, als Autor und als Korrespondent bedeutender Zeitgenossen. (…) Heinrich wurde von seinem Vater bereits als Zwölfjähriger an der Universität Wittenberg eingeschrieben. Dort erhielt er unter Anleitung seines Hofmeisters Johannes Saxoniu seine so gute Ausbildung in der lateinischen Sprache, dass er sich ihrer zeitlebens als Autor und neulateinischer Dichter bedienen konnte. (…). König Christian III. ernannte den noch nicht 30-Jährigen 1554 zum königlichen Rat, ein Jahr später zum Amtmann von Segeberg. Als solcher bezog er die königliche Burg auf dem Kalkberg, begann aber bald mit der Errichtung eines eigenen Stadthauses. Dann bestellte Christian III. ihn am 1. März 1556 auch zu seinem Statthalter (produx) in den Herzogtümern Schleswig und Holstein, (…).“ 4)Der königliche Statthalter Heinrich Rantzau „betonte, daß er vor allem zur Erzielung [eigener] materieller Gewinne im landesherrlichen Dienst stehe.“ 5) Was darunter zu verstehen war, siehe dazu unter: Blomeweg: Aufgaben und Stellung der Amtmänner.

Die Amtmänner bzw. königlichen Statthalter führten „ihr Amt nicht vorrangig im ökonomischen Interesse ihres Herzogs, sondern in dem Bemühen um die Vergrößerung des eigenen Vermögens. Dabei galt ihnen zum Beispiel die Korruption, (…) nicht als grundsätzlich verwerflich. (…) In Schleswig-Holstein werden zuerst die gelehrten Räte der Herzöge versucht haben, den Adligen und insbesondere den landesherrlichen Dienern unter ihnen ein entsprechendes Unrechtsbewußtsein gegenüber solchen Denk- und Handlungsweisen zu entwickeln. Dies dürfte verstärkt während der politischen Machtkämpfe zwischen Landesherren und Ständen in den Jahren 1588-1616 geschehen sein, bei denen die hemmungslosen Bereicherungen der Amtleute zu einem der Streitpunkte wurden. (…)

Den Gottorfer Herzögen wie auch den anderen Landesherren wurden durch das ausbeuterische Verhalten der Amtleute beträchtliche finanzielle Schäden verursacht. Zu den hohen Besoldungen und den Deputaten, also den ursprünglich in Naturalien bezahlten Zusatzeinkünften, traten die unterschlagenen Gelder, die Zerstörungen in den Ämtern – etwa durch Jagden – und letztlich auch die Schädigungen der Untertanen. (…).“5)

Dass das Ausmaß der finanziellen Schädigungen groß gewesen sein muss, kann den Äußerungen der Königinwitwe Sophia von Dänemark (4.9.1557 Wismar – 3.10.1631 Nyköbing, Witwe von Friedrich II. von Dänemark, 1534-1588) aus dem Jahr 1594 entnommen werden. Dazu Malte Bischoff: „Sie warf dem königlichen Statthalter Heinrich Rantzau vor, er gäbe nur 3500 Rtl. aus dem Amt Segeberg (530 Pflüge Steuerkraft), obwohl es 12.000 Rtl. sein könnten. (…) Sophia war als Gegnerin des schleswig-holsteinischen Adels bekannt, und doch scheint die Größenordnung der Bereicherungen zu stimmen.“ 6)

Heinrich Rantzau war von 1564 bis 1598 Besitzer des Dorfes und Gutes Wandsbek. In dieser Funktion ließ er z. B. auch Wind- und Wassermühlen erbauen. „Unter Rantzau entwickelte sich aus dem Bauerndorf mit Herrensitz ein Ort emsigen Schaffens. Die Gutsabrechnungen verzeichneten Einnahmen von Korn-, Loh- und Pulvermnühlen,“ 7) schreibt Georg-Wilhelm Röpke. Und weiter heißt es bei ihm: „Heinrich Rantzau beteiligte sich nicht am Bauernlegen. Er behielt ein gutes Verhältnis zu seinen Bauern. Den geringen Umfang seines Wandsbeker Gutslandes [eine Bauernhufe groß] glich er durch Ankauf und Zupachten von Äckern, Wiesen und Weiden in den Nachbardörfern (…) aus. Die sieben bis acht Kätner des Dorfes zog er anfangs an einem Tag, später an zwei Tagen zu Hofdiensten heran.

Die Verwaltung des Gutsbetriebes übertrug Rantzau einem Pächter, der ihn auch in der Ausübung der Gerichtsbarkeit im Dorf vertrat.“ 8)

Durch geschicktes und erfolgreiches Wirtschaften erlangte Rantzau großen Reichtum, so dass er in der Lage war, anderen Adligen und Städten Geld zu leihen.

„Sein Amtssitz in Segeberg und sein Stammsitz auf der Breitenburg waren fast ein halbes Jahrhundert Zentren von Politik, Kunst und Wissenschaft. 1591 entwarf Rantzau einen Plan einer europäischen Friedensordnung. Als er sich 1593 erfolgreich gegen eine weitere Teilung der königlichen Anteile in den Herzogtümern zur Wehr setzte, fiel er in Ungnade. Kurz vor seinem Tod in der Neujahrsnacht 1598/99 war er tief gekränkt aus seinen Ämtern geschieden.“ 9)