Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Brunhildstraße

Rissen, seit 1939, benannt nach der Brunhild im Nibelungenlied um 1200


Siehe auch: Kriemhildstraße; Siegrunweg; Uteweg
Siehe auch: Alberichstieg, Rissen (1951); Gestalt aus der Nibelungensage
Siehe auch: Gernotstraße, Rissen (1949): Gernot, Gestalt aus der Nibelungensage
Siehe auch: Hildebrandtwiete, Rissen (1951): Gestalt aus den Nibelungenlied
Siehe auch: Mimeweg, Rissen (1951): Mime der weise Schmied im Nibelungenlied
Siehe auch: Rüdigerau, Rissen (1949): Sagenmotiv aus der Nibelungensage
Siehe auch: Siegfriedstraße, Rissen (1933): Gestalt aus dem Nibelungenlied
Siehe auch: Tronjeweg, Rissen (1985): Hagen von Tronje, Gestalt aus der Gudrun- und Nibelungensage
Siehe auch: Volkerweg, Rissen (1949): Volker von Alzey Nibelungensage

1939 wurde diese Straße nach der Frauengestalt Brunhild aus der Nibelungensage benannt. Die Nibelungensage – und damit auch Brunhild – wurden von den Nationalsozialisten für Ihre Zwecke instrumentalisiert. Bezogen auf Brunhild schreibt dazu Jana Mussik: „Eine interessante Rolle für die (…) Rezeption des Stückes der Nationalsozialisten spielte die Figur der Brünnhilde. Sie wurde zum Ideal eines heroischen Frauenbildes. Eine Frau, die nur den einen Mann akzeptiert, der sie im gleichberechtigten Kampf besiegt. ‚[…] Beweist sich nicht in dieser Frauengestalt das Germanentum noch viel deutlicher, als in einem strahlenden Siegfried[?]‘ [Gudrun Schwarz: „Siegfried und Brunhild“ – ein „Herrenmenschenpaar“. Ein Beitrag zur Geschlechtergeschichte. In: Richard Wagner im Dritten Reich. Hg. v. Saul Friedländer/ Jörn Rüsen. München 2000, S. 251-263. Hier S. 251.] Diese These von der Gleichwertigkeit zwischen Männern und Frauen fand vor allem bei völkischen und nationalsozialistischen Ideologinnen großen Anklang. Die Frau als heldische Frau, als Kampfgenossin des Mannes. Himmler interpretierte die Frauenrolle ein wenig anders, der Mann sollte führen, die Frau geführt werden. Allerdings sah auch er einen Wert in der Brünnhilde und verstand es, diesen auch zu propagieren. Es war ihm schon länger ein Dorn im Auge, dass zu viele der ‚arischen Männer‘ eine als rassisch minderwertig geltende Frau heirateten. Auch Siegfried beging in seinen Augen diesen Frevel. Anstatt die ihm ebenbürtige, für ihn bestimmte und rassisch hochwertige Brünhild zu ehelichen, entscheidet er sich für die schwächere, minder-wertige Frau. Solch ein Verrat konnte nur mit dem Untergang Siegfrieds und der Nibelungen bestraft werden. Diese Auffassung sollte nun die sich schon länger im Gespräch befindlichen Ehevermittlungen rechtfertigen. Interessanterweise nimmt der stets unfehlbare Siegfried an dieser Stelle die Rolle des Verräters ein, der seinen Tod verdient hatte. Der sonst so zuverlässige, unfehlbare ‚Sonnen-Siegfried‘ scheint in dieser Hinsicht vergessen.“ 1)

Es gibt zwei imposante Frauengestalten gleichen Namens, die in den mythologischen und historischen Quellen unterschiedliche Rollen spielen.

So gibt es die mächtige und kämpferische isländische Königin Brünhild aus dem Nibelungenlied, einem Heldenepos aus dem Mittelalter, das um 1200 in Deutschland aufgezeichnet wurde, in diversen Sagenüberlieferungen auch in Skandinavien weit verbreitet war. „Die Nibelungensage umfasst 1. die Jung-Siegfried-Abenteuer, 2. die Siegfried-Brünhild-Sage (Siegfrieds Tod), 3. den Untergang der Burgunden und 4. Atilas Tod.“ 2) Es ist in 35 Handschriften überliefert und eine Rekonstruktion der ursprünglichen Textgestalt scheint nicht möglich.

Als mögliches reales Vorbild gilt Brunichild (geb. um 545/550-613), eine politisch einflussreiche Frankenkönigin westgotischer Herkunft, Tochter des Westgotenkönigs Athanagild und der Königin Goswintha (Goiswintha), die Sigibert I. (535–575), den König des fränkischen Ostreichs, heiratete. (Dieser galt lange als reales Vorbild für den Drachentöter Siegfried).

Die Schreibweise ihres Namens wandelt sich in den Erzählungen der Nibelungensage: In den deutschen Texten wird später aus dem u ein ü, und in den nordischen Texten ein y. Daher heißt es in neuhochdeutscher Orthographie Brünhild, in altnordischen Texten hingegen Brynhildr, heutzutage Brynhild, da die alte Nominativendung -r weggelassen wird.

In diesen Erzählungen ist Brünhild eine mit übernatürlichen Kräften ausgestattete isländische Königin, die nur einen ihr ebenbürtigen, ja stärkeren Mann heiraten würde. Der König der Burgunder, Gunther, wirbt um sie, könnte sie aber nicht bezwingen und gewinnt Siegfried von Xanten zu einem Betrug. Dieser junge Held darf Kriemhild (siehe: Kriemhildstraße), Gunthers Schwester, heiraten, aber nur unter der Bedingung, dass er Gunther bei der Brautwerbung und den kämpferischen Freierproben beisteht, also ihn mit einer Tarnkappe unterstützt. Der Plan gelingt, Brünhild muss als Ehefrau Gunthers und Königin von Burgund nach Worms ziehen.

Das Interesse am Nibelungenlied wuchs vor dem Hintergrund der nationalen Bewegungen im 19. Jahrhundert und wurde auch für die Bühne bearbeitet, etwa von Friedrich Hebbel (siehe: Hebbelstraße) in seinem Trauerspiel in drei Abteilungen „Die Nibelungen“ (1861). Auch hier verliebt sich der burgundische König Gunther in die Königin Brunhild von Isenland, die im Lied eines Spielmanns als schön, aber unbesiegbar geschildert wird. Doch Brunhild will nur einen Mann, der stärker ist als sie. Zweimal täuscht Siegfried (siehe: Siegfriedstraße) sie in Gestalt Gunthers mit einer Tarnkappe, um ihren Willen zu brechen: Bei Kampfspielen während der Braut-Werbung besiegt Siegfried sie, worauf sie samt Gefolge an den Hof Gunthers zieht. Und beim Beischlaf setzt Siegfried als vermeintlicher Gunther seinen Willen durch, beraubt sie aber ihres Gürtels. Den entdeckt Siegfrieds Gattin Kriemhild. Sie entlockt Siegfried das Geständnis seines Betruges. Am Haupteingang des Wormser Doms kommt es zu Rangstreitigkeiten um den Vortritt, in dessen Verlauf Kriemhild, die Schwester Gunthers, ihre Schwägerin Brunhild als „Kebsweib“ (Hure/ Mätresse) ihres Gatten Siegfried beschimpft. Die gedemütigte Brunhild fordert von König Gunther den Tod Siegfrieds, den Hagen, Gefolgsmann Gunthers, ausführt.

Richard Wagner verarbeitet diverse Figuren und Erzählstränge der Nibelungen-Sagenwelt mit nordischen Göttermythen zu seiner Tetralogie „Ring des Nibelungen (UA 1876), die sehr populär wurde. In „Die Walküre“ („Erster Tag“) spielt Brünnhilde, Tochter des Götterpaares Erda und Wotan, eine bedeutende Rolle. Als Walküre sorgt sie mit ihren Schwestern dafür, die getöteten Krieger per Pferd nach Walhalla zu tragen. Zunächst ist Brünnhilde die selbstbewusste Lieblingstochter Wotans, wird dann aber, nachdem sie sich für das liebende Zwillingspaar Siegmund und Sieglinde eingesetzt hat, von Wotan auf einem Berg in einen „wehrlosen Schlaf“ versetzt. Sie kann Wotan aber noch die Zusage abringen, dass sie vor den vorbeiziehenden Männern durch einen Feuerring geschützt werde, den nur ein Held durchschreiten könnte. Diesen überwindet dann der junge und unerfahrene Held Siegfried in der folgenden Oper „Siegfried“ („Zweiter Tag“) - und er und Brünnhilde verlieben sich ineinander.

Nach Wagners Angaben setzt sich ihr Name zusammen aus „Brünne“ für ihren Brustpanzer und „Hilde“ in Anlehnung an „hild“, eine althochdeutsche/altsächsische Bezeichnung für „Kampf.“

Text: Birgit Kiupel