Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Beim Amsinckpark

Lokstedt (1957): Wilhelm Amsinck (31.7.1821 Hamburg – 8.4.1909 Hamburg), Kaufmann


Siehe auch: Amsinckstraße
Siehe auch: Burchardkai
Siehe auch: Slomanstraße
Siehe auch. Vorwerkstraße
Siehe auch: Willinks Park

Wilhelm Amsinck war der Neffe von Wilhelm Amsinck, nach dem die Amsinckstraße benannt ist.
Sein Vater war Johannes Amsinck, Alleininhaber des Handelshauses Johannes Schuback & Söhne (siehe: Schubackstraße), „das vor allem im Handel mit Portugal und dessen Kolonien engagiert war. In dieser Gesellschaft begann auch Wilhelm jr. seine kaufmännische Lehre, erweiterte seine Kenntnisse in Brasilien und London und wurde 1849 schließlich Teilhaber im väterlichen Unternehmen.“ 1) Damit profitierte er vom Kolonialismus. Eines der Hauptexportgüter aus Brasilien war Kaffee. Auch wenn zu Zeiten von Wilhelm Amsinck jr. Brasilien keine portugiesische Kolonie mehr war und Brasilien 1851 den Versklavungshandel zwar offiziell abgeschafft hatte, wurde die Sklaverei erst 1888 untersagt. Kim Todzi, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich Globalgeschichte der Universität Hamburg und wissenschaftlicher Koordinator der Forschungsstelle Hamburgs (post-)koloniales Erbe schreibt über Hamburg und das deutsche Kolonialreich u. a.: „Im Lauf des 19. Jahrhunderts konnten Hamburger Kaufleute durch die Ausbreitung des Freihandels, also der Beseitigung von Handelsmonopolen und anderen Handelshemmnissen, unter der Hegemonie des britischen Empires ihre Handelsaktivitäten weltweit ausdehnen. Hatten die Hamburger Handelshäuser bisher nur selten direkten Handel mit Gebieten außerhalb Europas getrieben, sondern Waren nur über den Umweg über die Handelszentren der europäischen Kolonialmächte wie London, Liverpool, Bordeaux, Cádiz und Amsterdam bezogen, veränderte sich dies durch die erste Dekolonisationswelle südamerikanischer Staaten zwischen 1809 und 1825 und den allmählichen Übergang vom Merkantilismus zum Freihandel. (…).

Hamburgs Wirtschaft expandierte im 19. Jahrhundert stetig und die Hafenstadt wurde zu einem der größten europäischen Handelszentren. (…)

Hamburg stieg (…) zur Kolonialmetropole des Kaiserreichs auf. Der Hafen verband die Kolonien mit dem Deutschen Reich. Zahlreiche Reedereien – wie die Woermann-Linie [siehe zu Woermann unter: Cornelius-Fredericks-Stieg] oder Deutsch-Ost-Afrika-Linie –, Handels- und Plantagenunternehmen hatten hier ihren Sitz. Kolonialwaren wie Palmöl, Elfenbein, Kaffee, Zimt, Kakao, Bananen und Tee wurden seit 1888 in der neu erbauten Speicherstadt, dem damals größten zusammenhängenden Lagerkomplex der Welt, gelagert und von dort weiter verkauft. Vom Hamburger Hafen liefen die Schiffe aus, auf denen Produkte in die (deutschen) Kolonien exportiert wurden. Das waren neben einem großen Teil hochprozentigen Alkohols vor allem Kleidung und Stoffe aus Baumwolle, Waffen und Munition sowie Salz. (…).“ 2)

1857 hatte der damals 36-jährige Wilhelm Amsinck die damals 17-jährige Emily Henriette Willink (14.31840 Sankt Thomas/Westindien – 27.3.1858 Hamburg), deren Vater (siehe: Willinks Park) sich ebenfalls als Kaufmann betätigte, geheiratet.

Ein Jahr zuvor war er Mitbegründer und Verwaltungsratsmitglied der Vereinsbank Hamburg geworden.

Bereits ein Jahr nach der Hochzeit starb die damals 18-jährige Emily Amsinck nach der Geburt ihres ersten Kindes, einer Tochter.

Fünf Jahre später heiratete der 42-jährige Wilhelm Amsinck, der neben seiner kaufmännischen Tätigkeit auch Mitglied des Aufsichtsrates der Berlin-Hamburgischen Eisenbahngesellschaft, Richter am Handelsgericht, portugiesischer Honorarkonsul und später ehrenamtlicher Generalkonsul war, die Schwester seiner verstorbenen Frau, die damals 19-jährige Laetitia Sophie Willink (23.2.1845 Hamburg – 11.1.1923 Hamburg). Das Paar bekam elf Kinder, geboren: 1864, 1865, 1867, 1869, 1872, 1873, 1875, 1876, 1877, 1880, 1884. 3)

Als Wilhelm Amsinck bereits Vater von vier Kindern war, gehörte er von 1871 bis 1884 auch noch dem Aufsichtsrat der Hypothekenbank in Hamburg an.

Wilhelm Amsinck, der mit seiner Familie an der Esplanade wohnte, ließ in Lokstedt einen Park mit hochherrschaftlicher Villa erbauen, in der er mit seiner Familie in den Sommermonaten lebte (Amsinckpark in Hamburg Lokstedt). 4) Das Grundstück hatte er von seinem Schwiegervater übernommen. Er engagierte 1868 den Architekten Martin Haller (siehe. Martin-Haller-Ring) für den Bau der Villa mit Empfangs- und Gesellschaftsräumen.

Amsinck ließ später auf dem Gelände für seine älteste Tochter Emily noch ein Haus erbauen, in das sie mit ihrem Ehemann, dem Bürgermeister Johann Heinrich Burchard (siehe: Burchardkai), einzog. In einem dritten Haus lebten „die anderen Kinder mit ihren Familien [in den Sommermonaten]. Sohn Carl heiratete die Tochter des englischen Reeders Edward Carr, seine Schwester Elisabeth dessen Vetter Carl Brödermann-Sloman [siehe: Brödermannsweg], auch ein Reeder und Cousin von Henry Sloman [siehe: Slomanstraße], der mit Vorwerks [siehe: Vorwerkstraße] in Chile zusammenarbeitete und es mit seinen Dampfern und mit Salpeter zum reichsten Mann der Stadt gebracht hatte.“ 5)

John F. Jungclaussen beschreibt das Leben in der Lokstedter Villa. „Wilhelms Enkel wuchsen in Lokstedt in der Obhut von Ammen, Gouvernanten, Kindermädchen und Hauslehrern auf (…). Es gab Ponys und Pferde für den täglichen Reitunterricht, Kutschfahrten, Ruderpartien auf dem See und einen ganzen Wald zum Toben. (…) Jeden Abend sahen die Kinder zu, wie ihre Eltern die feinste Garderobe anlegten, um die Allee hinunter zu fahren und im Haupthaus nach strenger Etikette zu Abend zu essen. (…). [Die Hauptrolle von Wilhelm Amsinck, der Großvater der Kinder] war es, dem ganzen Clan als Identifikationsfigur zu dienen. Diesen Part hatte er für sich selbst kreiert und perfektioniert.

An der Ecke des Hauses hatte er einen kleinen Turm anbauen lassen. Hier oben im Turmzimmer war sein Refugium. Dorthin zog er sich zurück und blickte mild und zufrieden über sein Land und seine Familie und auch ins Dorf nach Lokstedt, über das er wie ein ungekrönter Herrscher waltete. Denn für die Dorfbewohner bedeuteten Amsincks Geld. Wenn die Familien für den Sommer ankamen, konnte der Schlachter sich darauf einrichten, jede Woche einen weiteren Ochsen zu schlachten, der Bäcker konnte Dutzende mehr Brote backen und der Gemüsehöker bemühte sich, die exotischsten Früchte aus Hamburg einzukaufen.“ 6)

Über die Amsinck-Villa, in der heute (Stand: 2022) eine Kita der Ballin Stiftung untergebracht ist, heißt es in einem Prospekt des Denkmalschutzamtes Hamburg: "Die Amsinck-Villa liegt auf dem Liethberg unweit des Tierparks Hagenbeck und ist umgeben von einem öffentlichen Park (...). Mit dem Bau des Hauses und der Gestaltung der Grünfläche, die ursprünglich etwa drei Mal so groß wie der heutige Park war, hatte Wilhelm Amsinck den späteren Rathaus-Architekten Martin Haller und den Gartenbauarchitekten Friedrich Joachim Christian Jürgens beauftragt. Sie legten den Park so an, dass die spätklassizistische Villa mittig auf einer Anhöhe thront, was für derartige Anwesen ungewöhnlich ist. (..) Auch im Innern weist das Haus zahlreiche seltene Details auf, beispielsweise ein gusseisernes Blätter-Dekor zwischen den hölzernen Stufen des Treppenhauses. (...). Nach Amsincks Tod 1909 wurde der Lokstedter Besitz verkauft. Von 1939 bis 1946 mietete sich eine Polizei-Hundestaffel ein." 7)

Bei der Restaurierung der Villa wurden an den Zimmerwänden an einigen Stellen alte Farbschichten freigelegt. Diese sind auch heute noch zu sehen und zeigen, welche Farben in früheren Jahrzehnten, zur Ausschmückung der Zimmer benutzt wurden. In einem der Zimmer im oberen Stockwerk der Villa, in der heute Kitakinder mit Lernen beschäftigt werden, ist an einer der Wände ein Spruch aus der NS-Zeit, der auf die damals dort untergebrachte Hundestaffel hinweist, freigelegt worden – dies allerdings ohne Kommentierung. In Wikipedia ist über Hundestaffeln in der NS-Zeit Folgendes nachzulesen: "Bei Militär und Polizei des Deutschen Reiches wurden bereits vor dem Ersten Weltkrieg Hunde eingesetzt. In der nationalsozialistischen Diktatur wurde das Diensthundewesen in der Polizei erheblich ausgebaut, nachdem Heinrich Himmler 1936 zum Chef der Deutschen Polizei ernannt wurde. (...)

Diensthunde ab 1942 (...) Himmler ordnete am 15. Mai 1942 eine Reorganisation des Diensthundewesens aller SS- und Polizeiinstitutionen an und setzte hierzu einen 'Beauftragten für das Diensthundewesen beim Reichsführer SS' ein. Diensthundebeauftragter wurde der SS-Standartenführer Franz Mueller, (...). Oswald Pohl, Chef des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes (WVHA) der SS, ließ in seinem Amt am 23. Juli 1942 eine eigene Hauptabteilung DI/6 'Schutz- und Suchhunde' einrichten. (...)." 8) Es wurden auch Hunde in Konzentrationslagern eingesetzt.

Über die weitere Verwendung der Amsinck-Villa schreibt das Denkmalschutzamt: "1956 erwarb die Stadt Hamburg das Denkmal, ließ Wohnungen in die Villa bauen und vermietete sie. Nach 2007 stand das Gebäude leer und verfiel. Erst 2012 kam die Rettung: Die Rudolf-Ballin-Stiftung überzeugte mit ihrem Konzept für eine Kindertagesstätte. (...) Seit 2018 ist die Amsinck-Villa wieder ein repräsentatives Gebäude, das nicht nur ein Beispiel für einen großbürgerlichen Landsitz des 19. Jahrhunderts in Lokstedt ist (..). Das Baudenkmal bewahrt auch den Charakter des Ortes - in seinen Räumen können nun bis zu 90 Kinder spielen und der große Gesellschaftssaal kann außerhalb der Kita-Zeiten für Veranstaltungen gemietet werden"9)