Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Riwka-Herszberg-Stieg

Schnelsen, seit 1993, benannt nach Riwka Herszberg, sechs Jahre alte Polin aus Zdunska Wola. Opfer des Nationalsozialismus. Kindermord in der Schule am Bullenhuser Damm


Siehe auch: Geschwister-Witonski-Straße, Jacqueline-Morgenstern-Weg, Lelka-Birnbaum-Weg, Wassermannpark, Zylberbergstieg, Zylberbergstraße.
Siehe auch: Brüder-Hornemann-Straße, Schnelsen, seit 1993: Alexander und Eduard Hornemann, acht und zwölf Jahre alt, niederländische Opfer des Nationalsozialismus.
Siehe auch: Eduard-Reichenbaum-Weg, Schnelsen, seit 1993: Eduard Reichenbaum (1934–1945), zehnjähriges polnisches Kind, Opfer des Nationalsozialismus.
Siehe auch: Georges-André-Kohn-Straße, Schnelsen, seit 1992, zwölfjähriges Opfer des Nationalsozialismus.
Siehe auch: Jungliebstraße, Schnelsen, seit 1995, zwölfjähriger Jugoslawe, Opfer des Nationalsozialismus.
Siehe auch: Marek-James-Straße, Schnelsen, seit 1995: Marek James, sechs Jahre alter Pole, Opfer des Nationalsozialismus.
Siehe auch: Marek-Steinbaum-Weg, Schnelsen, seit 1993: Marek Steinbaum, zehn Jahre alter Pole, Opfer des Nationalsozialismus.
Siehe auch: Roman-Zeller-Platz, Schnelsen, seit 1995: Roman Zeller, zwölfjähriger Pole, Opfer des Nationalsozialismus.
Siehe auch: Sergio-de-Simone-Stieg, Schnelsen, seit 1993: sieben Jahre alter Italiener. Opfer des Nationalsozialismus.
Siehe auch: Günther-Schwarberg-Weg, Schnelsen, seit 2013: Günther Schwarberg (1926– 2008), Autor, Journalist, recherchierte und schrieb über das Schicksal der 20 jüdischen Kinder, die am 20.4.1945 in der Schule Bullenhuser Damm ermordet wurden.

„Riwka Herszberg wurde am 7. Juni 1938 in Zduńska Wola bei Łódź in Polen geboren. Ihr Vater Moszek Herszberg war dort Geschäftsführer einer kleinen Textilfabrik. Im Sommer 1944 wurde Riwka mit ihren Eltern über Piotrków Trybunalski in das KZ Auschwitz deportiert. Riwkas Vater wurde im Januar 1945 in das KZ Buchenwald gebracht und dort am 7. April 1945 ermordet. Riwka und ihre Mutter Mania waren im KZ Auschwitz zusammen im Frauenlager untergebracht. Riwka soll einem SS-Mann aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit seiner Tochter gefallen haben und dadurch der ersten Selektion entgangen sein. Am 23. November 1944 wurde Mania Herszberg in ein Außenlager des KZ Buchenwald in Lippstadt überstellt. Zum selben Transport gehörte auch Sabina Reichenbaum, die Mutter von Eduard. Riwka Herszberg wurde am 28. November 1944 in das KZ Neuengamme gebracht.“1)

Sie gehörte zu den 20 jüdischen Kindern, die vom SS-Arzt Josef Mengele für medizinische Experimente ausgewählt und in das Konzentrationslager Neuengamme verbracht wurden.

Dort führte der SS-Arzt Dr. med. Kurt Heißmeyer an Riwka Herszberg und weiteren 19 Kindern Impfversuche mit Tuberkulosebazillen durch, mit dem Ziel, nachzuweisen, dass eine zusätzlich gespritzte Dosis Tuberkelbazillen in einen bereits erkrankten Körper die Immunität des an TBC Erkrankten erhöhen würde. Diese Methode war längst als äußerst gefährlich erkannt und verworfen worden. Die Kinder erlitten durch die Impfung starke Schmerzen und gesundheitliche Schäden. Sie bekamen hohes Fieber, wurden bettlägerig, verloren den Appetit. Die durch die injizierten Tuberkulosebazillen angeschwollenen Lymphdrüsen wurden operativ entfernt. Die SS war sich der Unmenschlichkeit dieser Experimente durchaus bewusst. Um sie geheim zu halten, wurden die Kinder in einer Geheimaktion in die Schule am Bullenhuser Damm gebracht. Diese Schule war am 1. Oktober 1944 zu einem Außenkommando des KZ Neuengamme erklärt und mit elektrisch geladenem Stacheldraht umzäunt worden. 592 Häftlinge wurden hier von sechszehn SS-Männern bewacht. Als die Kinder dorthin kamen, war die Schule wegen der vier Kilometer von Hamburg verlaufenden Front bereits geräumt. 20 Jungen und Mädchen im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren, ihre beiden französischen Häftlingsärzte, ihre zwei holländischen Häftlingspfleger und etwa 30 sowjetische Kriegsgefangene wurden, nachdem sie Morphiumspritzen bekommen hatten, am 20. April 1945 im Keller der Schule an Schlingen erhängt, die an an der Decke befestigten Fleischerhaken hingen.

„Mania Herszberg überlebte und kehrte nach Polen zurück, um nach Riwka zu suchen. Später emigrierte sie in die USA und lebte in Boston. Dort heiratete sie und adoptierte einen Jungen. Sie erfuhr 1979 von dem möglichen Schicksal ihrer Tochter, konnte Riwka aber auf den Fotos, die Dr. Kurt Heißmeyer bei den medizinischen Versuchen hatte anfertigen lassen, nicht erkennen.“ 2)