Dominikweg
Jenfeld (1947): Hans Dominik (7.5.1870 Kulm – 16.12.1910 auf See), Major, Truppenführer
Der Dominikweg ist laut Straßennamenkartei des Hamburger Staatsarchives und auch nach Recherchen der dortigen Mitarbeitenden nicht nach dem Schriftsteller Hans Dominik (1872-1945) benannt, wie irrtümlich in einigen Veröffentlichungen immer wieder behauptet wird.
Bereits in der NS-Zeit wurde der Dominikweg als neuer Straßenname (alter Straßenname: Weddigenstraße, benannt nach Otto Wedding (1882-1915), U-Bootkapitän im Ersten Weltkrieg) in der Liste „Umbenannte Straßen“ aufgeführt. Die Liste wurde im Hamburger Adressbuch von 1943 veröffentlicht und listet alle in der NS-Zeit umbenannten Straßen auf, auch diejenigen, bei denen die konkrete Umbenennung noch nicht vollzogen wurde. Bereits umbenannte Straßen wurden mit einem Stern gekennzeichnet.
Nach der Einführung des Groß-Hamburg-Gesetzes im Jahre 1937, durch das z. B. Altona, Wandsbek, Harburg-Wilhelmsburg, Lokstedt, Niendorf, Schnelsen, Rahlstedt, Bramfeld, Lohbrügge und andere Gebiete, die heute Hamburger Stadtteile sind, nach Hamburg eingemeindet worden waren, ergaben sich bei den Straßennamen häufig Doppelungen. Viele der für eine Umbenennung in Frage kommenden alten Straßennamen wurden in der NS-Zeit aber nicht mehr umbenannt. Eine Umbenennung nach den 1943 aufgelisteten neuen Straßennamen erfolgte für diverse Straßennamen dann nach der Befreiung vom Nationalsozialismus. So wurde der Dominikweg 1947 benannt.
Friedrich Wilhelm Hans Dominik schlug eine Laufbahn bei einem brandenburgischen Regiment ein, wo er 1890 zum Leutnant ernannt wurde, dann bewarb er sich für einen Einsatz im Ausland. Als Hauptmann Curt von Morgen, der aus dem gleichen Regiment stammte, 1894 für Kamerun eine koloniale „Schutztruppe“ – eine dem Kaiser unterstellte Militäreinheit aus deutschen Offizieren und afrikanischen Söldnern – zusammenstellte, ernannte er Dominik zu seinem Adjutanten. Die „Schutztruppe“ sollte den Widerstand der lokalen Bevölkerung gegen die koloniale Expansion brechen und Kriegsgefangene zur Arbeit auf den Plantagen der deutschen Großgrundbesitzer zwingen.
Die Hamburger Handelshäuser Adolph Woermann (siehe zu Woermann unter: Cornelius-Fredericks-Stieg) und Jantzen & Thormählen hatten sich bereits 1862 mit Faktoreien an der Kamerunküste festgesetzt. Der einheimische Zwischenhandel zwischen Binnenland und Küste, der die Waren verteuerte, war ihnen ein Dorn im Auge. Um ihre Einflusssphäre zu erweitern, versuchten sie seit geraumer Zeit, Reichskanzler Bismarck (siehe: Bismarckstraße und Bismarckstein) von der Notwendigkeit der Gründung einer Kolonie in Kamerun zu überzeugen. Den Königshäusern Bell und Akwa hatten sie betrügerische „Schutzverträge“ zur Unterschrift vorgelegt. Bei der Berliner Afrika-Konferenz 1885, welche die Hamburger Händler eingefädelt hatten, wurde schließlich ihrem lang gehegten Wunsch entsprochen. Nun sollte die militärische Intervention den unerwünschten Zwischenhandel ausschalten und den Weg ins Landesinnere zu den fruchtbaren Hängen des Kamerunbergs freikämpfen.
In ihrem ersten Einsatz bekämpfte die „Schutztruppe“ die Händler der Abo, die sich strikt verweigerten, vom Zwischenhandel abzulassen. Dominiks Befehl: „Fernhalten der Aboleute vom Fluss, ihrer Lebensader.“ Dabei ging seine rund 120 Mann starke, schwer bewaffnete Einheit nach der Taktik der „verbrannten Erde“ vor. Dominik befahl die „Festsetzung im Gebiet des Feindes, Verwüstung seiner Siedelungen und Pflanzungen und unausgesetztes Aufstöbern, bis um Frieden gebeten wird.“, denn die Kolonisierten „müssen wissen, dass ich ihr Herr und der Stärkere bin, solange sie das nicht glauben, müssen sie es eben fühlen, und zwar hart und unerbittlich, so dass ihnen für alle Zeit das Auflehnen vergeht.“ Frei nach seinem Leitspruch „Nicht rechts geschaut, nicht links geschaut, vorwärts - geradeaus, auf Gott vertraut und durch!" hinterließ er eine Spur der Verwüstung.
Den Bakweri (Kpe) unter ihrem König Kuv’a Likenye war es 1891 gelungen, die deutsche Kampftruppe in die Flucht zu schlagen. Dominiks „Strafexpedition“ am Kamerunberg sollte nun vor allem ein Rachefeldzug werden. Gegen die schwer bewaffnete „Schutztruppe“ konnten sich die Bakweri nicht mehr behaupten. Die Besiegten ließen sich aber nicht verbiegen, lieber verließen sie das Land ihrer Vorfahren, das sie ernährt hatte; Kuv’a Likenye starb auf der Flucht. Wer dennoch blieb, wurde in Ketten zur Zwangsarbeit auf den Großplantagen verschleppt oder in Reservate in unfruchtbaren Randlagen des Kamerungsbergs getrieben. In Gbea, dem einstigen Wohnort der Bakweri, der 1894 von Dominiks Truppen in Schutt und Asche gelegt worden war, entstand in luftigen Höhen der deutsche Verwaltungssitz Buea. Den verschwenderisch ausgestatteten Gouvernementpalast („Puttkamer-Schlösschen“) mussten gefangene Bakweri bauen.
Als der bewaffnete Kampf der Bevölkerung nur noch wenig erfolgreich war, zogen sich die Kolonisierten zurück auf gewaltlose Formen des Widerstands. Die Königshäuser Bell und Akwa verfassten Petitionen und schickten Delegationen nach Berlin, um sich über Kettenhaft, Zwangsarbeit und Prügelstrafe zu beschweren. Wegen dieser Eingaben wurde immerhin der verhasste Gouverneur Jesco von Puttkamer abberufen. Doch schließlich wurde der wichtigste Douala-Fürsprecher, König Rudolf Manga Bell, der die Einhaltung der mit den Hamburger Handelshäusern abgeschlossenen „Schutzverträge“ umsichtig aber beharrlich einforderte, wegen „Hochverrats“ zum Tode verurteilt.
1896 übernahm Dominik die Leitung der Militärstation Jaunde (Yaoundé), 1898/1899 befehligte er „Strafexpeditionen“ gegen die Wute und Bakoko. Sein brutales Vorgehen stieß jetzt auch im Berliner Reichstag auf Protest. Bismarck sah sich veranlasst, Dominik zu rügen, als ruchbar wurde, dass er gefangene Frauen an die Soldaten seiner Hilfstruppe „verschenkte“. Dominik wurde abberufen, kehrte aber schon 1903 nach Kamerun zurück, um den Posten als Verwaltungschef für den Jaunde-Bezirk zu übernehmen. 1910 wurde er zum Major befördert, wenige Monate später schlug er den Aufstand der Makaa am oberen Nyong nieder. Aufgrund gesundheitlicher Probleme trat Dominik im November 1910 eine Schiffsreise nach Europa an. Im Alter von 40 Jahren starb er vier Wochen später auf See vor der guineischen Küste.
Dominik hatte eine Tochter mit Namen Marie Ngono, die nach seinem Tod 1911 geboren wurde.
Bis 1914 waren 90.000 Hektar Land rund um den Kamerunberg von der Kolonialverwaltung enteignet und zu Spottpreisen an Aktiengesellschaften verkauft. An den Konzessionsgesellschaften Kamerun Land- und Plantagengesellschaft, Westafrikanische Pflanzungsgesellschaft Victoria, Gesellschaft Nord-West-Kamerun, Kamerun-Land-und-Plantagengesellschaft, Kamerun-Tabakbau-Gesellschaft, Gesellschaft Süd-Kamerun, Moliwe-Gesellschaft waren Hamburger Handelshäuser und rheinische Schwerindustrielle als Großaktionäre beteiligt.
1912 stiftete die Gesellschaft Süd-Kamerun Dominik ein Denkmal in Kribi; ein zweites Denkmal für Yaoundé kam wegen des Ersten Weltkriegs nicht zur Aufstellung. Um 1930 wurden die Standbilder mit der Woermann-Linie nach Hamburg verschifft. Die Statue aus Yaoundé wurde 1935 vor der Universität Hamburg gegenüber dem Wißmann-Denkmal (siehe: Wißmannstraße) aufgestellt. 1968 stürzten Studierende die Denkmäler Dominiks und Wißmanns von ihren Sockeln. Beide wurden im Keller der Sternwarte Bergedorf eingelagert, wo sie sich noch heute befinden.
Deutschlands koloniale Eroberung Kameruns führte zu weit über hundert bewaffneten Auseinandersetzungen. Wegen der unerbittlichen Menschenjagd, wegen Mord, Folter, Kopfsteuer und Zwangsarbeit lebt die Figur des Mayor Dzomnigi oder Doumniki als Schreckensmythos in Erinnerung der kamerunischen Bevölkerung fort. Hingegen werden die Führer des Verteidigungskampfes Kuv’a Likenye in Buea und Asunganyi in den Bangwa-Bergen als Helden verehrt.
Nach dem Ersten Weltkrieg setzte sich der Widerstand gegen die neuen Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich fort. Kamerun errang seine Unabhängigkeit 1960 für das französische und ein Jahr später für das britische Territorium.
Text: HMJokinen, Mitarbeit: Frauke Steinhäuser
In Hamburg gibt es seit 2011 gegen diese Straßenbenennung Proteste. Sie sind bisher [Stand: Frühjahr 2024] wirkungslos geblieben.